Verfassung des Großherzogtums Luxemburg
vom 9. Juli 1848
in der Fassung der Königlich-Großherzoglichen Verordnung vom 27. November 1856
revidiert durch
Gesetz vom 17. Oktober 1868 (ABl. S. 207);
durch dieses Gesetz auch im Ganzen neu bekannt gemacht
und nach niederländischer Tradition neu durchnummeriert.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde im gesamten Verfassungstext das Wort "Ständeversammlung" ersetzt durch: "Kammer der Abgeordneten".
Art. 1. Das Großherzogthum Luxemburg ist ein unabhängiger, untheilbarer und unveräußerlicher Staat; es bildet einen Bestandtheil des deutschen Bundes und nimmt Theil an den aus der Bundesverfassung entstehenden Rechten und Verbindlichkeiten. Diesen Rechten und Verbindlichkeiten darf die innere Gesetzgebung des Landes keinen Eintrag thun.
Die vom König-Großherzog verkündigten Bundesbeschlüsse haben im Großherzogthum verbindliche Kraft. Die Mittel zur Erfüllung der hiedurch begründeten Verbindlichkeiten werden, unter Mitwirkung der Landstände, so weit es deren nach den Bestimmungen der Verfassung bedarf, bestimmt.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 1 revidiert.
Art. 2. Die Grenzen und Hauptörter der Gerichts- oder Verwaltungsbezirke, der Cantone und der Gemeinden, können nicht anders als Kraft eines Gesetzes verändert werden.
Art. 3. Die Krone des Großherzogtums ist erblich in der Familie Nassau, und zwar in Gemäßheit des Vertrages vom 30. Juni 1783 und des Art. 71 des Wiener Traktates vom 9. Juni 1815.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 3 revidiert.
Art. 4. Die Person des König-Großherzogs ist heilig und unverletzlich.
Art. 5. Der Großherzog wird mit Vollendung des achtzehnten Lebensjahres volljährig. Wenn er die Zügel der Regierung ergreift, so leistet er, sobald als möglich, in Gegenwart der Ständeversammlung, oder einer von derselben ernannten Deputation, folgenden Eid:
„Ich schwöre, die Verfassung und die Gesetze des Großherzogtums
Luxemburg zu beobachten, die Unabhängigkeit und Integrität
des Landes, so wie die öffentliche und persönliche Freiheit, auch die Rechte aller und jedes einzelnen
meiner Untertanen zu wahren und zur Erhaltung und zum Wachstum der allgemeinen und der besonderen Wohlfahrt,
wie es einem guten Monarchen geziemt, alle Mittel anzuwenden, welche
die Gesetze mir an die Hand geben.
So wahr mir Gott helfe !“.
Art. 6. Ist beim Ableben des König-Großherzogs sein Nachfolger minderjährig, so wird die Regentschaft in Gemäßheit des Hausvertrages ausgeübt.
Art. 7. Befindet sich der König-Großherzog in der Unmöglichkeit zu regieren, so wird für die Regentschaft wie im Falle der Minderjährigkeit gesorgt.
Art. 8. Der Regent leistet beim Antritt seiner Würden folgenden Eid:
„Ich schwöre Treue dem König-Großherzog;
ich schwöre, die
Verfassung und die Gesetze des Landes zu beobachten.
So wahr mir Gott helfe !“
Art. 9. Die Eigenschaft eines Luxemburgers erwirbt, erhält und verliert man gemäß den Bestimmungen der bürgerlichen Gesetzgebung. - Gegenwärtige Verfassungs-Urkunde und die übrigen auf die staatsbürgerlichen Rechte bezüglichen Gesetze bestimmen die Bedingungen, welche, außer jener Eigenschaft zur Ausübung dieser Rechte erforderlich sind.
Art. 10. Die Naturalisation wird durch die gesetzgebende Gewalt ertheilt. Nur die Naturalisation stellt den Ausländer, behufs der Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte, dem Luxemburger gleich.
Die dem Vater ertheilte Naturalisation kommt auch seinem minderjährigen Kinde zu Gute, wenn dieses im Laufe der zwei ersten Jahre seiner Volljährigkeit erklärt, diesen Vortheil für sich in Anspruch nehmen zu wollen.
Art. 11. Es gibt im Staate keine Standes-Unterschiede. - Die Luxemburger sind vor dem Gesetze gleich; sie allein sind zu den Civil- und Militärämtern zulässig, vorbehaltlich der Ausnahmen, welche etwa für besondere Fälle durch ein Gesetz aufgestellt werden können.
Art. 12. Die persönliche Freiheit wird gewährleistet. - Gegen Niemanden darf anders als in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen gerichtlich verfahren werden. - Außer der Ergreifung auf frischer That darf keiner verhaftet werden, als kraft eines motivirten richterlichen Befehles, welcher im Augenblick der Verhaftung, oder spätestens binnen vier und zwanzig Stunden zugestellt werden muß.
Art. 13. Niemand darf gegen seinen Willen dem gesetzlich ihm zugewiesenen Richter entzogen werden.
Art. 14. Es darf keine Strafe anders, als Kraft eines Gesetzes, eingeführt oder angewendet werden.
Art. 15. Die Wohnung ist unverletzlich. Eine Haussuchung darf nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen stattfinden.
Art. 16. Niemanden kann sein Eigenthum anders, als zum Zwecke des öffentlichen Wohles, in den durch das Gesetz vorgesehenen Fällen und festgestellten Formen, und nur nach vorgängiger, voller Entschädigung entzogen werden.
Art. 17. Die Strafe der Confiskation des Vermögens kann nicht eingeführt werden.
Art. 18. Die Todesstrafe für politische Verbrechen, der bürgerliche Tod und die Brandmarkung sind abgeschafft.
Art. 19. Die Freiheit der Culte und ihrer öffentlichen Ausübung, so wie die Freiheit, seine religiösen Meinungen zu bekunden, sind gewährleistet, vorbehaltlich der Strafmaßregeln gegen die Vergehen, welche bei Gelegenheit der Ausübung dieser Freiheiten begangenen werden.
Art. 20. Keiner kann gezwungen werden, auf irgend einer Weise an den Handlungen und Feierlichkeiten eines Cultus Theil zu nehmen, oder die Feiertage desselben zu halten.
Art. 21. Die bürgerliche Ehe muß stets der kirchlichen Einsegnung derselben vorangehen.
Art. 22. Die Intervention des Staates bei der Ernennung und Einsetzung der Vorstände der Culte im Großherzogthum, die Weise der Ernennung und Absetzung der übrigen Cultus-Diener, die Befugniß der einen wie der andern, mit ihren Obern schriftlich zu verkehren und deren Erlasse zu veröffentlichen, so wie das Verhältniß zwischen Kirche und Staat, sind Gegenstand von Verträgen, die der Ständeversammlung in Betreff derjenigen Verfügungen vorzulegen sind, welche die Mitwirkung derselben erforderlich machen.
Art. 23. Der Staat trägt Sorge dafür, daß jeder Luxemburger den Primär-Unterricht erhalte.
Er errichtet Anstalten Behufs des mittleren Unterrichtes und der erforderlichen höhern Lehrcurse.
Das Gesetz bestimmt die zum öffentlichen Unterricht erforderlichen Mittel, so wie die Bedingungen der Aufsicht von Seiten der Regierung und der Gemeinden; es trifft übrigens alle, auf den Unterricht bezüglichen Anordnungen.
Jedem Luxemburger steht es frei, seinen Studien im Großherzogthum oder im Auslande obzuliegen, und die Universitäten seiner Wahl zu besuchen, unbeschadet der gesetzlichen Bestimmungen über die Bedingungen der Zulässigkeit zu den Ämtern und zu gewissen Professionen.
Art. 24. Die Freiheit, seine Meinung in allen Dingen durchs Wort kund zu geben, sowie die Freiheit der Presse sind gewährleistet, vorbehaltlich der Straf-Maßregeln gegen die Vergehen, welche bei Gelegenheit der Ausübung dieser Freiheiten begangen werden. - Die Censur bleibt für immer aufgehoben.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 24 revidiert.
Art. 25. Die Luxemburger haben das Recht, sich ohne vorgängige Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, jedoch unter Beobachtung der Gesetze, welche die Ausübung dieses Rechtes ordnen. Diese Bestimmung ist nicht anwendbar auf Versammlungen unter freiem Himmel, sie seien politischer, religiöser oder anderer Natur; welche insgesamt den polizeilichen Gesetzen und Verordnungen gänzlich unterworfen bleiben.
Art. 26. Die Luxemburger haben das Vereinigungsrecht. - Das Gesetz ordnet und begrenzt die Ausübung dieses Rechtes im Interesse der öffentlichen Ordnung.
Die Gründung irgend einer religiösen Körperschaft bedarf der Ermächtigung durch ein Gesetz.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 26 revidiert.
Art. 27. Jeder hat das Recht, sich durch Bittschriften, sie seien von einer oder mehreren Personen unterzeichnet, an die öffentlichen Behörden zu wenden. Letztere allein haben das Recht, Bittschriften im Namen einer Gesammtheit einzureichen.
Art. 28. Das Briefgeheimnis ist unverletzlich. - Das Gesetz bestimmt die Beamten, welche für die Verletzungen des Geheimnisses der der Post anvertrauten Briefe verantwortlich sind.
Art. 29. Der Gebrauch der deutschen und der französischen Sprache steht Jedem frei; es darf derselbe nicht beschränkt werden.
Art. 30. Zum Strafverfahren gegen öffentliche Beamte wegen Handlungen ihrer Verwaltung ist keine vorgängige Ermächtigung erfordert, mit Vorbehalt dessen jedoch, was hinsichtlich der Regierungs-Mitglieder festgesetzt ist.
Art. 31. Die öffentlichen Beamten jedes Standes, mit Ausnahme der Regierungs-Mitglieder, können nur auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Wege ihrer Stellen, Ehrenauszeichnungen und Pensionen verlustig erklärt werden.
Kapitel III
Von der Staatsgewalt
Art. 32. Die gesammte Staatsgewalt ist in der Person des König-Großherzogs vereinigt.
Der König-Großherzog übt dieselbe aus in Gemäßheit der Satzungen des deutschen Bundes, der gegenwärtigen Verfassung, und der Gesetze des Landes.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 32 revidiert.
Art. 33. Der König-Großherzog allein übt die vollziehende Gewalt aus.
Art. 34. Der König-Großherzog bestätigt und verkündigt die Gesetze. Er macht sie so bald als möglich der Ständeversammlung bekannt, ob er den von ihr votirten Gesetz-Entwurf genehmigt oder nicht.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 34 revidiert.
Art. 35. Der König-Großherzog ernennt zu den Civil- und Militär-Ämtern in Gemäßheit des Gesetzes und vorbehaltlich der durch dasselbe aufgestellte Ausnahmen.
Kein vom Staate besoldetes Amt kann anders, als kraft einer gesetzlichen Bestimmung geschaffen werden.
Art. 36. Der König-Großherzog erläßt die zur Vollziehung der Gesetze nöthigen Verordnungen und Beschlüsse, ohne jemals die Gesetze selbst suspendiren oder von deren Vollziehung entbinden zu können.
Art. 37. Der König-Großherzog befehligt die Militärmacht, erklärt den Krieg, schließt Frieden, Bündnisse und Handelsverträge. Sobald es die Sicherheit und das Wohl des Staates erlauben, gibt er der Ständeversammlung, unter Beifügung der geeigneten Mittheilungen, Kenntniß davon. - Handelsverträge, so wie andere Verträge, durch welche dem Staate Lasten oder einzelnen Luxemburgern Verpflichtungen auferlegt werden könnten, haben nicht eher Wirkung, bis nach erhaltener Zustimmung der Ständeversammlung. - Alles Obige ohne Beeinträchtigung der Verhältnisse des Großherzogthums zum deutschen Bunde. - Keine Abtretung, kein Tausch, kein Anschluß von Gebiet kann anders stattfinden als Kraft eines Gesetzes. - In keinem Falle können die geheimen Artikel eines Vertrages die offenen Artikel desselben vernichten.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 37 revidiert.
Art. 38. Der König-Großherzog hat das Recht, die von den Richter ausgesprochenen Strafen zu erlassen oder zu mildern, vorbehaltlich dessen, was hinsichtlich der Regierungs-Mitglieder festgestellt ist.
Art. 39. Der König-Großherzog hat das Recht, Münze zu prägen, in Vollziehung des Gesetzes.
Art. 40. Der König-Großherzog hat das Recht, den Adel zu verleihen, ohne je irgend ein Vorrecht damit verknüpfen zu können.
Art. 41. Der König-Großherzog verleiht die Civil- und Militär-Orden, unter Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften.
Art. 42. Der König-Großherzog kann sich vertreten lassen durch einen Prinzen des königlichen Hauses, welcher den Titel eines Stellvertreters des Königs führt und im Großherzogthum residirt.
Dieser Stellvertreter leistet den Eid, die Verfassungs-Urkunde zu befolgen, ehe er seine Gewalt ausübt.
Art. 43. Die Bestimmungen in Betreff der Civilliste werden den Gegenstand eines besonderen, mit Zustimmung der Landstände bei deren erster Session zu erlassenden Gesetzes bilden, welches einen integrierenden Theil der Verfassung ausmachen wird.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 43 revidiert.
Art. 44. Das Regierungsgebäude zu Luxemburg und das Schloß von Walferdingen sind zur Wohnung des König-Großherzogs bestimmt während Seines Aufenthaltes im Lande.
Art. 45.
Die Verfügungen des König-Großherzogs müssen von einem verantwortlichen Rathe
der Krone contrasignirt sein, mit Ausnahme folgender Acte:
a) Ernennung und Entlassung der Räthe der Krone, und deren Versetzung in den
Anklagestand;
b) Die Acte des Militär-Oberbefehls;
c) Ordensverleihungen.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 45 revidiert.
Art. 46. Für jedes Gesetz ist die Zustimmung der Ständeversammlung erforderlich.
Art. 47. Der König-Großherzog theilt der Ständeversammlung die Vorschläge oder Gesetz-Entwürfe mit, die er ihrer Annahme unterwerfen will.
Die Ständeversammlung hat das Recht, dem König-Großherzog Gesetz-Entwürfe vorzuschlagen.
Art. 48. Die authentische Auslegung der Gesetze kann nur im Wege des Gesetzes stattfinden.
Art. 49. Das Recht wird im Namen des König-Großherzogs von den Gerichtshöfen und Gerichten gesprochen.
Die Rechtssprüche und Urtheile werden im Namen des König-Großherzogs vollstreckt.
Art. 50. Die Ständeversammlung vertritt das Land. - Die Mitglieder der Landstände stimmen ohne sich bei ihren Auftraggebern Raths zu erholen und dürfen nur die allgemeinen Interessen des Großherzogthums bezwecken.
Art. 51. Die Organisation der Landstände und die Art der Wahl werden durch das Gesetz angeordnet.
Die höchste Anzahl der Mitglieder ist auf sechs und dreißig festgesetzt.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 51 revidiert.
Art. 52.
Um Wähler oder wählbar zu
sein, muß man:
1. Luxemburger von Geburt oder naturalisirt sein,
2. die bürgerlichen und politischen Rechte genießen,
3. das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben,
4. im Großherzogthum ansässig sein.
Um Wähler zu sein, muß man außerdem den durch das Gesetz bestimmten Wahlcensus entrichten, welcher, wenn die Wahlen direkt sind, nicht weniger als 30 Franken betragen darf.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 52 revidiert.
Art. 53. Weder Wahlmann,
noch wählbar können sein:
1. die zu Leibes- oder entehrenden Strafen Verurtheilten;
2. die wegen Diebstahls, Prellerei oder Mißbrauchs des Vertrauens Verurtheilten;
3. diejenigen, welche aus einer öffentlichen Armenanstalt Unterstützungen
erhalten;
4. diejenigen, welche sich in erklärtem Falliment befinden,
die Bankrottierer und Interdicierten, und diejenigen, welchen ein gerichtlicher Beistand gegeben ist.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 53 revidiert.
Art. 54. Das
Mandat eines Deputirten ist unvereinbar mit den Functionen:
1. eines Regierungs-Mitgliedes;
2. eines Mitglieds des öffentlichen Ministeriums;
3. eines Mitgliedes der Rechnungskammer;
4. eines Distrikts-Commissärs,
5. eines Staatseinnehmers oder rechnungspflichtigen Staatsbeamten,
6. einer Militärperson unter dem Range eines Hauptmannes.
Der in einem Incompatiblitäts-Falle befindliche Beamte hat das Recht zwischen dem ihm anvertrauten Mandate und seinen Functionen zu wählen.
Art. 55. Die im vorhergehenden Artikel aufgestellten Incompatibilitäten verhindern nicht, daß in Zukunft das Gesetz noch andere einführe.
Art. 56. Die Mitglieder der Ständeversammlung werden auf sechs Jahre gewählt. Sie werden alle drei Jahre nach der durch das Wahlgesetz bestimmten Reihenfolge zur Hälfte erneuert.
Im Falle der Auflösung wird die ganze Ständeversammlung neu gewählt.
Art. 57. Die Stände-Versammlung prüft die Vollmachten ihrer Mitglieder und entscheidet über die desfallsigen Streitigkeiten. - Beim Eintritt in ihre Functionen leisten dieselben folgenden Eid:
„Ich schwöre Treue dem König-Großherzog, Gehorsam der Verfassung und den Gesetzen des Staates. - So wahr mir Gott helfe !“
Sie werden zu diesem Eide nur zugelassen, nachdem sie folgenden Eid geschworen haben:
"Ich schwöre daß ich, um zum Mitglied der Ständeversammlung gewählt zu werden, keinerlei Gabe oder Geschenk, weder direct noch indirect, auch keinerlei Vorwand, irgend einer im Amt oder nicht im Amt befindlichen Person, gegeben oder versprochen habe, geben oder versprechen werde. Ich schwöre, daß ich von Niemand, er sei, wer es wolle, auch unter keinerlei Vorwand, weder direct noch indirect, jemals eine Gabe oder ein Geschenk annehmen werden, um in der Ausübung meiner Functionen irgend etwas zu thun oder zu unterlassen. - So wahr mir Gott helfe !"
Diese Eide werden in öffentlicher Sitzung in die Hände des Präsidenten der Ständeversammlung abgelegt.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 57 revidiert.
Art. 58. Dasjenige Stände-Mitglied, welches von der Regierung zu einem besoldeten Amte ernannt wird und dasselbe annimmt, hört sofort auf, an den Sitzungen Theil zu nehmen und tritt nur Kraft einer neuen Wahl wieder in Thätigkeit.
Art. 59. Die Ständeversammlung hat das Recht zu entscheiden, daß ein Gesetzentwurf, seiner Wichtigkeit wegen, einer zweiten Abstimmung während einer nächstfolgenden von ihr festzustellenden Session unterworfen werde.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 59 revidiert.
Art. 60. Der König-Großherzog hat das Recht, bei jedem Landtage den Präsidenten der Ständeversammlung aus deren Mitgliedern zu ernennen.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 60 revidiert.
Art. 61. Die Sitzungen der Ständeversammlung sind öffentlich, vorbehaltlich der durch die Geschäftsordnung zu bestimmenden Ausnahmen.
Art. 62. Jeder Beschluß wird nach absoluter Mehrheit der Stimmen gefaßt. Bei getheilten Stimmen ist der in Berathung gezogene Vorschlag als verworfen anzusehen.
Die Ständeversammlung kann keinen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist.
Art. 63. Die Abstimmung geschieht mündlich oder durch Sitzenbleiben und Aufstehen. Über das Ganze der Gesetze wird jedesmal durch namentlichen Aufruf und mündlich abgestimmt.
Art. 64. Die Ständeversammlung hat das Recht der Untersuchung. Das Gesetz ordnet die Ausübung dieses Rechtes.
Art. 65. Ein Gesetzesentwurf kann durch die Ständeversammlung nur angenommen werden, nachdem Artikel für Artikel darüber abgestimmt worden ist.
Art. 66. Die Ständeversammlung hat das Recht, die vorgeschlagenen Artikel und Verbesserungs-Anträge abzuändern und zu theilen.
Art. 67. Niemand darf der Ständeversammlung in Person eine Bittschrift überreichen.
Die Ständeversammlung hat das Recht, die an sie gerichteten Bittschriften an die Mitglieder der Regierung zu überweisen. - Die Mitglieder der Regierung werden über den Inhalt derselben, so oft die Ständeversammlung es begehrt, Erläuterungen geben.
Die Ständeversammlung beschäftigt sich mit keiner Bittschrift, welche persönliche Interessen zum Gegenstande hat, es sei denn daß dieselbe auf Abstellung von Beschwerden gegen ungesetzliche Handlungen der Regierung oder der Behörden gerichtet sei, oder daß die Entscheidung über dieselbe in die Zuständigkeit der Ständeversammlung liege.
Art. 68. Kein Abgeordneter kann wegen der von ihm in Ausübung seines Berufes geäußerten Meinung oder wegen seiner Abstimmung belangt oder zur Rechenschaft gezogen werden.
Art. 69. Kein Abgeordneter darf während der Dauer des Landtags, außer im Falle der Ergreifung auf frischer That, strafrechtlich belangt oder verhaftet werden ohne Erlaubniß der Ständeversammlung. - Keine Körperhaft kann gegen eines ihrer Mitglieder während des Landtags ohne die nämliche Ermächtigung vollzogen werden. - Die Haft eines Abgeordneten, oder die Belangung desselben, wird, wenn die Ständeversammlung es begehrt, während des Landtages und für dessen ganze Dauer ausgesetzt.
Art. 70. Das Gesetz regelt die Art und Weise, wie die Ständeversammlung ihre Befugnisse ausübt.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 70 revidiert.
Art. 71. Die Sitzungen der Ständeversammlung werden an dem Orte gehalten, wo die Verwaltung des Großherzogthums ihren Sitz hat.
Art. 72. Die Stände werden jedes Jahr zum ordentlichen Landtage an dem durch die Geschäftsordnung bestimmten Zeitpunkte versammelt.
Die Dauer dieser Versammlung darf vierzig Tage nicht überschreiten.
Der König-Großherzog kann die Stände außerordentlich einberufen.
Jeder Landtag wird vom König-Großherzog in Person, oder in seinem Namen von einem hierzu ernannten Bevollmächtigten, eröffnet und geschlossen.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 72 revidiert.
Art. 73. Der König-Großherzog kann die Ständeversammlung vertagen. Die Vertagung darf jedoch die Frist von einem Monat nicht überschreiten, und während desselben Landtags ohne die Zustimmung der Ständeversammlung nicht wiederholt werden.
Art. 74. Der König-Großherzog kann die Stände-Versammlung aufzulösen.
Spätestens binnen drei Monaten nach der Auflösung muß zu neuen Wahlen geschritten werden.
Art. 75. Jedem Abgeordneten wird auf die Staats-Casse als Entschädigung eine Summe von fünf Franken für jeden Tag seiner Anwesenheit oder Reise bewilligt. Diejenigen, welche in der Stadt wohnen, wo der Landtag gehalten wird, erhalten keine Entschädigung.
Art. 76. Der König-Großherzog regelt die Organisation Seiner Regierung.
Es soll neben der Regierung ein Rath bestehen, welchem es obliegt, über die Gesetzesentwürfe und die zu denselben beantragten Verbesserungsvorschläge, so wie über die, die Gesetzmäßigkeit der allgemeinen Beschlüsse und Reglements betreffenden Streitigkeiten zu berathen; die Competenz-Conflicte und die administrativen Streitigkeiten zu regeln; und sein Gutachten über alle sonstigen Fragen zu ertheilen, welche ihm vom König-Großherzog oder durch die Gesetze zugewiesen werden. - Die Organisation dieses Rathes und die Art und Weise der Ausübung seiner Befugnisse werden durch das Gesetz geordnet.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 76 revidiert.
Art. 77. Der König-Großherzog ernennt und entläßt die Mitglieder der Regierung.
Art. 78. Die Mitglieder der Regierung sind verantwortlich.
Art. 79. Zwischen den Mitgliedern der Regierung und dem König-Großherzog besteht keine Mittelbehörde.
Für die Angelegenheiten des Großherzogthums Luxemburg ist dem Cabinete des König-Großherzogs ein Sekretär beigegeben.
Dieser Beamte hat den Auftrag, die königlichen Beschlüsse zu contrasigniren und die Erledigung der das Großherzogthum Luxemburg betreffenden Geschäfte zu besorgen.
Die Entschließungen des König-Großherzogs werden in doppelter Urkunde ausgefertigt; die eine wird im Archiv des Großherzogthums niedergelegt, während die andere im Sekretariate verbleibt.
Art. 80. Den Mitgliedern der Regierung oder den dieselben vertretenden Kommissarien steht der Eintritt in die Ständeversammlung zu. Sie müssen, wann sie es begehren, gehört werden.
Die Ständeversammlung kann ihre Anwesenheit verlangen.
Art. 81. In keinem Falle kann der mündliche oder schriftliche Befehl des König-Großherzogs ein Mitglied der Regierung der Verantwortlichkeit entziehen.
Art. 82. Die Ständeversammlung hat das Recht, die Mitglieder der Regierung in Anklagezustand zu versetzen. - Ein Gesetz wird die Verantwortlichkeitsfälle, die zu verhängenden Strafen und das Verfahren bestimmen, welches sowohl bei einer von der Ständeversammlung aufgenommenen Anklage, als bei einer Belangung von Seiten des verletzten Theiles zu beobachten ist.
Art. 83. Der König-Großherzog kann ein verurtheiltes Regierungs-Mitglied nur auf Antrag der Ständeversammlung begnadigen.
Art. 84. Die Streitigkeiten, welche bürgerliche Rechte zum Gegenstande haben, gehören ausschließlich vor die Gerichte.
Art. 85. Die Streitigkeiten, welche politische Rechte zum Gegenstande haben, gehören vor die Gerichte, vorbehaltlich der Ausnahmen, welche das Gesetz aufstellt.
Art. 86. Kein Gericht, keine contentiöse Gerichtsbarkeit (Schlichtung) kann anders, als Kraft eines Gesetzes eingeführt werden. Außerordentliche Commissionen, oder außerordentliche Gerichte, können unter keinerlei Benennung gebildet werden.
Art. 87. Die Einrichtung eines Obergerichtshofs ist durch ein Gesetz vorgesehen.
Art. 88. Die Sitzungen der Gerichte sind öffentlich, es sei denn, daß diese Öffentlichkeit die Ordnung und die Sitten gefährdet, und in diesem Falle erklärt das Gericht solches durch ein Urtheil.
Durch Königlich-Großherzogliche Verordnung vom 27. November 1856 wurde der Art. 90 revidiert.
Art. 89.Jedes Urtheil gibt die Entscheidungsgründe an und wird in öffentlicher Sitzung gesprochen.
Art. 90. Die Friedensrichter und die Richter bei den Bezirks-Gerichten werden unmittelbar vom König-Großherzog ernannt. - Die Räthe beim Obergericht und die Präsidenten und Vice-Präsidenten der Bezirksgerichte werden vom König-Großherzog auf das Gutachten des Obergerichtshofs ernannt.
Art. 91. Die Richter an den Bezirksgerichten und die Obergerichtsräte werden auf Lebenszeit ernannt. - Keiner von ihnen kann anders, als durch ein förmliches Urtheil, von seinem Amte ganz oder zeitweise entfernt werden. - Die Versetzung eines dieser Richter kann nur durch eine neue Ernennung und mit seiner Einwilligung geschehen.
Jedenfalls kann er wegen Kränklichkeit oder schlechten Betragens suspendiert, abgesetzt oder versetzt werden, und zwar gemäß den gesetzlich bestimmten Bedingungen.
Art. 92. Das Gesetz bestimmt die Gehälter des Richterpersonals.
Art. 93. Kein Richter kann von der Regierung einen besoldeten Dienst annehmen, sofern er ihn nicht unentgeltlich versieht, und vorbehaltlich der Fälle der Unvereinbarkeit, wie sie das Gesetz aufstellen.
Art. 94. Besondere Gesetze ordnen die Einrichtung der Militär-Gerichte, ihre Befugnisse, die Rechte und Pflichten der Mitglieder dieser Gerichte und die Dauer ihrer Amtsführung. - Es können Handelsgerichte an den Orten bestehen, welche das Gesetz bestimmt. - Letzteres ordnet ihre Einrichtung, ihre Befugnisse, die Art der Ernennung ihrer Mitglieder und die Dauer des Amtes derselben.
Art. 95. Die Obergerichtshöfe und Gerichte bringen die örtlichen Beschlüsse und Verordnungen nur in so fern in Anwendung, als dieselben mit den Gesetzen übereinstimmen.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 95 revidiert.
Art. 96. Alles, was die bewaffnete Macht betrifft, wird durch das Gesetz geordnet, vorbehaltlich der Bundespflichten.
Art. 97. Die Einrichtung und die Befugnisse der Gendarmerie sind Gegenstand eines Gesetzes.
Art. 98. Es kann eine Bürgergarde gebildet werden, deren Einrichtung durch das Gesetz geordnet ist.
Art. 99. Keine Abgabe zu Nutzen des Staates kann anders, als durch ein Gesetz eingeführt werden. - Keine Gemeindelast oder Auflage kann eingeführt werden, ohne Einwilligung des Gemeinderaths. - Das Gesetz bestimmt die Ausnahmen, deren Nothwendigkeit hinsichtlich der Gemeindeuaflagen sich aus der Erfahrung ergeben wird.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 99 revidiert.
Art. 100. Die Steuern und Gebühren zu Nutzen des Staates werden so lange erhoben, als das Gesetz, welches sie angeordnet hat, nicht aufgehoben oder abgeändert ist.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 100 revidiert.
Art. 101. Es kann hinsichtlich der Abgaben keine Bevorzugung eingeführt werden. Keine Befreiung oder Ermäßigung kann anders statt finden, als Kraft des Gesetzes.
Art. 102. Außer den durch das Gesetz förmlich ausgenommenen Fällen, kann den Staatsbürgern oder den öffentlichen Anstalten keine Gebühr abgefordert werden, welche nicht Abgabe zum Besten des Staates oder der Gemeinde ist.
Art. 103. Keine Pension, kein Wartegeld, keine Gratifikation zu Lasten der Staatskasse kann anders bewilligt werden, als Kraft des Gesetzes.
Art. 104. Das Budget der gewöhnlichen und ständigen Einnahmen und Ausgaben, und überhaupt aller derjenigen, welche nöthig sind, um den regelmäßigen Gang des öffentlichen Dienstes zu sichern, wird auf permanente Weise durch das Gesetz festgestellt.
Das Budget der nicht ständigen Einnahmen und Ausgaben wird jedes Jahr durch ein besonderes Gesetz festgestellt.
Jedes Jahr werden die Rechnungen des Staates durch das Gesetz abgeschlossen. - In diese Rechnungen müssen alle Einnahmen und Ausgaben eingetragen werden.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 104 revidiert.
Art. 105. Eine Rechnungskammer hat die Rechnungen der allgemeinen Verwaltung und aller, welche der Staatskasse rechnungspflichtig sind, zu prüfen und zu liquidieren.
Das Gesetz ordnet die Einrichtung derselben, die Ausübung ihrer Befugnisse, und die Weise der Ernennung ihrer Mitglieder.
Die Rechnungskammer wacht darüber, daß kein Ausgabe-Posten des Budgets überschritten werde.
Nur Kraft eines Gesetzes darf ein Übertrag aus einer Abtheilung des Budget in eine andere bewerkstelligt werden.
Jedoch ist es den Mitgliedern der Regierung gestattet, in ihren Dienstzweigen Überschüsse von einem Artikel auf einen andern der nämlichen Abteilung zu übertragen, vorbehaltlich der Rechtfertigung bei der Ständeversammlung.
Die Rechnungskammer schließt die Rechnungen der verschiedenen Verwaltungen des Staates ab, und hat zu diesem Zweck jede Auskunft und jeden erforderlichen Rechnungsbeleg einzuziehen. Die allgemeine Staatsrechnung wird der Ständeversammlung nebst den Bemerkungen der Rechnungskammer vorgelegt.
Art. 106. Die Gehälter und Pensionen der Cultus-Diener sind zu Lasten des Staates und durch das Gesetz geordnet.
Art. 107. In jeder Gemeinde soll ein direkt von den Einwohnern, welche die hierzu nöthigen Eigenschaften besitzen, gewählter Gemeinderath bestehen. Bildung, Einrichtung und Wirkungskreis dieses Gemeinderates werden durch das Gesetz geregelt.
Der Bürgermeister wird ernannt und entlassen vom König-Großherzog, welcher denselben außerhalb des Gemeinderathes wählen kann.
Der Gemeinderath entscheidet über Alles, was nur allein das Gemeinde-Interesse berührt, vorbehaltlich der Genehmigung seiner Acte in den Fällen und in der Weise, die das Gesetz bestimmt.
Die Agenten und Beamten der Gemeinden, die der Municipal-, der Forst- und der Feld-Polizei werden in der durch das Gesetz bestimmten Weise ernannt und entlassen.
Keine Gemeinde-Auflage kann eingeführt oder aufgehoben werden ohne Ermächtigung von Seiten des König-Großherzogs.
Die Rechnungen und Budgets werden veröffentlicht.
Der König-Großherzog kann diejenigen Acte der Gemeindebehörden, welche deren Wirkungskreis überschreiten, oder welche dem Gesetze oder dem allgemeinen Interesse zuwider sind, suspendiren oder für nichtig erklären. Die Folgen dieser Suspension oder Annulation regelt das Gesetz.
Der König-Großherzog hat das Recht, den Gemeinderath aufzulösen.
siehe hierzu das Kommunalgesetz vom 24. Februar 1843, das heute mit Änderungen gültig ist.
Art. 108. Die Abfassung der Civilstandsacte und die Führung der Register gehören ausschließlich zu den Befugnissen der Gemeindebehörden.
Art. 109. Die Stadt Luxemburg ist die Hauptstadt des Großherzogthums und der Sitz der Regierung. - Der Sitz der Regierung kann nur vorübergehend und aus gewichtigen Gründen verlegt werden.
Art. 110. Kein Eid kann anders auferlegt werden, als Kraft des Gesetzes, welches die Eidesformel bestimmt.
Alle öffentlichen Civilbeamten leisten, ehe sie ihr Amt antreten folgenden Eid:
„Ich schwöre Treue dem König-Großherzog,
Gehorsam der Verfassung und
den Gesetzen des Staates.
So wahr mir Gott helfe !“
Art. 111. Jeder Fremde, welcher sich auf dem Gebiete des Großherzogthums befindet, steht unter dem den Personen und dem Eigenthum gewährten Schutze, vorbehaltlich der durch das Gesetz bestimmten Ausnahmen.
Art. 112. Kein Gesetz, kein Beschluß, keine Verordnung der Staats- oder Gemeinde-Verwaltung sind verbindlich, bis sie in der gesetzlich vorgeschriebenen Form veröffentlicht sind.
Art. 113. Keine Bestimmung der Verfassung kann anders als im Falle des, in Gemäßheit des Gesetzes ausgesprochenen Belagerungszustandes, suspendiert werden.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 113 revidiert.
Art. 114. Es kann an der Verfassung keine Abänderung eingeführt werden, wenn nicht dieselbe durch zwei Abstimmungen, die auf zwei verschiedenen Landtagen und mit einem Zwischenraum von wenigstens vierzig Tagen Statt gefunden haben, angenommen worden ist.
Durch Gesetz vom 17. Oktober 1868 wurde der Art. 114 revidiert.
Art. 115. Keine Abänderung an der Verfassungs-Urkunde kann während einer Regentschaft vorgenommen werden.
Art. 116. Bis zu anderweitiger gesetzlicher Verfügung hat die Ständeversammlung das beliebige Recht, ein Mitglied der Regierung in den Anklagestand zu versetzen, und der Obergerichtshof spricht über dasselbe in allgemeiner Versammlung das Urtheil unter Bezeichnung des Vergehens und Bestimmung der Strafe. - Gleichwohl kann die Strafe nicht härter sein, als die Zuchthausstrafe, vorbehaltlich der Fälle, welche durch die Strafgesetze ausdrücklich vorgesehen sind.
Die Räte des Obergerichtshof, welche Mitglieder der Ständeversammlung sind, haben sich aller Theilnahme am Verfahren und am Urtheile zu enthalten.
Art. 117. Von dem Tage an, wo die Verfassungs-Urkunde in Kraft tritt, sind alle Gesetze, Decrete, Beschlüsse, Verordnungen und andere Acte, welche mit derselben in Widerspruch stehen, aufgehoben.
Art. 118. Die für politische Verbrechen abgeschaffte Todesstrafe ist durch die unmittelbar darauffolgende gelindere Strafe ersetzt, bis das neue Gesetz darüber verfügt hat.
Art. 119. Bis zum Abschlusse der durch den Art. 22 vorgesehenen Verträge bleiben die jetzt in Sachen der Culte geltenden Bestimmungen in Kraft.
Art. 120. Bis zur Veröffentlichung der in der Verfassung vorgesehenen Gesetze und Verordnungen, werden die jetzt in Kraft stehenden gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen auch forthin in Anwendung gebracht.
Art. 121. Die landesständische Verfassung vom 12. Oktober 1841 ist aufgehoben.
Alle Behörden behalten ihre Befugnisse, bis nach anderweitiger Verfügung, in Gemäßheit gegenwärtiger Verfassung.
Gehört zu unserer Verordnung vom heutigen Tage.
Haag, am 27. November 1856.
Wilhelm.
Durch den König-Großherzog:
Der Sekretär des Königs für die Angelegenheiten des Großherzogthums Luxemburg
G. d'Olimart.
Das Conseil der General-Administratoren,
Simons,
Gen.-Adm. der auswärt. Angelegenh., Präsident
Würth-Paquet,
Gen.-Adm. des Innern
Servais,
Gen.-Adm. der Finanzen
Eyschen,
Gen.-Adm. der Justiz
von Scherff,
Gen.-Adm. der öffentl. Bauten.
Vorstehender Verfassungstext, wurde faktisch vom Deutschen Bund durch Bundesbeschluss erzwungen und nicht verfassungsgemäß, da eine Zustimmung der Kammer der Abgeordneten nicht zu erhalten war, sondern durch eine Verordnung des Großherzogs verkündet. Trotz dieses offensichtlichen Verfassungsbruchs war der revidierte Verfassungstext jedoch anerkannt und nach dem Ende des Deutschen Bundes, der auch das Ende der Zugehörigkeit des Großherzogtums Luxemburg zu Deutschland bedeutete, wurde dieser wieder in liberaler Weise abgeändert.
Quellen:
Memorial des Großherzogthums Luxemburg, 1856 Nr. 28 S. 225
© 20. März 2005