Urkunde der grundlegenden Rechte und -freiheiten

erlassen als Verfassungsgesetz der Bundesversammlung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik

vom 9. Januar 1991

(Verfassungsgesetz Nr. 23/1991)

Beschluß des Präsidiums des Tschechischen Nationalrates
über die Verabschiedung der Urkunde der Grundrechte und -freiheiten als Bestandteil der Verfassungsordnung der Tschechischen Republik

vom 16. Dezember 1992

(Beschluß des Präsidiums des Tschechischen Nationalrates Nr. 2/1993)

gilt gemäß der Artikel 3 und 112 der Verfassung der Tschechischen Republik als Verfassungsrecht fort

geändert durch
Verfassungsgesetz Nr. 162 vom 12. Juni 1998 (in Kraft seit dem 1. Januar 1999)(tschechisches Gesetzblatt)

Die Föderalversammlung hat, auf Grund von Vorschlägen des Tschechischen Nationalrats und des Slowakischen Nationalrats, die Unverletzbarkeit der natürlichen Rechte des Menschen, der Rechte des Bürgers und der Souveränität des Rechtes anerkennend, an die allgemein geteilten Werte der Menschlichkeit und die demokratischen und autonomen Traditionen unserer Völker anknüpfend, eingedenk der bitteren Erfahrungen der Zeiten, in denen die Menschenrechte und Grundfreiheiten in unserem Lande unterdrückt wurden, in der Hoffnung auf Sicherstellung dieser Rechte durch gemeinsame Bemühungen aller freien Völker, von dem Selbstbestimmungsrecht des tschechischen Volkers und des slowakischen Volkers ausgehend, ihren Teil der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen für das Schicksal des gesamten Lebens auf Erden in Erinnerung bringend, und den Willen zum Ausdruck bringend, daß sich die Tschechische und Slowakische Föderative Republik auf würdige Art und Weise den Staaten anschließt, die diese Werte achten, diese Urkunde der Grundrechte und Freiheiten beschlossen:

Kapitel I.
Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1. Die Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten. Die grundlegenden Rechte und Freiheiten sind unveräußerlich, unvergebbar, unverjährbar und unaufhebbar.

Artikel 2. (1) Der Staat ist auf demokratischen Werten gegründet und darf sich weder an eine ausschließliche Ideologie noch an ein religiöses Glaubensbekenntnis
binden.

(2) Die Staatsmacht darf nur in durch das Gesetz vorgesehenen Fällen und Grenzen angewandt werden, in einer vom Gesetz bestimmten Weise.

(3) Jedermann darf tun, was nicht gesetzlich verboten ist und niemand darf gezwungen werden, etwas zu tun, was ihm das Gesetz nicht auferlegt.

Artikel 3. (1) Die grundlegenden Rechte und Freiheiten sind Allen gewährleistet, ohne Unterscheidung nach Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, Sprache, Glauben und Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, ethnischer oder sozialer Herkunft, Zugehörigkeit zu einer n ationalen oder ethnischen Minderheit, nach Vermögen, Geburt oder sonstigem Status.

(2) Jedermann hat das Recht, frei über seine Nationalität zu entscheiden. Jegliche Beeinflussung einer solchen Entscheidung und jegliche Druckausübung bezüglich einer Änderung der Nationalität ist verboten.

(3) Niemand darf in seinen Rechten auf Verwirklichung seiner grundlegenden Rechte und Freiheiten gekürzt werden.

Artikel 4. (1) Pflichten dürfen nur dem Gesetz zufolge und in dessen Grenzen auferlegt werden, und nur bei Einhaltung der grundlegenden Rechte und Freiheiten.

(2) Die Grenzen der grundlegenden Rechte und Freiheiten können nur unter den in der Urkunde der Grundrechte und Freiheiten (im Weiteren "Urkunde") angeführten Bedingungen nur durch ein Gesetz verändert werden.

(3) Die gesetzlichen Einschränkungen der grundlegenden Rechte und Freiheiten müssen gleichermaßen für alle Fälle gelten, die die festgelegten Bedingungn erfüllen.

(4) Bei Anwendung der Bestimmungen bezüglich der Grenzen der grundlegenden Rechte und Freiheiten müssen deren Wesen und Sinn erhalten bleiben. Solche Einschränkungen dürfen nicht zu anderen Zwecken, als jene, für die sie festgelegt wurden, gebraucht werde n.

Kapitel II.
Menschenrechte und Grundfreiheiten

Erster Teil
Grundlegende Menschenrechte und Freiheiten

Artikel 5. Jedermann ist fähig, Rechte zu haben.

Artikel 6. (1) Jedermann hat das Recht auf Leben. Das Menschenleben ist schon vor der Geburt des Schutzes würdig.

(2) Niemand darf des Lebens beraubt werden.

(3) Die Todesstrafe is unzulässig.

(4) Nach diesem Artikel ist es eine Rechtsverletzung, wenn jemand im Zusammenhang mit Taten, die dem Gesetz nach nicht strafbar sind, seines Lebens beraubt wurde.

Artikel 7. (1) Die Unantastbarkeit der Person und deren Privatleben wird gewährleistet. Sie kann nur in gesetzlich bestimmten Fällen eingeschränkt werden.

(2) Niemand darf gefoltert oder grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafen unterworfen werden.

Artikel 8. (1) Die persönliche Freiheit wird gewährleistet.

(2) Niemand darf aus anderen als den gesetzlich festgelegten Gründen und Verfahren verfolgt oder seiner Freiheit beraubt werden. Niemand darf wegen Unfähigkeit, vertraglichen Pflichten nachzukommen, seiner Freiheit beraubt werden.

(3) Ein Angeklagter oder einer Straftat Verdächtigter kann nur in gesetzlich bestimmten Fällen festgenommen werden. Die festgenommene Person muß unverzüglich mit den Gründen der Festnahme bekannt gemacht, verhört und binnen spätestens 24 Studen freigelassen oder dem Gericht übergeben werden. Der Richter muß die festgenommene Person binnen 24 Stunden nach der Übernahme verhören und über die Haft entscheiden, oder freilassen.

(4) Ein Beschuldigter kann nur auf eine begründete Anordnung des Richters verhaftet werden. Die verhaftete Person muß binnen 24 Stunden dem Gericht übergeben werden. Der Richter muß die verhaftete Person binnen 24 Stunden nach der Übernahme verhören und ü ber die Haft entscheiden oder die Person freilassen.

(5) Niemand darf in Haft genommen werden, außer aus gesetzlich festgelegten Gründen, für eine gesetzlich bestimmte Zeit und auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung.

(6) Das Gesetz bestimmt, in welchen Fällen eine Person ohne ihre Zustimmung in eine Einrichtung der Gesundheitspflege übernommen oder in dieser gehalten werden kann. Eine solche Maßnahme muß binnen 24 Stunden dem Gericht mitgeteilt werden, das über diese Unterbringung binnen 7 Tagen entscheiden muß.

Durch Gesetz vom 12. Juni 1998 wurde im Artikel 8 Absatz 3 die Zahl "24" ersetzt durch: "48".

Artikel 9. (1) Niemand darf zu Arbeiten oder Dienstleistungen gezwungen werden.

(2) Die Bestimmung des Absatzes 1 gilt nicht im Falle von:
a) Arbeiten, die gesetzmäßig im Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer den Freiheitsentzug ersetzende Strafe auferlegt werden,
b) Militärdienst oder einem den Militärdienst ersetzenden , gesetzlich festgelegten Dienst,
c) Gesetzlich erforderlichem Dienst im Falle von Naturkatastrophen, Unfällen oder anderen Gefahren, die das Leben, die Gesundheit oder große materielle Werte bedrohen,
d) gesetzlich vorgeschriebenen Handlungen zum Schutz des Lebens, der Gesundheit oder Rechte anderer Personen.

Artikel 10. (1) Jedermann hat das Recht auf Erhaltung seiner Menschenwürde, seiner persönlichen Ehre, seines guten Rufes und auf den Schutz seines Namens.

(2) Jedermann hat das Recht auf Schutz vor unberechtigten Eingriffen in sein persönliches oder Privatleben.

(3) Jedermann hat das Recht auf Schutz gegen die unberechtigte Sammlung, Veröffentlichung oder gegen anderem Mißbrauch seiner Personaldaten.

Artikel 11. (1) Jedermann hat das Recht auf Besitz. Das Eigentumsrecht aller Eigentümer hat den gleichen gesetzlichen Inhalt und Schutz. Erbschaft ist gewährleistet.

(2) Das Gesetz bestimmt, welcher Besitz für die Sicherung der Bedürfnisse der ganzen Gesellschaft, für die Entwicklung der Volkswirtschaft und des Gemeinwohls nur Eigentum des Staates, der Gemeinden oder bestimmter Rechtspersonen sein darf; das Gesetz kann auch bestimmen, daß bestimmte Dinge nur im Besitz von Bürgern oder Rechtspersonen mit Sitz in der Tschechischen oder Slowakischen Föderativen Republik sein darf.

(3) Eigentum verpflichtet. Es darf nicht die Rechte Anderer beeinträchtigen, oder gegen das gesetzlich geschützte Gemeinwohl verstoßen. Seine Ausübung darf weder die menschliche Gesundheit, noch die Natur und die Umwelt über das gesetzlich festgelegte Maß hinaus schädigen.

(4) Enteignung, oder Zwangseinschränkung des Eigentumsrechts im öffentlichen Interesse ist möglich, und zwar auf Grund des Gesetzes und gegen Entschädigung.

(5) Steuern und Gebühren dürfen nur auf Grund des Gesetzes auferlegt werden.

Artikel 12. (1) Die Wohnung ist unantastbar. Es ist nicht gestattet, diese ohne Zustimmung des Bewohners zu betreten.

(2) Eine Hausdurchsuchung ist nur zu Zwecken eines Strafverfahrens zulässig, und zwar nur auf die schriftliche, begründete Anordnung eines Richters. Die Durchführungsweise einer Hausdurchsuchung bestimmt das Gesetz.

(3) Andere Eingriffe in die Unantastbarkeit der Wohnung können vom Gesetz nur dann bewilligt werden, wenn dies in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz des menschlichen Lebens oder der Gesundheit, zum Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer oder z ur Abwehr einer ernsten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unumgänglich ist. Falls eine Wohnung auch als Sitz eines Unternehmens oder zu anderer Wirtschaftstätigkeit dient, können solche Eingriffe vom Gesetz gebilligt werden, falls dies zu r Aufgabenerfüllung der öffentlichen Verwaltung notwendig ist.

Artikel 13. Niemand darf das Briefgeheimnis oder das Geheimnis anderer Schriftstücke und Eintragungen verletzen, sowohl solcher, die privat aufbewahrt, als auch jener, die mit der Post oder auf andere Weise befördert werden, mit Ausnahme gewisser Fälle und auf eine Ar t und Weise, die vom Gesetz geregelt wird. Ebenso ist das Geheimnis der Nachrichten, die telefonisch, telegrafisch oder durch ähnliche Anlagen übermittelt werden, gewährleistet.

Artikel 14. (1) Die Bewegungsfreiheit und Aufenthaltsfreiheit wird gewährleistet.

(2) Jedermann, der sich berechtigter Weise auf dem Hoheitsgebiet der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik aufhält, hat das Recht, es frei zu verlassen.

(3) Diese Freiheiten können durch das Gesetz eingeschränkt werden, falls dies für die Staatssicherheit, die Aufrechterhaltung des öffentlichen Ordnung, den Gesundheitsschutz oder den Schutz der Rechte und Freiheit Anderer, in umgrenzten Gebieten auch für den Naturschutz, unumgänglich ist.

(4) Jeder Bürger hat das Recht, die Tschechische und Slowakische Bundesrepublik zu betreten. Ein Bürger kann nicht zum Verlassen seiner Heimat gezwungen werden

(5) Ein Ausländer kann nur in vom Gesetz festgelegten Fällen ausgewiesen werden.

Artikel 15. (1) Die Gedankenfreiheit, Gewissensfreiheit und die Freiheit der religiösen Konfession wird gewährleistet. Jedermann hat das Recht, seine Religion oder seinen Glauben zu ändern, oder konfessionslos zu sein.

(2) Die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und des künstlerischen Schaffens wird gewährleistet.

(3) Niemand kann zum Militärdienst gezwungen werden, sollte dieser gegen sein Gewissen oder sein religiöses Bekenntnis verstoßen. Einzelheiten werden vom Gesetz bestimmt.

Artikel 16. (1) Jedermann hat das Recht, seine Religion oder seinen Glauben frei kundzutun, allein oder gemeinsam mit anderen Personen, privat oder öffentlich, im Gottesdienst, im Unterricht, durch religiöse Akte oder Riten.

(2) Die Kirchen und religiösen Gesellschaften verwalten ihre eigenen Angelegenheiten, insbesonders konstituieren ihre Organe, ernennen ihre Geistlichen und gründen Orden und andere kirchliche Einrichtungen unabhängig von den staatlichen Organen.

(3) Das Gesetz bestimmt die Bedingungen des Religionsunterrichtes an staatlichen Schulen.

(4) Die Ausübung dieser Rechte kann gesetzlich beschränkt werden, falls eine solche Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit und Moral oder der Rechte und Freiheiten Anderer unumgänglich ist.

Zweiter Teil
Politische Rechte

Artikel 17. (1) Die Freiheit der Meinungsäußerung und das Recht auf Informationen wird gewährleistet.

(2) Jedermann hat das Recht, seine Ansichten in Wort, Schrift, Druck, Bild oder auf andere Weise auszudrücken, ebenso wie frei Ideen und Informationen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten, ohne Rücksicht auf die Staatsgrenzen.

(3) Zensur ist unzulässig.

(4) Die Freiheit der Meinungsäußerung und das Recht, Informationen aufzusuchen und zu verbreiten, kann durch das Gesetz eingeschränkt werden, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen, zur Sicherheit des Staates, öffentlichen Sicherheit, Gesundheit und Moral unentbehrlich sind.

(5) Die Staatsorgane und Behörden der territorialen Selbstverwaltung sind verpflichtet, in angemessener Weise Informationen über ihre Tätigkeit zu gewähren.
Die Bedingungen und die Durchführung bestimmt das Gesetz.

Artikel 18. (1) Das Petitionsrecht wird gewährleistet; in Sachen des öffentlichen oder eines anderen gemeinschaftlichen Interesses hat jedermann das Recht, sich selbst, oder gemeinsam mit Anderen, an die Staats- oder Selbstverwaltungsbehörden mit Anträgen, Vorschlägen und Beschwerden zu wenden.

(2) Petitionen dürfen nicht in die Unabhängigkeit des Gerichts eingreifen.

(3) Petitionen dürfen nicht zur Verletzung der durch diese Urkunde gewährleisteten grundlegenden Rechte und Freiheiten auffordern.

Artikel 19. (1) Das Recht, sich friedlich zu versammeln, wird gewährleistet.

(2) Dieses Recht kann durch das Gesetz eingeschränkt werden, insofern es sich um Versammlungen an öffentlichen Orten handelt, und falls eine solche Maßnahme für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen, der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit , Moral, des Eigentums oder der Sicherheit des Staates unerläßlich ist. Versammlungen dürfen jedoch nicht durch die Bewilligung einer Verwaltungsbehörde bedingt werden.

Artikel 20. (1) Das Recht, sich frei zu vereinigen, wird gewährleistet. Jedermann hat das Recht, sich mit anderen Personen in Vereinen, Gesellschaften und anderen Vereinigungen zusammenzuschließen.

(2) Die Bürger haben das Recht, auch politische Parteien und politische Bewegungen zu gründen und sich in ihnen zu vereinigen.

(3) Die Ausübung dieser Rechte können nur in vom Gesetz festgelegten Fällen eingeschränkt werden, falls dies in der demokratischen Gesellschaft für die Sicherheit des Staates und der Öffentlichkeit, die Verhinderung von Straftaten oder den Schutz der Rech te und Freiheiten Anderer unumgänglich ist.

(4) Politische Parteien und politische Bewegungen, sowie auch andere Vereinigungen, sind vom Staat getrennt.

Artikel 21. (1) Die Bürger haben das Recht, an der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten entweder direkt, oder durch freie Wahl ihrer Vertreter teilzunehmen.

(2) Wahlen müssen in Fristen stattfinden, die die gesetzlich festgelegten Wahlperioden nicht überschreiten.

(3) Das Wahlrecht ist allgemein und gleich und wird in geheimer Abstimmung ausgeübt. Die Bedingungen der Ausübung des Wahlrechtes bestimmt das Gesetz.

(4) Alle Bürger haben unter den gleichen Bedingungen Zugang zu gewählten und anderen öffentlichen Funktionen.

Artikel 22. Die gesetzliche Regelung aller politischen Rechte und Freiheiten und deren Auslegung und Anwendung müssen den freien Wettbewerb der politischen Kräfte in einer demokratischen Gesellschaft ermöglichen und schützen.

Artikel 23. Die Bürger haben das Recht, gegen einem jeden Widerstand zu leisten, der durch diese Urkunde begründete demokratische Ordnung der Menschenrechte und Grundfreiheiten beseitigen würde, sollte die Tätigkeit der Verfassungsgremien und die wirksame Anwendung gesetzlicher Mittel verhindert werden.

Kapitel III.
Rechte der nationalen und ethnischen Minderheiten

Artikel 24. Niemand darf wegen seiner Zugehörigkeit zu einer nationalen oder ethnischen Minderheit demokratische Ordnung benachteiligt werden.

Artikel 25. (1) Den Bürgern, die nationale oder ethnische Minderheiten bilden, wird eine allseitige Entwicklung gewährleistet, insbesondere das Recht, gemeinsam mit anderen Angehörigen der Minderheit ihre eigene Kultur zu entwickeln, das Recht, Informationen in ihrer Muttersprache zu verbreiten und zu empfangen und sich in nationalen Vereinigungen zusammenzuschließen. Einzelheiten bestimmt das Gesetz.

(2) Den Bürgern, die zu den nationalen oder ethnischen Minderheiten gehören, wird unter gesetzlich festgelegten Bedingungen ebenfalls
a) das Recht auf Bildung in ihrer Muttersprache,
b) das Recht, ihre Muttersprache im amtlichen Verkehr zu benützen,
c) das Recht, sich an der Behandlung aller ihre nationalen und ethnischen Minderheiten betreffenden Angelegenheiten zu beteiligen gewährleistet.

Kapitel IV.
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Artikel 26. (1) Jedermann hat das Recht, sich frei seinen Beruf zu wählen und sich für diesen auszubilden, sowie das Recht, zu unternehmen oder eine andere Wirtschaftstätigkeit auszuüben.

(2) Das Gesetz kann Bedingungen und Beschränkungen für die Ausübung bestimmter Berufe oder Tätigkeiten festlegen.

(3) Jedermann hat das Recht, durch Arbeit Mittel für seinen Lebensbedarf zu erwerben. Bürger, die unverschuldet dieses Recht nicht ausüben können, versorgt der Staat materiell in angemessener Weise; die Bedingungen bestimmt das Gesetz.

(4) Das Gesetz kann eine abweichende Regelung für Ausländer festlegen.

Artikel 27. (1) Jedermann hat das Recht, sich frei mit anderen Personen zum Schutz seiner wirtschaftlichen und sozialen Interessen zusammenzuschließen.

(2) Die Gewerkschaften bilden sich unabhängig vom Staat. Es ist unzulässig, die Anzahl der Gewerkschaften zu beschränken, oder eine von ihnen im Betrieb oder Wirtschaftszweig zu bevorzugen.

(3) Die Tätigkeit der Gewerkschaften und die Entstehung und Tätigkeit anderer Vereinigungen zum Schutz wirtschaftlicher und sozialer Interessen kann gesetzlich beschränkt werden, falls es sich um eine in der demokratischen Gesellschaft unumgängliche Maßnahme zum Schutz der Sicherheit des Staates, der öffentlichen Ordnung oder der Rechte und Freiheiten der anderen handelt.

(4) Das Streikrecht wird unter gesetzlich festgelegten Bedingungen gewährleistet; dieses Recht erstreckt sich jedoch nicht auf Richter, Staatsanwälte, Angehörige der Streitkräfte und der Polizei.

Artikel 28. Arbeitnehmer haben das Recht auf eine gerechte Entlohnung für ihre Arbeit und auf befriedigende Arbeitsbedingungen. Einzelheiten regelt das Gesetz.

Artikel 29. (1) Frauen, Jugendliche und Behinderte haben das Recht auf erhöhten Schutz ihrer Gesundheit bei der Arbeit und auf besondere Arbeitsbedingungen.

(2) Jugendliche und Behinderte haben das Recht auf Sonderschutz in den Arbeitsverhältnissen und auf Unterstützung bei der Berufsausbildung.

(3) Einzelheiten regelt das Gesetz.

Artikel 30. (1) Die Bürger haben das Recht auf angemessene materielle Versorgung im Alter und bei Arbeitsunfähigkeit, sowie beim Verlust des Brotgebers.

(2) Jedermann, der sich in materieller Not befindet, hat das Recht auf eine derartige Unterstützung, die zur Sicherstellung der grundlegenden Lebensbedingungen notwendig ist.

(3) Einzelheiten regelt das Gesetz.

Artikel 31. Jedermann hat das Recht auf Gesundheitsschutz. Auf der Grundlage der öffentlichen Versicherung haben die Bürger das Recht auf kostenlose Gesundheitspflege und auf gesundheitliche Behelfe, unter gesetzlich geregelten Bedingungen.

Artikel 32. (1) Elternschaft und Familie stehen unter dem Schutz des Gesetzes. Der besondere Schutz der Kinder und Jugendlichen wird gewährleistet.

(2) Während der Schwangerschaft werden der Frau besondere Pflege, Arbeitsschutz und entsprechende Gesundheitsbedingungen gewährleistet.

(3) Ehelich und unehelich geborene Kinder haben die gleichen Rechte.

(4) Die Sorge für die Kinder und ihre Erziehung ist das Recht der Eltern; Kinder haben das Recht auf elterliche Pflege und Erziehung. Die Elternrechte können eingeschränkt und minderjährige Kinder können den Eltern gegen ihren Willen nur auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gemäß dem Gesetz entzogen werden.

(5) Eltern, die für Kinder sorgen, haben das Recht auf die Hilfe des Staates.

(6) Einzelheiten regelt das Gesetz.

Artikel 33. (1) Jedermann hat das Recht auf Bildung. Die Schulpflicht gilt für einen gesetzlich festgelegten Zeitraum.

(2) Die Bürger haben das Recht auf kostenlose Bildung in Grund- und Mittelschulen, und je nach Fähigkeit des Bürgers und den Möglichkeiten der Gesellschaft, auch an den Hochschulen.

(3) Nichtstaatliche Schulen zu gründen und in diesen zu unterrichten unterliegt einer gesetzlichen Regelung; an solchen Schulen kann Schulgeld enthoben werden.

(4) Das Gesetz bestimmt die Bedingungen, unter denen Bürger das Recht auf Hilfe des Staates beim Studium haben.

Artikel 34. (1) Die Rechte auf die Ergebnisse der schöpferischen Geistestätigkeit werden gesetzlich geschützt.

(2) Das Recht auf Zutritt zum Kulturreichtum wird unter gesetzlich bestimmten Bedingungen gewährleistet.

Artikel 35. (1) Jedermann hat das Recht auf eine günstige Umwelt.

(2) Jedermann hat das Recht auf rechtzeitige und vollständige Informationen über den Zustand der Umwelt und der natürlichen Ressourcen.

(3) Bei der Ausübung seiner Rechte darf niemand die Umwelt, den Artenreichtum der Natur und Kulturdenkmäler über das gesetzlich festgelegte Maß hinaus gefährden oder schädigen.

Kapitel V.
Das Recht auf gerichtlichen und sonstigen Rechtsschutz

Artikel 36. (1) Jedermann kann auf geregelte Weise sein Recht bei einem unabhängigen und unparteilichen Gericht und in bestimmten Fällen bei einem anderen Organ fordern.

(2) Wer behauptet, er wurde durch die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde in seinen Rechten gekürzt, kann sich an das Gericht um Überprüfung der Gesetzlichkeit dieser Entscheidung wenden, sofern das Gesetz es nicht anders bestimmt. Aus der Gerichtsbarke it darf die Überprüfung einer Entscheidung, die die in der Urkunde enthaltenen grundlegenden Rechte und Freiheiten betrifft, nicht ausgeschlossen werden.

(3) Jedermann hat das Recht auf Entschädigung für einen Schaden, der ihm durch die gesetzeswidrige Entscheidung eines Gerichtes, einer Staatsbehörde oder Behörde der Selbstverwaltung oder durch ein falsches amtliches Verfahren entstanden ist.

(4) Bedingungen und Einzelheiten regelt das Gesetz.

Artikel 37. (1) Jedermann hat das Recht, seine Aussage zu verweigern, sollte diese ihn oder eine ihm nachstehende Person in die Gefahr einer rechtlichen Verfolgung bringen.

(2) Jedermann hat das Recht auf Rechtshilfe in dem Verfahren vor Gerichten, anderen Verfahren staatlichen oder Organen der öffentlichen Verwaltung , und zwar von Anfang des Verfahrens an.

(3) Alle Teilnehmer sind sich in dem Verfahren gleich.

(4) Wer erklärt, er sei der Verhandlungssprache nicht mächtig, hat das Recht auf einen Dolmetscher.

Artikel 38. (1) Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Die Zuständigkeit des Gerichtes bestimmt das Gesetz.

(2) Jedermann hat das Recht auf eine öffentliche Verhandlung seiner Sache, ohne unnötigern Verzuges und in seiner Anwesenheit, und auf die Möglichkeit, zu den vorgebrachten Beweisen Stellung zu nehmen. Der Ausschluß der Öffentlichkeit ist nur in gesetzlich festgelegten Fällen gestattet.

Artikel 39. Nur das Gesetz bestimmt, welche Handlung eine Straftat ist und welche Strafe sowie welcher Nachteil an Rechten oder Vermögen für deren Begehen auferlegt werden kann.

Artikel 40. (1) Nur das Gericht entscheidet über Schuld und Strafe für Straftaten.

(2) Ein Jeder, gegen den ein Strafverfahren geführt wird, gilt als unschuldig, bis seine Schuld durch ein rechtskräftiges verurteilendes Urteil des Gerichts ausgesprochen wird.

(3) Der Beschuldigte hat das Recht auf Zeit und Möglichkeit, seine Verteidigung vorzubereiten und sich entweder selbst oder durch einen Verteidiger zu verteidigen. Falls er sich keinen Verteidiger wählt, obwohl er dem Gesetz nach einen solchen haben muß, ernennt ihm das Gericht einen Verteidiger. Das Gesetz bestimmt, in welchen Fällen der Beschuldigte das Recht auf kostenlose Hilfe eines Verteidigers hat.

(4) Der Beschuldigte hat das Recht, die Aussage zu verweigern; dieses Recht darf ihm auf keinen Fall entzogen werden.

(5) Niemand darf gerichtlich für eine Tat strafrechtlich verfolgt werden, für die er schon rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurde. Dieser Grundsatz schließt den Einsatz außerordentlicher Rechtsmittel im Einklang mit dem Gesetz nicht aus.

(6). Die Prüfung der Strafbarkeit der Handlung und die Verhängung der Strafe erfolgt nach dem zum Zeitpunkt der Verübung der Tat geltenden Gesetz. Ein späteres Gesetz wird angewendet, wenn es für den Täter günstiger ist.

Kapitel VI.
Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 41. (1) Die in Art. 26, Art. 27 Abs. 4, Art. 28 bis 31, Art. 32 Abs. 1 und 3, Art. 33 und 35 der Urkunde genannten Rechte können nur in Grenzen der diese Bestimmungen durchführenden Gesetze gefordert werden.

(2) Dort, wo in der Urkunde von einem Gesetz die Rede ist, wird darunter das Gesetz der Föderalversammlung gemeint, wenn aus der verfassungmäßigen Einteilung der gesetzgebenden Befugnis nicht folgt, daß die Regelung den Gesetzen der nationalen Räte vorbehalten ist.

Artikel 42. (1) Wo immer in der Urkunde der Begriff "Bürger" angewandt ist, ist darunter ein Staatsbürger der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik zu verstehen.

(2) Die Ausländer genießen in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik die von der Urkunde gewährleisteten Menschenrechte und Grundfreiheiten, wenn diese nicht ausdrücklich den Bürgern zuerkannt werden.

(3) Sofern bisherige Vorschriften den Begriff "Bürger" verwenden, ist darunter jeder Mensch zu verstehen, wenn es sich um grundlegende Rechte und Freiheiten handelt, die die Urkunde ohne Hinsicht auf die Staatsbürgerschaft zuerkennt.

Artikel 43. Die Tschechische und Slowakische Föderative Republik gewährt Asyl den Ausländern, die wegen ihrer Ausübung politischer Rechte und Freiheiten verfolgt werden. Das Asyl kann demjenigen verweigert werden, der im Widerspruch zu den grundlegenden Rechten und Freiheiten gehandelt hat.

Artikel 44. Das Gesetz kann Richtern und Staatsanwälten das Recht, kaufmännisch zu unternehmen oder eine andere Wirtschaftstätigkeit auszuüben und das unter Art. 20 Abs. 2 angeführte Recht beschränken; ebenso wie Angestellten der Staatsverwaltung und der territoriale n Selbstverwaltungen in gesetzlich bestimmten Funktionen, auch das unter Art. 27 Abs. 4 angeführte Recht; Angehörigen der Sicherheits- und Streitkräfte auch die unter Art. 18, 19 und Art. 27 Abs. 1 bis 3 genannten Rechte, insofern diese mit der Dienstausübung zusammenhängen. Personen in Berufen, die unmittelbar für den Schutz des Lebens und der Gesundheit unerlässlich sind, kann das Gesetz das Streikrecht einschränken.

Uhde e.h.


Quellen: Parlament der Tschechischen Republik
© 11. Dezember 2002
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