Verfassung der Republik Bulgarien

vom 12. Juli 1991

geändert durch
Gesetz vom 26. September 2003 (Dărzacen Vestnik 2003, Nr. 85)
Gesetz vom 25. Februar 2005 (Dărzacen Vestnik 2005, Nr. 18)
Gesetz vom 31. März 2006 (Dărzacen Vestnik 2006, Nr. 27)
Urteil des Verfassungsgerichts Nr. 7 des Jahres 2006 (Dărzacen Vestnik 2006, Nr. 78)
Gesetz vom 6. Februar 2007 (Dărzacen Vestnik 2007, Nr. 12)
 

Wir, die Abgeordneten der Siebten Großen Volksversammlung, verkünden, in unserem Bestreben, dem Willen des bulgarischen Volkes Ausdruck zu geben,

wobei wir unsere Treue zu den allgemein menschlichen Werten: Freiheit, Frieden, Humanismus, Gleichheit, Gerechtigkeit und Toleranz erklären;

wobei wir die Rechte der Persönlichkeit, ihre Würde und Sicherheit zum obersten Prinzip erheben;

wobei wir unsere unverbrüchliche Pflicht zur Wahrung der nationalen und staatlichen Einheit Bulgariens anerkennen,

proklamieren unsere Entschlossenheit, einen demokratischen und sozialen Rechtsstaat zu schaffen, und wofür wir diese Verfassung erlassen:

Kapitel 1. Grundprinzipien

Artikel 1. (1) Bulgarien ist eine Republik mit parlamentarischer Regierung.

(2) Die gesamte Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird von ihm unmittelbar und durch die in dieser Verfassung vorgesehenen Organe ausgeübt.

(3) Kein Teil des Volkes, keine politische Partei, keine andere Organisation, staatliche Institution oder Einzelperson darf sich die Ausübung der staatlichen Souveränität anmaßen.

Artikel 2. (1) Die Republik Bulgarien ist ein Einheitsstaat mit örtlicher Selbstverwaltung. In ihm sind keine autonomen territorialen Einheiten zulässig.

(2) Die territoriale Integrität der Republik Bulgarien ist unantastbar.

Artikel 3. Die Amtssprache in der Republik ist die bulgarische Sprache.

Artikel 4. (1) Die Republik Bulgarien ist ein Rechtsstaat. Sie wird gemäß der Verfassung und den Gesetzen des Landes regiert.

(2) Die Republik gewährleistet das Leben, die Würde und die Rechte der Persönlichkeit und schafft Voraussetzungen für eine freie Entfaltung des Menschen und der bürgerlichen Gesellschaft.

Durch Gesetz vom 25. Februar 2005 wurde dem Artikel 4 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 (Beitritt zur Europäischen Union) folgender Absatz angefügt:
"(3) Die Republik Bulgarien beteiligt sich am Aufbau und der Fortentwicklung der Europäischen Union."

Artikel 5. (1) Die Verfassung ist oberstes Gesetz und die anderen Gesetze dürfen ihr nicht widersprechen.

(2) Die Bestimmungen der Verfassung haben unmittelbare Wirkung.

(3) Niemand darf für eine Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die im Zeitpunkt ihrer Begehung nicht vom Gesetz zur Straftat erklärt war.

(4) Die verfassungsgemäß ratifizierten, verkündeten und für die Republik Bulgarien in Kraft getretenen völkerrechtlichen Verträge sind Teil des inner-staatlichen Rechts. Sie haben Vorrang vor diesen Normen der innerstaatlichen Gesetzgebung, die ihnen widersprechen.

(5) Die Normativakte müssen verkündet werden. Sie treten drei Tage nach ihrer Verkündung in Kraft, sofern sie keine andere Frist vorsehen.

Artikel 6. (1) Die Menschen werden frei und gleich hinsichtlich ihrer Würde und ihrer Rechte geboren.

(2) Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich. Unzulässig sind jegliche Beschränkungen der Rechte oder auf Rasse, Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht, Herkunft, Religion, Bildung, Überzeugung, politische Zugehörigkeit, persönliche oder gesellschaftliche Stellung oder Vermögenslage gegründete Privilegien.

Bürger im Sinne von Artikel 6 Abs. 2 sind alle diejenigen Personen, auf welche diese Verfassung Anwendung findet.

Artikel 7. Der Staat haftet für Schäden, die durch ungesetzliche Akte oder Handlungen seiner Organe oder Amtspersonen verursacht wurden.

Artikel 8. Die Staatsgewalt teilt sich in die gesetzgebende, die ausführende und die rechtsprechende Gewalt.

Artikel 9. Die Streitkräfte gewährleisten die Souveränität, die Sicherheit und die Unabhängigkeit des Landes und schützen seine territoriale Integrität.

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 erhielt der Artikel 9 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 folgende Fassung:
"Artikel 9. (1) Die Streitkräfte gewährleisten die Souveränität, die Sicherheit und die Unabhängigkeit des Landes und schützen seine territoriale Integrität.
(2) Die Aufgaben der Streitkräfte werden durch Gesetz geregelt."

Artikel 10. Die Wahlen und die nationalen und örtlichen Referenden werden auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung durchgeführt.

Artikel 11. (1) Das politische Leben in der Republik Bulgarien gründet sich auf dem Prinzip des politischen Pluralismus.

(2) Keine einzige politische Partei oder Ideologie darf zu einer staatlichen erklärt oder dazu bestimmt werden.

(3) Die Parteien tragen zur Bildung und zur Äußerung des politischen Willens der Bürger bei. Das Verfahren zur Gründung und Auflösung von politischen Parteien sowie die Voraussetzungen für ihre Tätigkeit regelt ein Gesetz.

(4) Es dürfen keine politischen Parteien auf ethnischer, rassischer oder religiöser Grundlage gegründet werden sowie keine Parteien, die sich die gewaltsame Ergreifung der staatlichen Macht zum Ziel gesetzt haben.

Artikel 12. (1) Die Vereinigungen der Bürger dienen der Befriedigung und dem Schutz ihrer Interessen.

(2) Die Vereinigungen der Bürger, einschließlich der Gewerkschaften, dürfen sich keine politischen Ziele setzen und keine politische Tätigkeit ausüben, die nur politischen Parteien eigen sind.

Artikel 13. (1) Die Glaubensbekenntnisse sind frei.

(2) Die religiösen Institutionen sind vom Staat getrennt.

(3) Die traditionelle Religion in der Republik Bulgarien ist das östlich-orthodoxe Glaubensbekenntnis.

(4) Die Religionsgemeinschaften und -institutionen sowie die religiösen Überzeugungen dürfen nicht für politische Zwecke benutzt werden.

Artikel 14. Die Familie, die Mutterschaft und die Kinder stehen unter dem Schutz des Staates und der Gesellschaft.

Artikel 15. Die Republik Bulgarien gewährleistet die Erhaltung und die Wiederherstellung der Umwelt, die Pflege der Vielfalt der lebenden Natur und die vernünftige Nutzung der Naturschätze und Ressourcen des Landes.

Artikel 16. Die Arbeit wird gesetzlich garantiert und geschützt.

Artikel 17. (1) Das Eigentums- und Erbrecht werden gesetzlich gewährleistet und geschützt.

(2) Es gibt privates und öffentliches Eigentum.

(3) Das Privateigentum ist unantastbar.

(4) Die Rechtslage der Gegenstände des staatlichen und des kommunalen Eigentums wird durch Gesetz festgelegt.

(5) Eine Enteignung für staatliche oder kommunale Zwecke darf nur auf der Grundlage eines Gesetzes erfolgen, unter der Bedingung, daß diese Bedürfnisse nicht auf andere Weise befriedigt werden können, und nach vorheriger gleichwertiger Entschädigung erfolgen.

Artikel 18. (1) Die Bodenschätze, der Küstenstreifen, die Nationalstraßen sowie die durch Gesetz bestimmten Gewässer, Wälder und Parks von nationaler Bedeutung, die Natur- und archäologischen Reservate sind ausschließliches Staatseigentum.

(2) Der Staat übt souveräne Rechte über den Festlandsockel und in der ausschließlichen Wirtschaftszone zwecks Erforschung, Erschließung, Nutzung, Erhaltung und Bewirtschaftung der biologischen, mineralischen und Energieressourcen dieser Meeresräume aus.

(3) Der Staat übt souveräne Rechte über das Funkfrequenzspektrum und die Positionen der geostationären Umlaufbahn aus, die der Republik Bulgarien in völkerrechtlichen Vereinbarungen zugeteilt wurden.

(4) Durch Gesetz kann ein staatliches Eisenbahnmonopol, ein Monopol für die nationalen Post- und Fernmeldenetze, die Nutzung der Kernenergie, die Herstellung von radioaktiven Produkten, Waffen, Sprengstoff und biologisch starkwirksamen Stoffe angeordnet werden.

(5) Die Bedingungen und das Verfahren für die Erteilung von Konzessionen für die Objekte und die Genehmigungen von Tätigkeiten durch den Staat, die in den vorigen Absätzen erwähnt sind, werden gesetzlich geregelt.

(6) Das staatliche Vermögen wird im Interesse der Bürger und der Gesellschaft bewirtschaftet und verwaltet.

Artikel 19. (1) Die Wirtschaft der Republik Bulgarien gründet sich auf die freie wirtschaftliche Initiative.

(2) Das Gesetz schafft und gewährleistet jedem Bürger und jeder juristischen Person die gleichen rechtlichen Bedingungen für eine wirtschaftliche Tätigkeit, wobei es den Mißbrauch einer Monopolstellung und unlauteren Wettbewerb verhindert und den Verbraucher schützt.

(3) Die Investitionen und die wirtschaftliche Tätigkeit bulgarischer und ausländischer Bürger und juristischer Personen werden durch das Gesetz geschützt.

(4) Das Gesetz schafft Voraussetzungen für Kooperationen und für andere Formen des Zusammenschlusses von Bürgern und juristischen Personen zur Erzielung eines wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts.

Artikel 20. Der Staat schafft Voraussetzungen für eine ausgewogene Entwicklung der einzelnen Regionen des Landes und hilft den territorialen Behörden und Tätigkeiten durch Finanz-, Kredit- und Investitionspolitik.

Artikel 21. (1) Der Boden ist ein grundlegender nationaler Reichtum, der den besonderen Schutz des Staates und der Gesellschaft genießt.

(2) Der anbaufähige Boden wird nur für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Eine Änderung seiner Zweckbestimmung ist ausnahmsweise bei Nachweis von Bedarf und unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen und nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren zulässig.

Artikel 22. (1) Die Ausländer und ausländischen juristischen Personen dürfen kein Eigentum an Boden erwerben, außer bei gesetzlicher Erbfolge. In diesem Fall müssen sie ihr Eigentum übertragen.

(2) Unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen dürfen die Ausländer und die ausländischen juristischen Personen ein Nutzungsrecht, ein Baurecht und andere dingliche Rechte erwerben.

Durch Gesetz vom 25. Februar 2005 erhielt der Artikel 22 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 (Beitritt zur Europäischen Union) folgende Fassung:
"Artikel 22. (1) Ausländer und ausländische juristische Personen dürfen Eigentum an Boden unter den Bedingungen erwerben, die sich aus dem Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union, oder auf Grund eines durch die Republik Bulgarien ratifizierten, verkündeten und in Kraft getretenen internationalen Vertrages ergeben, sowie bei gesetzlicher Erbfolge.
(2) Das, einen internationalen Vertrag im Sinne des Absatz 1 ratifizierende Gesetz, kann nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitglieder der Nationalversammlung angenommen werden.
(3) Das Grundstücksrecht wird durch Gesetz geregelt."

Artikel 23. Der Staat schafft Voraussetzungen für eine freie Entwicklung der Wissenschaft, der Bildung und der Kunst und unterstützt sie. Er sorgt für die Erhaltung des nationalen historischen und kulturellen Erbes.

Artikel 24. (1) Die Außenpolitik der Republik Bulgarien wird in Übereinstimmung mit den Prinzipien und Normen des Völkerrechts geführt.

(2) Die grundlegenden Ziele der Außenpolitik der Republik Bulgarien sind die nationale Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes, der Wohlstand und die Grundrechte und Grundfreiheiten der bulgarischen Bürger sowie die Mitwirkung bei der Errichtung einer gerechten internationalen Ordnung.

Kapitel 2. Die Grundrechte und -pflichten der Bürger

Artikel 25. (1) Bulgarischer Staatsangehöriger ist jeder, der wenigstens einen Elternteil mit bulgarischer Staatsangehörigkeit hat oder der auf dem Staatsgebiet der Republik Bulgarien geboren ist, wenn er keine andere Staatsangehörigkeit durch Herkunft erwirbt. Die bulgarische Staatsangehörigkeit kann auch durch Einbürgerung erworben werden.

(2) Die Personen bulgarischer Herkunft erwerben die bulgarische Staatsangehörigkeit in einem erleichterten Verfahren.

(3) Bulgarischen Staatsangehörigen von Geburt an darf die bulgarische Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden.

(4) Ein Staatsangehöriger der Republik Bulgarien darf aus ihr nicht ausgewiesen oder an einen anderen Staat ausgeliefert werden.

(5) Die im Ausland lebenden bulgarische Staatsangehörigen stehen unter dem Schutz der Republik Bulgarien.

(6) Die Voraussetzungen und das Verfahren zum Erwerb, zur Aufrechterhaltung und über den Verlust der bulgarischen Staatsangehörigkeit werden durch Gesetz festgelegt.

Artikel 26. (1) Die Bürger der Republik Bulgarien haben alle Rechte und Pflichten aus dieser Verfassung, wo immer sie sich aufhalten.

(2) Die in der Republik Bulgarien lebenden Ausländer haben alle Rechte und Pflichten aus dieser Verfassung mit Ausnahme der Rechte und Pflichten, für welche die Verfassung und die Gesetze die bulgarische Staatsangehörigkeit fordern.

Artikel 27. (1) Die Ausländer, die sich legal im Lande aufhalten, dürfen nicht gegen ihren Willen ausgewiesen oder an einen anderen Staat ausgeliefert werden außer unter Voraussetzungen und Verfahren, die durch Gesetz geregelt sind.

(2) Die Republik Bulgarien gewährt Ausländern Asyl, die wegen ihrer Überzeugungen oder ihrer Tätigkeit zum Schutz völkerrechtlich anerkannter Rechte und Freiheiten verfolgt werden.

(3) Die Voraussetzungen und das Verfahren zur Asylgewährung werden durch Gesetz geregelt.

Artikel 28. Jeder hat das Recht auf Leben. Der Anschlag auf das menschliche Leben wird als eine der schwersten Straftaten geahndet.

Artikel 29. (1) Niemand darf der Folter, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder zwangsweiser Assimilierung unterworfen werden.

(2) Niemand darf ohne seine freiwillige schriftliche Einwilligung medizinischen, wissenschaftlichen oder anderen Versuchen unterworfen werden.

Artikel 30. (1) Jeder hat ein Recht auf persönliche Freiheit und Unantastbarkeit.

(2) Niemand darf festgenommen, untersucht, durchsucht oder einem anderen Eingriff auf seine persönliche Unantastbarkeit unterworfen werden außer unter den Voraussetzungen und dem Verfahren, die durch Gesetz festgelegt sind.

(3) In den ausdrücklich durch das Gesetz festgelegten unaufschiebbaren Fällen dürfen die zuständigen staatlichen Organe einen Bürger festnehmen, worüber sie unverzüglich die Organe der rechtsprechenden Gewalt benachrichtigen müssen. Innerhalb von 24 Stunden nach der Festnahme entscheidet das Organ der rechtsprechenden Gewalt über ihre Rechtmäßigkeit.

(4) Jedermann hat vom Zeitpunkt seiner Festnahme oder der Beschuldigung das Recht auf anwaltlichen Schutz.

(5) Jedermann hat das Recht, unter vier Augen mit der Person zusammenzutreffen, die ihn verteidigt. Das Geheimnis ihrer Mitteilungen ist unverletzlich.

Artikel 31. (1) Jeder einer Straftat Beschuldigte ist in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist den Gerichten zu übergeben.

(2) Niemand kann gezwungen werden, sich für schuldig zu bekennen, noch darf er allein auf Grund seines Geständnisses verurteilt werden.

(3) Der Beschuldigte gilt bis zur Feststellung des Gegenteils durch ein rechtskräftiges Urteil als unschuldig.

(4) Beschränkungen der Rechte des Beschuldigten, die das für die Verwirklichung der Rechtsprechung Erforderliche überschreiten, sind unzulässig.

(5) Für die zu einer Freiheitsstrafe Verurteilten werden Bedingungen zur Verwirklichung ihrer Grundrechte geschaffen, die nicht durch die Wirkung des Urteils eingeschränkt sind.

(6) Eine Freiheitsstrafe wird allein an vom Gesetz vorgesehenen Orten verbüßt.

(7) Unverjährbar sind die strafrechtliche Verfolgung und der Vollzug der Strafe für Verbrechen gegen den Frieden und die Menschheit.

Artikel 32. (1) Das Privatleben der Bürger ist unantastbar. Jeder hat ein Recht auf Schutz gegen rechtswidrige Einmischung in sein Privat- und in sein Familienleben und gegen Angriffen auf seine Ehre, seine Würde und seinen guten Ruf.

(2) Niemand darf - außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen - ohne sein Wissen oder gegen seine ausdrückliche Weigerung verfolgt, photographiert, gefilmt, aufgenommen oder anderen ähnlichen Handlungen unterworfen werden.

Artikel 33. (1) Die Wohnung ist unverletzlich. Außer in den ausdrücklich gesetzlich bestimmten Fällen darf sie niemand ohne Zustimmung seines Bewohners betreten oder in ihr bleiben.

(2) Ein Betreten oder Verbleiben in der Wohnung ohne Zustimmung seines Bewohners oder ohne Beschluß eines Gerichts ist nur zulässig zur Abwendung einer unmittelbar bevorstehenden oder begonnenen Straftat, zum Ergreifen des Täters sowie in den Fällen des Notstandes.

Artikel 34. (1) Die Freiheit und das Geheimnis der Korrespondenz und anderer Mitteilungen sind unverletzlich.

(2) Ausnahmen von dieser Regel sind nur mit Zustimmung der rechtsprechenden Gewalt zulässig, wenn dies für eine Aufdeckung oder Vorbeugung von schweren Straftaten erforderlich ist.

Artikel 35. (1) Jeder hat das Recht, frei seinen Wohnsitz zu wählen, sich auf dem Gebiet des Landes zu bewegen und seine Grenzen zu verlassen. Dieses Recht darf nur durch ein Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit, der Volksgesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer Bürger eingeschränkt werden.

(2) Jeder bulgarische Bürger hat das Recht, nach Bulgarien zurückzukehren.

Artikel 36. (1) Das Erlernen und der Gebrauch der bulgari-schen Sprache sind das Recht und die Pflicht der bulgarischen Bürger.

(2) Die Bürger, für die die bulgarische Sprache nicht die Muttersprache ist, haben das Recht, neben dem obligatorischen Erlernen der bulgarischen Sprache auch ihre eigene zu erlernen und zu gebrauchen.

(3) Die Fälle, in denen nur die offizielle Sprache gebraucht wird, werden gesetzlich geregelt.

Artikel 37. (1) Die Gewissensfreiheit, die Gedankenfreiheit und die Wahl des Glaubensbekenntnisses und von religiösen oder atheistischen Ansichten sind unverletzlich. Der Staat wirkt bei der Aufrechterhaltung von Toleranz und Achtung unter den Gläubigen verschiedener Glaubensbekenntnisse sowie zwischen Gläubigen und den Ungläubigen mit.

(2) Die Gewissens- und die Glaubensfreiheit darf sich nicht gegen die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, die Volksgesundheit und die Moral oder gegen die Rechte und Freiheiten anderer Bürger richten.

Artikel 38. Niemand darf wegen seiner Überzeugungen verfolgt oder in seinen Rechten beschränkt noch verpflichtet oder gezwungen werden, Auskunft über seine eigene oder andere Überzeugungen zu geben.

Artikel 39. (1) Jedermann hat das Recht, seine Meinung zu äußern und sie durch das mündliche oder geschriebene Wort, durch Ton, bildliche Darstellung oder auf andere Weise zu verbreiten.

(2) Dieses Recht darf nicht zur Beeinträchtigung der Rechte und des guten Rufs eines anderen und zum Aufruf zur gewaltsamen Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung, zur Begehung von Straftaten, zur Entfachung von Feindschaft oder zu Gewalt gegen die Person genutzt werden.

Artikel 40. (1) Die Presse und die anderen Masseninformationsmittel sind frei und unterliegen keiner Zensur.

(2) Die Unterbindung und die Konfiszierung einer Presseausgabe oder eines anderen lnformationsträgers ist nur zulässig auf Grundlage eines gerichtlichen Aktes, wenn die guten Sitten verletzt werden oder darin Aufrufe zur gewaltsamen Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung, zur Begehung von Straftaten oder zur Gewalt gegenüber Personen enthalten sind. Wenn innerhalb von 24 Stunden keine Konfiskation erfolgt, verliert die Unterbindung ihre Wirkung.

Artikel 41. (1) Jeder hat das Recht, sich Informationen zu besorgen, zu erhalten und zu verbreiten. Die Ausübung dieses Rechts darf sich nicht gegen die Rechte und den guten Namen anderer Bürger sowie gegen die nationale Sicherheit, die gesellschaftliche Ordnung, die Volksgesundheit und die Moral richten.

(2) Die Bürger haben ein Recht auf Information durch staatliche Behörden oder Institutionen über Fragen, an denen sie ein gesetzlich anerkanntes Interesse haben, sofern die Information kein staatliches oder kein anderes gesetzlich geschütztes Geheimnis darstellt oder keine fremden Rechte tangiert.

Artikel 42. (1) Die Bürger, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, haben das Recht staatliche und kommunale Organe zu wählen und an Referenden teilzunehmen, sofern sie nicht entmündigt sind oder eine Freiheitsstrafe verbüßen.

(2) Die Organisation und das Verfahren zur Durchführung von Wahlen und Referenden werden durch Gesetz geregelt.

Durch Gesetz vom 25. Februar 2005 wurde dem Artikel 42 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 (Beitritt zur Europäischen Union) folgender Absatz angefügt:
"(3) Die Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments und die Teilnahme der Bürger der Europäischen Union an den Wahlen zu den Organen der örtlichen Selbstverwaltungen werden durch Gesetz geregelt."

Artikel 43. (1) Die Bürger haben das Recht, friedlich und ohne Waffen auf Versammlungen und Manifestationen zusammenzukommen.

(2) Das Verfahren zur Organisation und Durchführung von Versammlungen und Manifestationen wird durch Gesetz geregelt.

(3) Für Versammlungen in geschlossenen Räumen ist keine Genehmigung erforderlich.

Artikel 44. (1) Die Bürger dürfen sich frei vereinigen.

(2) Verboten sind Organisationen, deren Tätigkeit gegen die Souveränität, die territoriale Integrität des Landes und die Einheit der Nation, auf die Schürung von Rassen-, ethnischem oder religiösem Haß, auf die Verletzung der Rechte und Freiheiten der Bürger gerichtet ist, sowie Organisationen, welche geheime oder paramilitärische Strukturen bilden oder versuchen, ihre Ziele durch Gewalt zu verwirklichen.

(3) Das Gesetz bestimmt die Organisationen, welche einer Registrierung unterliegen, das Verfahren zu ihrer Auflösung sowie ihre Beziehungen zum Staat.

Artikel 43. Die Bürger haben das Recht, bei den Behörden Beschwerden, Vorschläge und Petitionen einzureichen.

Artikel 46. (1) Die Ehe ist ein freiwilliger Bund zwischen Frau und Mann. Nur die Zivilehe ist gesetzmäßig.

(2) Die Ehegatten haben gleiche Rechte und Pflichten in der Ehe und in der Familie.

(3) Die Form der Ehe, die Bedingungen und das Verfahren zu ihrer Schließung und Auflösung, die persönlichen und die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten werden durch Gesetz geregelt.

Artikel 47. (1) Das Aufziehen und die Erziehung der Kinder bis zu ihrer Volljährigkeit ist das Recht und die Pflicht ihrer Eltern und wird vom Staat unterstützt.

(2) Die Frau genießt als Mutter den besonderen Schutz des Staates der ihr einen bezahlten Urlaub vor und nach der Geburt, kostenlose Geburtshilfe, Arbeitserleichterungen und andere soziale Hilfen gewährt.

(3) Die nichtehelichen Kinder haben die gleichen Rechte wie die ehelichen Kinder.

(4) Die Kinder, die ohne die Fürsorge ihrer Angehörigen gelassen sind, befinden sich unter dem besonderen Schutz des Staates und der Gesellschaft.

(5) Die Voraussetzungen für die Beschränkung oder die Entziehung der elterlichen Rechte und das entsprechende Verfahren werden durch Gesetz geregelt.

Artikel 48. (1) Die Bürger haben ein Recht auf Arbeit. Der Staat bemüht sich um die Schaffung von Voraussetzungen für die Verwirklichung dieses Rechts.

(2) Der Staat schafft Voraussetzungen für die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit für Personen mit physischen und psychischen Behinderungen.

(3) Jeder Bürger wählt frei seinen Beruf und seinen Arbeitsplatz.

(4) Niemand darf zur Zwangsarbeit gezwungen werden.

(5) Die Arbeiter und die Angestellten haben ein Recht auf gesunde und gefahrlose Arbeitsbedingungen, auf einen minimalen Arbeitslohn und eine Bezahlung, die der geleisteten Arbeit entspricht, sowie auf Freizeit und Urlaub; die Voraussetzungen und das Verfahren dafür werden gesetzlich festgelegt.

Artikel 49. (1) Die Arbeiter und Angestellten haben das Recht, sich zum Schutze ihrer Interessen auf dem Gebiet der Arbeit und der Sozialversicherung zu Gewerkschaftsorganisationen und -bünden zusammenzuschließen.

(2) Die Arbeitgeber haben ein Recht, sich zur Verteidigung ihrer wirtschaftlichen Interessen zusammenzuschließen.

Artikel 50. Die Arbeiter und Angestellten haben das Recht, zur Verteidigung ihrer kollektiven wirtschaftlichen und sozialen Interessen zu streiken. Dieses Recht wird unter Voraussetzungen und nach einem Verfahren verwirklicht, das durch Gesetz festgelegt wird.

Artikel 51. (1) Die Bürger haben ein Recht auf Sozialversicherung und Sozialhilfe.

(2) Die Personen, die zeitweise ohne Arbeit sind, werden sozialversichert unter Voraussetzungen und gemäß einem Verfahren, das durch Gesetz festgelegt wird.

(3) Die alten Menschen, die keine Angehörigen haben und sich nicht aus ihrem Vermögen unterhalten können, sowie die Personen mit physischen und psychischen Behinderungen befinden sich unter dem besonderen Schutz des Staates und der Gesellschaft.

Artikel 52. (1) Die Bürger haben ein Recht auf eine Krankenversicherung, die ihnen eine erschwingliche medizinische Hilfe sichert, und auf unentgeltliche Inanspruchnahme von medizinischen Dienstleistungen unter Voraussetzungen und nach einem Verfahren, das durch Gesetz geregelt ist.

(2) Die Gesundheitsvorsorge für die Bürger wird aus dem staatlichen Budget, von den Arbeitgebern, aus den persönlichen und kollektiven Versicherungsbeiträgen und aus anderen Quellen finanziert unter den Voraussetzungen und nach einem Verfahren, die durch Gesetz festgelegt sind.

(3) Der Staat schützt die Gesundheit der Bürger und fördert die Entwicklung des Sports und des Tourismus.

(4) Niemand darf zwangsweise einer Heilung oder sanitären Maßnahmen unterworfen werden außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen.

(5) Der Staat übt die Aufsicht über alle Gesundheitseinrichtungen aus sowie über die Herstellung von und den Handel mit Medikamenten, Biopräparaten und medizinischer Technik.

Artikel 53. (1) Jeder hat ein Recht auf Bildung.

(2) Der Schulbesuch ist bis zum sechzehnten Lebensjahr obligatorisch.

(3) Die Grundschul- und Mittelschulausbildung in den staatlichen und kommunalen Schulen ist unentgeltlich. Unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen ist die Ausbildung an den staatlichen Hochschulen unentgeltlich.

(4) Die Hochschulen genießen akademische Selbstverwaltung.

(5) Bürger und Organisationen dürfen Schulen gründen unter Voraussetzungen und nach einem Verfahren, die durch Gesetz festgelegt sind. Die Ausbildung in ihnen muß den staatlichen Anforderungen entsprechen.

(6) Der Staat fördert die Bildung, wobei er Schulen gründet und finanziert, fähige Schüler und Studenten unterstützt, Voraussetzungen für eine Berufsausbildung, Umschulung und Fortbildung schafft. Er übt die Aufsicht über alle Arten und Stufen von Schulen aus.

Artikel 54. (1) Jedermann hat ein Recht darauf, die nationalen und allgemeinmenschlichen kulturellen Werte zu nutzen sowie seine eigene Kultur in Übereinstimmung mit seiner ethnischen Zugehörigkeit zu entwickeln, die gesetzlich anerkannt und gewährleistet wird.

(2) Die Freiheit der Kunst, der Wissenschaft, des wissenschaftlichen und technischen Schaffens wird gesetzlich anerkannt und gewährleistet.

(3) Die Erfinderrechte, die Urheberrechte und die ihnen verwandten Rechte werden durch das Gesetz geschützt.

Artikel 55. Die Bürger haben ein Recht auf eine gesunde und gedeihliche Umwelt in Übereinstimmung mit den festgelegten Standards und Normen. Sie sind verpflichtet, die Umwelt zu schützen.

Artikel 56. Jeder Bürger hat ein Recht auf Schutz, wenn seine Rechte oder gesetzlich geschützten Interessen verletzt oder bedroht sind. Vor staatlichen Institutionen darf er mit einem Verteidiger auftreten.

Artikel 57. (1) Die Grundrechte der Bürger sind unabänderlich.

(2) Unzulässig ist ein Mißbrauch der Rechte wie auch ihrer Ausübung, wenn dadurch die Rechte oder gesetzlich geschützten Interessen anderer verletzt werden.

(3) Bei Kriegserklärung, Kriegszustand oder einem anderen Ausnahmezustand kann die Ausübung einzelner Rechte der Bürger vorübergehend durch Gesetz eingeschränkt werden mit Ausnahme der in den Artikeln 28, 29, 31 Absatz 1, 2 und 3, Artikel 32 Absatz 1 und Artikel 37 vorgesehenen Rechte.

Artikel 58. (1) Die Bürger sind verpflichtet, die Verfassung und die Gesetze zu wahren und zu befolgen. Sie sind verpflichtet, die Rechte und die gesetzlich geschützten Interessen anderer zu respektieren.

(2) Die religiösen und die anderen Überzeugungen sind kein Grund, die in der Verfassung und den Gesetzen festgelegten Pflichten nicht zu befolgen.

Artikel 59. (1) Die Verteidigung des Vaterlands ist jedem bulgarischen Bürger Pflicht und Ehre. Hoch- und Landesverrat gehören zu den schwersten Verbrechen und werden mit der ganzen Strenge des Gesetzes bestraft.

(2) Die Erfüllung der Wehrpflicht, die Voraussetzungen und das Verfahren zur Freistellung davon oder zu ihrer Ablösung durch einen Ersatzdienst werden durch Gesetz geregelt.

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 erhielt der Artikel 59 Abs. 2 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 folgende Fassung:
"(2) Die Wehrpflicht zur Verteidigung des Landes wird durch Gesetz geregelt."

Artikel 60. (1) Die Bürger sind verpflichtet, entsprechend ihrem Einkommen und Vermögen die gesetzlich festgelegten Steuern und Gebühren zu zahlen.

(2) Steuererleichterungen und -erschwerungen können nur durch Gesetz festgelegt werden.

Artikel 61. Die Bürger sind verpflichtet, dem Staat und der Gesellschaft bei Natur- und anderen Katastrophen unter den Voraussetzungen und gemäß dem Verfahren zu helfen, die gesetzlich festgelegt sind.

Kapitel 3. Die Nationalversammlung

Artikel 62. Die Nationalversammlung übt die gesetzgebende Gewalt und die parlamentarische Kontrolle aus.

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 erhielt der Artikel 62 folgende Fassung:
"Artikel 62. (1) Die Nationalversammlung übt die gesetzgebende Gewalt und die parlamentarische Kontrolle aus.
(2) Die Nationalversammlung verfügt über einen selbstständigen Haushalt."

Artikel 63. Die Nationalversammlung besteht aus 240 Abgeordneten.

Artikel 64. (1) Die Nationalversammlung wird für vier Jahre gewählt.

(2) Im Falle eines Krieges, des Kriegsrechts oder eines anderen Ausnahmezustands, die während oder nach Ablauf des Mandats der Nationalversammlung eingetreten sind, verlängert sich die Dauer ihres Mandats bis zum Wegfall dieser Umstände.

(3) Wahlen für eine neue Nationalversammlung werden spätestens binnen zwei Monaten nach Beendigung der Amtszeit der vorigen durchgeführt.

Artikel 65. (1) Zum Abgeordneten kann ein bulgarischer Staatsangehöriger gewählt werden, der keine andere Staatsangehörigkeit besitzt, das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, nicht entmündigt ist und keine Freiheitsstrafe verbüßt.

(2) Bewerber für die Wahl zum Abgeordneten, die im Staatsdienst beschäftigt sind, unterbrechen diese Tätigkeit nach ihrer Registrierung.

Artikel 66. Die Rechtmäßigkeit der Wahlen kann auf gesetzlich festgelegte Weise vor dem Verfassungsgericht angefochten werden.

Artikel 67. (1) Die Abgeordneten vertreten nicht nur ihre Wähler, sondern das ganze Volk. Die Bindung durch ein imperatives Mandat ist unwirksam.

(2) Die Abgeordneten handeln auf der Grundlage der Verfassung und der Gesetze in Übereinstimmung mit ihrem Gewissen und ihren Überzeugungen.

Artikel 68. (1) Die Abgeordneten dürfen keine andere staatliche oder eine andere Tätigkeit ausüben, die nach dem Gesetz mit der Stellung eines Abgeordneten unvereinbar ist.

(2) Ein zum Minister gewählter Abgeordneter unterbricht sein Mandat während der Zeit, in der er Minister ist. In diesem Fall wird auf er auf die gesetzliche festgelegte Weise ersetzt.

Artikel 69. Die Abgeordneten tragen keine Verantwortung für ihre in der Nationalversammlung geäußerten Meinungen und Abstimmungen.

Artikel 70. Die Abgeordneten dürfen nicht festgenommen und gegen sie darf keine Strafverfolgung eingeleitet werden außer für schwere Straftaten, und nur mit Zustimmung der Nationalversammlung, wenn diese jedoch nicht tagt, des Vorsitzenden der Nationalversammlung. Die Zustimmung zur Festnahme ist nicht erforderlich, wenn ein Abgeordneter bei Begehung einer schweren Straftat festgenommen wird, jedoch ist in einem solchen Fall die Nationalversammlung, wenn sie nicht tagt, der Vorsitzende der Nationalversammlung unverzüglich zu benachrichtigen.

Durch Gesetz vom 31. März 2006 erhielt der Artikel 70 folgende Fassung:
"Artikel 70. (1) Die Abgeordneten dürfen nicht festgenommen und gegen sie darf keine Strafverfolgung eingeleitet werden außer für schwere Straftaten, und nur mit Zustimmung der Nationalversammlung, wenn diese jedoch nicht tagt, des Vorsitzenden der Nationalversammlung. Die Zustimmung zur Festnahme ist nicht erforderlich, wenn ein Abgeordneter bei Begehung einer schweren Straftat festgenommen wird, jedoch ist in einem solchen Fall die Nationalversammlung, wenn sie nicht tagt, der Vorsitzende der Nationalversammlung unverzüglich zu benachrichtigen.
(2) Einer solchen Erlaubnis zur Einleitung strafrechtlicher Verfolgung bedarf es immer dann nicht, wenn das Mitglied der Nationalversammlung seine schriftliche Einwilligung hierzu erteilt hat."

Artikel 71. Die Abgeordneten erhalten Diäten, deren Höhe von der Volksversammlung festgelegt wird.

Artikel 72. (1) Das Mandat des Abgeordneten endet vorzeitig bei:
1. Einreichung des Rücktritts bei der Nationalversammlung;
2. Inkrafttreten eines Urteils, mit dem er mit einer Freiheitsstrafe für eine vorsätzliche Straftat bestraft wird oder wenn der Vollzug der Freiheitsstrafe nicht ausgesetzt wird;
3. Feststellung der Nichtwählbarkeit oder Inkompatibilität;
4. Tod.

(2) In den Fällen der Ziffern 1 und 2 wird die Entscheidung von der Nationalversammlung, in den Fällen der Ziffer 3 vom Verfassungsgericht getroffen.

Artikel 73. Die Organisation und die Tätigkeit der Nationalversammlung erfolgen auf der Grundlage der Verfassung und einer von ihr verabschiedeten Geschäftsordnung.

Artikel 74. Die Nationalversammlung ist ein ständig tätiges Organ. Sie selbst setzt die Zeit fest, in der sie nicht tagt.

Artikel 75. Die neu gewählte Nationalversammlung wird nicht später als einen Monat nach der Wahl der Nationalversammlung vom Präsidenten der Republik zu ihrer ersten Sitzung einberufen. Beruft der Präsident die Nationalversammlung nicht innerhalb dieser Frist ein, wird sie von einem Fünftel der Abgeordneten einberufen.

Artikel 76. (1) Die erste Sitzung der Nationalversammlung wird vom ältesten anwesenden Abgeordneten eröffnet.

(2) Auf der ersten Sitzung leisten die Abgeordneten den folgenden Eid:
“Ich schwöre im Namen der Republik Bulgarien, die Verfassung und die Gesetze des Landes zu achten und mich bei allgemeinen Handlungen von den Interessen des Volkes leiten zu lassen. Ich schwöre es.“

(3) Auf derselben Sitzung der Nationalversammlung werden der Vorsitzende und die stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Artikel 77. (1) Der Vorsitzende der Nationalversammlung:
1. vertritt die Nationalversammlung;
2. schlägt einen Tagesordnungsentwurf für die Sitzungen vor;
3. eröffnet, leitet und schließt die Sitzungen der Nationalversammlung und sorgt für Ordnung bei ihrem Ablauf;
4. bestätigt durch seine Unterschrift den Inhalt der von der Nationalversammlung verabschiedeten Akte;
5. verkündet die von der Nationalversammlung verabschiedeten Beschlüsse, Deklarationen und Aufrufe;
6. organisiert die internationalen Beziehungen der Nationalversammlung.

(2) Die stellvertretenden Vorsitzenden unterstützen den Vorsitzenden und führen die ihnen von ihm aufgetragenen Tätigkeiten aus.

Artikel 78. Die Nationalversammlung wird vom Vorsitzenden der Nationalversammlung einberufen:
1. auf dessen Initiative;
2. auf Antrag eines Fünftels der Abgeordneten;
3. auf Antrag der Präsidenten;
4. auf Antrag des Ministerrats.

Artikel 79. (1) Die Nationalversammlung wählt aus ihrer Mitte ständige und Sonderausschüsse.

(2) Die ständigen Ausschüsse unterstützen die Tätigkeit der Nationalversammlung und üben in ihrem Namen parlamentarische Kontrolle aus.

(3) Sonderausschüsse werden für Untersuchungen und Enqueten gewählt.

Artikel 80. Amtspersonen und Bürger sind verpflichtet, auf Vorladung vor den parlamentarischen Ausschüssen zu erscheinen und ihnen die von ihnen verlangten Auskünfte und Dokumente zu geben.

Artikel 81. (1) Die Nationalversammlung darf tagen und ihre Akte verabschieden, wenn mehr als die Hälfte der Abgeordneten anwesend sind.

(2) Die Nationalversammlung verabschiedet die Gesetze und andere Akte mit einer Mehrheit von mehr als der Hälfte der anwesenden Abgeordneten, außer wenn die Verfassung eine andere Mehrheit verlangt.

(3) Die Abstimmung ist persönlich und offen, außer wenn die Verfassung geheime Abstimmung vorsieht oder die Nationalversammlung dies beschließt.

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 erhielt der Artikel 81 Abs. 1 folgende Fassung:
"(1) Die Nationalversammlung darf ihre Sitzungen eröffnen und ihre Akte verabschieden, wenn mehr als die Hälfte der Abgeordneten anwesend sind."

Artikel 82. Die Sitzungen der Nationalversammlung sind öffentlich. Ausnahmsweise kann die Nationalversammlung beschließen, daß einzelne Sitzungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit erfolgen.

Artikel 83. (1) Die Mitglieder des Ministerrats dürfen an den Sitzungen der Nationalversammlung und der parlamentarischen Ausschüsse teilnehmen. Auf ihren Antrag werden sie mit Vorrang gehört.

(2) Die Nationalversammlung und die parlamentarischen Ausschüsse können die Minister verpflichten, auf ihren Sitzungen zu erscheinen und Fragen zu beantworten.

Artikel 84. Die Nationalversammlung
1. verabschiedet, ändert, ergänzt und hebt die Gesetze auf;
2. verabschiedet den Haushalt und den Rechenschaftsbericht über seine Ausführung;
3. setzt die Steuer fest und  bestimmt ihre Höhe;
4. beraumt Wahlen für den Präsidenten der Republik an;
5. beschließt die Durchführung eines nationalen Referendums;
6. wählt und entläßt den Ministerpräsidenten und auf seinen Vorschlag den Ministerrat; nimmt auf Vorschlag des Ministerpräsidenten Änderungen in der Regierung vor;
7. bildet, ändert und löst Ministerien auf Vorschlag des Ministerpräsidenten auf;
8. wählt und entläßt die Leiter der Bulgarischen Nationalbank und anderer durch Gesetz bestimmter Institutionen;
9. gibt seine Zustimmung zum Abschluß von Verträgen über staatliche Anleihen;
10. entscheidet über Kriegserklärung und Friedensschluß;
11. erteilt die Erlaubnis für die Entsendung und den Einsatz bulgarischer Streitkräfte im Ausland sowie für den Aufenthalt fremder Truppen auf dem Territorium des Landes oder ihren Durchmarsch durch das Land;
12. erklärt auf Vorschlag des Präsidenten oder des Ministerrats den Kriegszustand oder einen anderen Ausnahmezustand über das ganze Territorium des Landes oder über einen Teil davon;
13. erläßt eine Amnestie;
14. verleiht Orden und Medaillen;
15. legt offizielle Feiertage fest.

Durch Gesetz vom 31. März 2006 wurde dem Artikel 84 folgende Ziffer angefügt:
"16.
ursprüngliche Fassung unbekannt."

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 wurde der Artikel 84 wie folgt geändert:
- die Ziffer 3 erhielt folgende Fassung:
"3. erhebt Steuern und bestimmt die Höhe der staatlichen Steuern;"
- die Ziffer 16 erhielt folgende Fassung:
"16. nimmt die jährlichen Berichte des Obersten Kassationsgerichts, des Obersten Verwaltungsgerichts und des Generalstaatsanwalts entgegen, die vom Obersten Justizrat in Übereinstimmung mit dem Gesetz die Tätigkeit der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und der Untersuchungsbehörden vorgelegt werden und hört die Gerichte an."
- folgende Ziffer wurde angefügt:
"17. nimmt die Tätigkeitsberichte der Einrichtungen an, die ganz oder teilweise von der Nationalversammlung ernannt werden und hört diese an, sofern ein Gesetz dieses vorschreibt."

Artikel 85. (1) Die Nationalversammlung ratifiziert und kündigt durch Gesetz die völkerrechtlichen Verträge, die:
1. politischen oder militärischen Charakter haben;
2. sich auf die Beteiligung der Republik Bulgarien an internationalen Organisationen beziehen;
3. Korrekturen der Grenzen der Republik Bulgarien vorsehen;
4. finanzielle Verpflichtungen des Staates enthalten;
5. die Teilnahme des Staates an einer Arbitrage oder gerichtlichen Regelung internationaler Streitigkeiten vorsieht;
6. sich auf die Grundrechte des Menschen beziehen;
7. sich auf die Wirkung eines Gesetzes oder Maßnahmen gesetzgeberischen Charakters zu ihrer Durchführung erfordern;
8. ausdrücklich eine Ratifizierung erfordern.

(2) Die von der Nationalversammlung ratifizierten Verträge können nur auf eine Weise geändert oder gekündigt werden, die in den Verträgen selbst angegeben sind, oder in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts.

(3) Dem Abschluß von völkerrechtlichen Verträgen, die eine Änderung der Verfassung erfordern, muß eine Verabschiedung dieser Änderungen vorangehen.

Durch Gesetz vom 25. Februar 2005 wurde der Artikel 85 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 (Beitritt zur Europäischen Union) wie folgt geändert:
- dem Abs. 1 wurde folgende Ziffer angefügt:
"9. in Übereinstimmung mit dieser Verfassung der Europäischen Union Zuständigkeiten übertragen."
- nach dem Absatz 1 wurde folgender Absatz eingefügt:
"(2) Das Gesetz, welche einen völkerrechtlichen Vertrag gemäß Absatz 1 Ziffer 9 ratifiziert, wird mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitglieder der Nationalversammlung angenommen."
- die bisherigen Absätze 2 und 3 wurden zu den Absätzen 3 und 4.

Artikel 86. (1) Die Nationalversammlung verabschiedet Gesetze, Beschlüsse, Deklarationen und Aufrufe.

(2) Die Gesetze und Beschlüsse der Nationalversammlung sind für alle staatlichen Behörden, Organisationen und die Bürger verbindlich.

Artikel 87. (1) Das Recht der Gesetzesinitiative hat jeder Abgeordnete und der Ministerrat.

(2) Der Gesetzesentwurf für den Staatshaushalt wird vom Ministerrat vorbereitet und eingebracht.

Artikel 88. (1) Die Gesetze werden in zwei Lesungen, welche in getrennten Sitzungen stattfinden, erörtert und verabschiedet. Ausnahmsweise kann die Nationalversammlung beschließen, daß die beiden Lesungen in derselben Sitzung stattfinden.

(2) Die anderen Akte der Nationalversammlung werden in einer Lesung verabschiedet.

(3) Die verabschiedeten Akte werden nicht später als 15 Tage nach ihrer Verabschiedung im Gesetzblatt („Därzaven Vestnik“) verkündet.

Artikel 89. (1) Ein Fünftel der Abgeordneten kann in der Nationalversammlung einen Antrag auf ein Mißtrauensvotum gegen den Ministerrat einbringen. Die Vorlage ist angenommen, wenn für ihn mehr als die Hälfte aller Abgeordneten gestimmt hat.

(2) Wenn die Nationalversammlung dem Ministerpräsidenten oder dem Ministerrat das Mißtrauen ausspricht, reicht der Ministerpräsident den Rücktritt der Regierung ein.

(3) Wenn die Nationalversammlung den Antrag auf Abstimmung über ein Mißtrauensvotum gegen den Ministerrat zurückweist, darf ein neuer Mißtrauensantrag mit derselben Begründung in den folgenden sechs Monaten nicht eingebracht werden.

Artikel 90. (1) Die Abgeordneten haben das Recht, Fragen oder Anfragen an den Ministerrat oder einzelne Minister zu richten, die zur Antwort verpflichtet sind.

(2) Auf Vorschlag eines Fünftels der Abgeordneten wird über die Anfrage debattiert und eine Entschließung gefaßt.

Artikel 91. (1) Die Nationalversammlung wählt einen Rechnungshof, der die Kontrolle über die Ausführung des Haushalts ausübt.

(2) Die Organisation, die Befugnisse und die Tätigkeitsweise des Rechnungshofs werden durch Gesetz geregelt.

Durch Gesetz vom 31. März 2006 wurde an dieser Stelle folgender Artikel eingefügt:
"Artikel 91a. (1) Die Nationalversammlung wählt einen Ombudsman zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der Bürger.
(2) Die Zuständigkeiten und Befugnisse des Ombudsmannes werden durch Gesetz geregelt."

Kapitel 4. Der Präsident der Republik

Artikel 92. (1) Der Präsident ist Staatsoberhaupt. Er verkörpert die Einheit der Nation und vertritt die Republik Bulgarien in den internationalen Beziehungen.

(2) Der Präsident wird in seiner Tätigkeit von einem Vizepräsidenten unterstützt.

Artikel 93. (1) Der Präsident wird direkt von den Wählern auf fünf Jahre nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren gewählt.

(2) Zum Präsidenten kann gewählt werden, wer bulgarischer Staatsangehöriger von Geburt ist, das vierzigste Lebensjahr vollendet hat, die Voraussetzungen für die Wahl eines Abgeordneten erfüllt und die letzten fünf Jahre im Lande gelebt hat.

(3) Gewählt ist der Bewerber, der mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erhalten hat, wenn an der Wahl mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten teilgenommen hat.

(4) Ist keiner der Bewerber gewählt, findet innerhalb von sieben Tagen eine neue Wahl statt, an der die zwei Bewerber teilnehmen, welche die meisten Stimmen erhalten haben. Gewählt ist der Bewerber, der mehr Stimmen erhalten hat als der andere.

(5) Die Wahl eines neuen Präsidenten findet nicht eher als drei Monate und nicht später als zwei Monate nach dem Ablauf des Mandats des amtierenden Präsidenten statt.

(6) Streitigkeiten über die Gesetzmäßigkeit der Wahl eines Präsidenten werden vom Verfassungsgericht innerhalb eines Monats nach den Wahlen entschieden.

Artikel 94. Der Vizepräsident wird gleichzeitig und in einer Liste mit dem Präsidenten unter den Voraussetzungen nach dem Verfahren der Präsidentenwahl gewählt.

Artikel 95. (1) Der Präsident und der Vizepräsident können in dasselbe Amt nur für ein weiteres Mandat wiedergewählt werden.

(2) Der Präsident und der Vizepräsident dürfen keine Abgeordneten sein, keine anderen staatlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben und nicht an der Leitung von politischen Parteien teilnehmen.

Artikel 96. Der Präsident und der Vizepräsident legen vor der Nationalversammlung den Eid nach Artikel 76 Absatz 2 ab.

Artikel 97. Die Befugnisse des Präsidenten und des Vizepräsidenten enden vorzeitig bei:
1. Einreichung des Rücktritts vor dem Verfassungsgericht;
2. dauernder Unmöglichkeit zur Ausübung seiner Befugnisse wegen einer schweren Erkrankung;
3. unter den Voraussetzungen des Artikel 103;
4. Tod.

Artikel 98. Der Präsident der Republik:
1. beraumt Wahlen für Nationalversammlung und für die Organe der örtlichen Selbstverwaltung an und setzt ein Datum für die Abhaltung eines nationalen Referendums fest, wenn dafür ein Beschluß der Nationalversammlung vorliegt;
2. richtet Ansprachen an das Volk und die Nationalversammlung;
3. schließt in den gesetzlich vorgesehen Fällen völkerrechtliche Verträge ab;
4. verkündet die Gesetze;
5. legt auf Vorschlag des Ministerrats Änderungen der Grenzen und der Zentren der territorialen Verwaltungseinheiten fest;
6. ernennt und entläßt die Leiter der diplomatischen Vertretungen und der ständigen Vertretungen der Republik Bulgarien bei den internationalen Organisationen auf Vorschlag des Ministerrats und nimmt die Beglaubigungs- und Abberufungsschreiben der ausländischen diplomatischen Vertreter entgegen;
7. ernennt und entläßt auch andere, durch Gesetz bestimmte staatliche Bedienstete;
8. verleiht Orden und Medaillen;
9. verleiht die bulgarische Staatsangehörigkeit, stellt sie wieder her, entläßt aus ihr und erkennt sie ab;
10. gewährt Asyl;
11. übt das Begnadigungsrecht aus;
12. erläßt nichtbeitreibbare Staatsschulden;
13. verleiht Objekten von nationaler Bedeutung und Gemeinden Namen;
14. informiert die Nationalversammlung über grundsätzliche Fragen aus dem Bereich seiner Kompetenzen.

Artikel 99. (1) Nach Konsultationen mit den Fraktionen beauftragt der Präsident einen von der zahlenmäßig stärksten Fraktion benannten Bewerber für das Amt des Ministerpräsidenten mit der Bildung der Regierung.

(2) Wenn es dem Bewerber für das Amt des Ministerpräsidenten innerhalb von sieben Tagen nicht gelingt, einen Regierung zu bilden, beauftragt der Präsident einen von der zahlenmäßig zweitstärksten Fraktion benannten Bewerber für das Amt des Ministerpräsidenten.

(3) Wird auch in diesem Falle keine Regierung vorgeschlagen, beauftragt der Präsident innerhalb der Frist des vorigen Absatzes irgendeine der weiteren Fraktionen, einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten zu benennen.

(4) Wird das Sondierungsmandat erfolgreich beendet, schlägt der Präsident der Nationalversammlung vor, den Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten zu wählen.

(5) Wird kein Einvernehmen über die Bildung einer Regierung erzielt, ernennt der Präsident eine geschäftsführende Regierung, löst die Nationalversammlung auf und beraumt Neuwahlen innerhalb der Frist des Artikel 64 Absatz 3 an. Der Akt, mit dem der Präsident die Nationalversammlung auflöst, legt auch das Datum der Wahlen für die neue Nationalversammlung fest.

(6) Das Verfahren für die Bildung einer Regierung nach den vorangehenden Absätzen wird auch in den Fällen des Artikel 111 Absatz 2 angewandt.

(7) In den Fällen der Absätze 5 und 6 darf der Präsident die Nationalversammlung in den letzten drei Monaten seiner Amtszeit nicht auflösen. Kann das Parlament in dieser Frist keine Regierung bilden, ernennt der Präsident eine geschäftsführende Regierung.

Artikel 100. (1) Der Präsident ist der oberste Befehlshaber der Streitkräfte der Republik Bulgarien.

(2) Der Präsident ernennt und entläßt die Mitglieder des Oberkommandos der Streitkräfte und verleiht die höchsten militärischen Dienstgrade auf Vorschlag des Ministerrats.

(3) Der Präsident ist Vorsitzender des Konsultativrats für Nationale Sicherheit, dessen Statut durch Gesetz bestimmt wird.

(4) Der Präsident verkündet in Übereinstimmung mit dem Gesetz auf Vorschlag des Ministerrats die allgemeine oder teilweise Mobilmachung.

(5) Der Präsident verhängt bei einem bewaffneten Überfall gegen das Land oder bei der Notwendigkeit einer unaufschiebbaren Erfüllung internationaler Verpflichtungen den Kriegszustand, das Kriegsrecht oder einen anderen Ausnahmezustand, wenn die Nationalversammlung nicht tagt. In diesem Fällen wird sie unverzüglich einberufen, um über diese Entscheidung zu beschließen.

Artikel 101. (1) Innerhalb der Frist des Artikel 88 Absatz 3 kann der Präsident das Gesetz mit einer Begründung an die Nationalversammlung zur erneuten Beratung zurückverweisen, die ihm nicht verweigert werden kann.

(2) Die Nationalversammlung verabschiedet das Gesetz erneut mit einer Mehrheit von mehr als der Hälfte aller Abgeordneter.

(3) Das von der Nationalversammlung erneut verabschiedete Gesetz wird innerhalb von sieben Tagen nach seinem Erhalt vom Präsidenten verkündet.

Artikel 102. (1) In Erfüllung seiner Kompetenzen erläßt der Präsident Erlasse, Aufrufe und Botschaften.

(2) Die Erlasse werden vom Ministerpräsidenten oder dem entsprechenden Minister gegengezeichnet.

(3) Einer Gegenzeichnung unterliegen nicht die Erlasse des Präsidenten, mit denen er:
1. eine geschäftsführende Regierung ernennt;
2. ein Sondierungsmandat zur Regierungsbildung überträgt;
3. die Nationalversammlung auflöst;
4. ein von der Nationalversammlung verabschiedetes Gesetz zur erneuten Beratung zurückverweist;
5. die Organisation und die Tätigkeit der Dienste beim Präsidenten festlegt und das Personal ernennt;
6. Wahlen und Referenden anberaumt;
7. die Gesetze verkündet.

Artikel 103. (1) Der Präsident und der Vizepräsident sind für ihre in Ausübung ihrer Funktionen begangenen Handlungen nicht verantwortlich, ausgenommen bei Hochverrat und Verstoß gegen die Verfassung.

(2) Die Anklage wird auf Vorschlag wenigstens eines Viertels der Abgeordneten erhoben und wird von der Nationalversammlung unterstützt, wenn wenigstens zwei Drittel der Abgeordneten dafür gestimmt haben.

(3) Das Verfassungsgericht behandelt die Anklage gegen den Präsidenten oder den Vizepräsidenten innerhalb eines Monats nach Erhebung der Anklage. Wird festgestellt, daß der Präsident oder der Vizepräsident Hochverrat begangen oder die Verfassung verletzt haben, so wird ihr Mandat beendet.

(4) Der Präsident und der Vizepräsident dürfen nicht festgenommen werden und gegen sie darf keine strafrechtliche Ermittlung eingeleitet werden.

Artikel 104. Der Präsident kann dem Vizepräsidenten seine Befugnisse nach Artikel 98 Ziffer 7, 9, 10 und 11 übertragen.

Kapitel 5. Der Ministerrat

Artikel 105. (1) Der Ministerrat leitet und verwirklicht die Innen- und Außenpolitik des Landes in Übereinstimmung mit der Verfassung und den Gesetzen.

(2) Der Ministerrat garantiert die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit und übt die allgemeine Leitung der staatlichen Verwaltung und der Streitkräfte aus.

Durch Gesetz vom 25. Februar 2005 wurden dem Artikel 105 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 (Beitritt zur Europäischen Union) folgende Absätze angefügt:
"(3) Der Ministerrat informiert die Nationalversammlung in allen Angelegenheiten, welche die Verpflichtungen der Republik Bulgarien als Mitgliedsstaat der Europäischen Union berühren.
(4) Bei einer Beteiligung an der Ausarbeitung oder Annahme eines Entwurfs zur Rechtsetzung der Europäischen Union unterrichtet der Ministerrat die Nationalversammlung im voraus und erläutert detailliert den Entwurf und seine Auswirkungen."

Artikel 106. Der Ministerrat leitet die Ausführung des Staatshaushalts; er ist für die Bewirtschaftung des staatlichen Eigentums zuständig; er schließt völkerrechtliche Verträge in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen, setzt sie durch und kündigt sie.

Artikel 107. Der Ministerrat hebt gesetzwidrige oder fehlerhafte Akte der Minister auf.

Artikel 108. (1) Der Ministerrat besteht aus einem Ministerpräsidenten, stellvertretenden Ministerpräsidenten und Ministern.

(2) Der Ministerpräsident leitet und koordiniert die allgemeine Politik der Regierung und trägt die Verantwortung dafür. Er ernennt und entläßt die stellvertretenden Minister.

(3) Die Minister leiten einzelne Ministerien, außer wenn die Nationalversammlung etwas anderes beschließt. Sie sind für ihre Handlungen verantwortlich,

Artikel 109. Die Mitglieder des Ministerrats leisten vor der Nationalversammlung den Eid nach Artikel 76 Absatz 2.

Artikel 110. Mitglieder des Ministerrats können nur bulgarische Staatsangehörige sein, welche die Voraussetzungen für die Wahl von Abgeordneten erfüllen.

Artikel 111. (1) Das Mandat des Ministerrats endet:
1. mit einem Mißtrauensvotum gegen den Ministerrat oder gegen den Ministerpräsidenten;
2. mit der Annahme des Rücktritt des Ministerrats oder des Ministerpräsidenten;
3. bei Tod des Ministerpräsidenten.

(2) Der Ministerrat hat seinen Rücktritt bei der neugewählten Nationalversammlung einzureichen.

(3) In den Fällen der vorigen Absätze übt der Ministerrat seine Funktionen bis zur Wahl eines neuen Ministerrats aus.

Artikel 112. (1) Der Ministerrat kann die Nationalversammlung um das Vertrauen für seine gesamte Politik bitten, für sein Programm oder aus konkretem Anlaß. Der Beschluß wird mit der Mehrheit von mehr als der Hälfte der anwesenden Abgeordneten gefaßt.

(2) Erhält der Ministerrat das erbetene Vertrauen nicht, so reicht der Ministerpräsident den Rücktritt der Regierung ein.

Artikel 113. (1) Die Mitglieder des Ministerrats dürfen keine Ämter einnehmen und keine Tätigkeiten ausführen, die mit der Stellung eines Abgeordneten nicht vereinbar sind.

(2) Die Nationalversammlung kann auch andere Ämter und Tätigkeiten bestimmen, welche die Mitglieder des Ministerrats nicht einnehmen oder ausüben dürfen.

Artikel 114. Auf Grundlage und in Ausführung der Gesetze erläßt der Ministerrat Verordnungen, Verfügungen und Beschlüsse. Durch Verordnungen verabschiedet der Ministerrat auch Pravilnici und Naredbi.

Artikel 115. Die Minister erlassen Pravilnici, Naredbi, Instrukcij und Zapovedi.

Artikel 116. (1) Die Staatsbeamten sind die Vollstrecker des Willens und der Interessen der Nation. Bei der Ausübung ihres Dienstes müssen sie sich ausschließlich vom Gesetz leiten lassen und politisch neutral sein.

(2) Die Voraussetzungen, unter denen die Beamten ernannt und entlassen werden und einer politischen Partei und Gewerkschaften beitreten sowie ihr Streikrecht ausüben dürfen, werden durch Gesetz geregelt.

Kapitel 6. Die Justiz

Artikel 117. (1) Die Justiz schützt die Rechte und die gesetzlich geschützten Interessen der Bürger, der juristischen Personen und des Staates.

(2) Die Justiz ist unabhängig. Bei der Ausübung ihrer Funktionen sind die Richter, Schöffen, Staatsanwälte und die Untersuchungsbeamten allein dem Gesetz unterworfen.

(3) Die Justiz hat ein eigenes Budget.

Artikel 118. Die Rechtsprechung erfolgt im Namen des Volkes.

Artikel 119. (1) Recht wird vom Obersten Kassationsgericht, vom Obersten Verwaltungsgericht, den Appellations-, Bezirks-, Militär- und Kreisgerichten gesprochen.

(2) Durch Gesetz können auch Spezialgerichte geschaffen werden.

(3) Sondergerichte sind unzulässig.

Artikel 120. (1) Die Gerichte üben die Kontrolle über die Gesetzmäßigkeit der Akte und Handlungen der Verwaltungsorgane aus.

(2) Die Bürger und die juristischen Personen können alle sie belastenden Verwaltungsakte anfechten außer die ausdrücklich durch Gesetz festgelegten.

Artikel 121. (1) Die Gerichte gewährleisten die Waffengleichheit der Parteien im Gerichtsverfahren.

(2) Das Verfahren in der Sache gewährleistet die Feststellung der Wahrheit.

(3) Die Verhandlungen in allen Gerichten sind öffentlich, außer wenn das Gesetz etwas anderes vorsieht.

(4) Die Rechtsprechungsakte müssen begründet werden.

Artikel 122. (1) Die Bürger und die juristischen Personen haben ein Recht auf Verteidigung in allen Stadien des Verfahrens.

(2) Das Verfahren zur Ausübung des Rechts auf Verteidigung wird durch Gesetz festgelegt.

Artikel 123. In gesetzlich bestimmen Fällen nehmen auch Schöffen an der Rechtsprechung teil.

Artikel 124. Das Oberste Kassationsgericht übt die oberste gerichtliche Aufsicht über die genaue und gleiche Anwendung der Gesetze durch alle Gerichte aus.

Artikel 125. (1) Das Oberste Verwaltungsgericht übt die oberste gerichtliche Aufsicht über die genaue und gleiche Anwendung der Gesetze in der Verwaltungsrechtsprechung aus.

(2) Das Oberste Verwaltungsgericht entscheidet über Streitigkeiten über die Gesetzmäßigkeit von Akten des Ministerrats und der Minister sowie auch über andere, im Gesetz aufgezählte Akte.

Artikel 126. (1) Die Struktur der Staatsanwaltschaft entspricht derjenigen der Gerichte.

(2) Der Generalstaatsanwalt wacht über die Gesetzmäßigkeit der Tätigkeit aller Staatsanwälte und leitet sie dabei auf methodische Weise.

Artikel 127. Die Staatsanwaltschaft wacht über die Gesetzmäßigkeit, wobei sie
1. die Personen zur Rechenschaft zieht, die Straftaten begangen haben und die Anklage bei Offizialdelikten vertritt;
2. die Aufsicht über den Strafvollzug und andere Zwangsmaßnahmen ausübt;
3. Maßnahmen zur Aufhebung von ungesetzlichen Akten trifft;
4. sich in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen an zivilrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Verfahren beteiligt.

Durch Gesetz vom 31. März 2006 wurde der Artikel 127 wie folgt geändert:
- vor der Ziffer 1 wurden folgende Ziffern eingefügt:
"1. die Untersuchung führt und deren Rechtmäßigkeit überwacht;
2. das Vorverfahren leiten kann;"
- die bisherigen Ziffer 1 bis 4 wurden zu den Ziffern 3 bis 6.

Artikel 128. Die Untersuchungsbehörden sind Teil der Justiz. Sie führen das Vorverfahren in Strafsachen durch.

Durch Gesetz vom 31. März 2006 erhielt der Artikel 128 folgende Fassung:
"Artikel 128. Die Untersuchungsbehörden sind Teil der Justiz. Sie führen das Vorverfahren in Strafsachen durch, das durch Gesetz geregelt wird."

Artikel 129. (1) Die Richter, Staatsanwälte und die Untersuchungsbeamten werden vom Obersten Justizrat ernannt, befördert, herabgestuft, versetzt und entlassen.

(2) Der Vorsitzende des Obersten Kassationsgerichts, der Vorsitzende des Obersten Verwaltungsgerichts und der Generalstaatsanwalt werden auf Vorschlag des Obersten Justizrats für sieben Jahre ohne das Recht auf Wiederwahl vom Präsidenten der Republik ernannt und entlassen. Der Präsident darf die Ernennung oder Entlassung nicht verweigern, wenn der Vorschlag zum zweiten Mal gemacht wird.

(3) Die Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamten werden nach Ablauf einer dreijährigen Tätigkeit in dem von ihnen eingenommenen Amt unabsetzbar. Sie werden nur bei der Pensionierung, Antrag auf Entlassung, bei Inkrafttreten eines Urteils, mit dem eine Freiheitsstrafe für eine vorsätzliche Straftat verhängt wird sowie bei ständiger faktischer Unfähigkeit zur Ausübung ihrer Pflichten für mehr als ein Jahr entlassen.

Durch Gesetz vom 26. September 2003 wurde der Artikel 129 mit Wirkung vom 1. Januar 2004 wie folgt geändert:
- der Abs. 3 erhielt folgende Fassung:
"(3) Die Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamten werden nach Ablauf einer fünfjährigen Tätigkeit und mit der Bestätigung, die durch eine Entscheidung des Obersten Justizrates erfolgt, in dem von ihnen eingenommenen Amt unabsetzbar. Sie, sowie die in Abs. 2 genannten Personen, können nur aus ihrem Amt entlassen werden, bei
1. Vollendung ihres 65. Lebensjahrs;
2. Antrag auf Entlassung;
3. Inkrafttreten eines Urteils, mit dem eine Freiheitsstrafe für eine vorsätzliche Straftat verhängt wird;
4. ständiger faktischer Unfähigkeit zur Ausübung ihrer Pflichten für mehr als ein Jahr;
5. schweren Verfehlungen oder systematischer Vernachlässigung ihrer dienstlichen Verpflichtungen, soweit diese das Ansehen der Justiz untergraben. "
- folgende Absätze wurden angefügt:
"(4) In den Fällen der Entlassung nach Abs. 3 Ziffern 2 und 4, wird das Recht auf Unabsetzbarkeit auch dann wieder gewährt, wenn die einmal abgesetzte Person erneut zum Richter, Staatsanwalt oder Untersuchungsbeamter ernannt wird.
(5) Die Vorsitzenden der Gerichte, ausgenommen die in Absatz 2 genannten, werden auf 5 Jahre ernannt und können für eine zweite Amtszeit berufen werden."

Durch Gesetz vom 31. März 2006 wurde der Artikel 129 wie folgt geändert:
- nach dem Abs. 3 wurde folgender Absatz eingefügt:
"(4) Besteht nach Abs. 3 Ziffer 5 ein Grund zur Entlassung, kann der Vorsitzende des Obersten Kassationsgerichts, der Vorsitzende des Obersten Verwaltungsgerichts und der Generalstaatsanwalt auch auf Vorschlag eines Viertels der Mitglieder der Nationalversammlung mit Zustimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder der Nationalversammlung durch den Präsidenten der Republik entlassen werden. Der Präsident der Republik kann einen nochmaligen Vorschlag durch die Nationalversammlung auf Entlassung nicht ablehnen."
- die bisherigen Absätze 4 und 5 wurden zu den Absätzen 5 und 6.

Durch Urteil des Verfassungsgerichts Nr. 6/2006 wurde der Artikel 129 Abs. 4 für verfassungswidrig erklärt und aufgehoben (kann nur erfolgt sein, weil das Verfassungsgericht diese Änderung als Zuständigkeit der Großen Nationalversammlung erkannt hat, die Verfassungsänderung aber nur durch die gewöhnliche Nationalversammlung erfolgt ist).

Artikel 130. (1) Der Oberste Justizrat besteht aus 25 Mitgliedern. Der Vorsitzende des Obersten Kassationsgerichts, der Vorsitzende des Obersten Verwaltungsgerichts und der Generalsstaatsanwalt sind ex officio seine Mitglieder.

(2) Als Nicht-ex-officio-Mitglieder des Obersten Gerichts werden Juristen mit hohen beruflichen und moralischen Qualitäten gewählt, die eine wenigstens fünfzehnjährige juristische Berufserfahrung haben.

(3) Je elf Mitglieder des Obersten Justizrats werden von der Nationalversammlung und von den Justizorganen gewählt.

(4) Die Amtsdauer der gewählten Mitglieder des Obersten Justizrats beträgt fünf Jahre. Sie dürfen nicht unmittelbar nach Ablauf dieser Zeit wiedergewählt werden.

(5) Den Vorsitz über die Sitzungen des Obersten Justizrats führt der Justizminister. Er nimmt an den Abstimmungen nicht teil.

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 wurden dem Artikel 130 folgende Absätze angefügt:
"(6) Der Oberste Justizrat
1. ernennt, befördert, versetzt und entlässt die Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamte;
2. verhängt die Disziplinarstrafen wie "Herabstufung" oder "Entfernung aus dem Amt" gegen Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamte;
3. bestimmt die Voraussetzungen für Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsrichter;
4. legt einen Entwurf für den Haushalt des Justizwesens vor;
5. erlässt Bestimmungen über den Umfang und den Aufbau der jährlichen Berichte gemäß Artikel 84 Ziffer 16.
(7) Der Oberste Justizrat hält eine Anhörung über und verabschiedet die jährlichen Berichte des Obersten Kassationsgerichts, des Obersten Verwaltungsgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft über die Anwendung der Gesetze und über die Tätigkeit der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und der Untersuchungsbehörden und legt sie der Nationalversammlung vor.
(8) Die Amtszeit der gewählten Mitglieder des Obersten Justizrates endet außer dem zeitlichen Ablauf in folgenden Fällen:
1. Rücktritt;
2. endgültiges Gerichtsurteil über eine verübte Straftat;
3. ständige faktische Unfähigkeit zur Ausübung seiner/ihrer Pflichten für mehr als ein Jahr;
4. disziplinarische Entfernung aus dem Amt oder Aberkennung des Rechts auf Ausübung seines/ihres Berufes oder einer juristischen Tätigkeit.
(9) Im Falle der außerordentlichen Beendigung der Amtszeit eines gewählten Mitgliedes des Obersten Justizrates, wird von derjenigen Gruppe, die das ausgeschiedene Mitglied gewählt hat, eines neues Mitglied gewählt, deren Amtszeit nur bis zum ordentlichen Ablauf der Amtszeit des ausgeschiedenen Mitglieds währt."

Durch Gesetz vom 31. März 2006 wurde an dieser Stelle folgender Artikel eingefügt:
"Artikel 130a. Der Minister der Justiz
1. schlägt den Entwurf für den Haushalt des Justizwesens vor und legt ihn dem Obersten Justizrat zur Prüfung vor;
2. verwaltet das Eigentum des Justizwesens;
3. kann Vorschläge für die Ernennung, Beförderung, Herabstufung, Versetzung oder die Entlassung von Richtern, Staatsanwälten und Untersuchungsbeamten machen;
4. beteiligt sich an der Durchführung der Ausbildung von Richtern, Staatsanwälten und Untersuchungsbeamten;
5.
(Fassung unbekannt).

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 wurde der Artikel 130a Ziffer 5 aufgehoben.

Artikel 131. Die Entscheidungen des Obersten Justizrats über die Ernennung, Beförderung, Herabstufung, Versetzung und Entlassung von Richtern, Staatsanwälten und Untersuchungsbeamten sowie die Vorschläge, welche dieser nach Artikel 129 Absatz 2 macht, werden in geheimer Abstimmung gefaßt.

Durch Gesetz vom 26. September 2003 erhielt der Artikel 131 folgende Fassung:
"Artikel 131. Die Entscheidungen des Obersten Justizrates über die Ernennung, Beförderung, Herabstufung, Versetzung und Entlassung von Richtern, Staatsanwälten und Untersuchungsbeamten sowie über die Erlaubnis nach Artikel 132 Abs. 2 und 3, sowie die Vorschläge, welche dieser nach Artikel 129 Absatz 2 macht, werden in geheimer Abstimmung gefaßt.

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 wurden im Artikel 131 die Worte "sowie über die Erlaubnis nach Artikel 132 Abs. 2 und 3, " gestrichen. (Wiederherstellung des ursprünglichen Wortlautes).

Artikel 132. (1) Die Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamte genießen die Immunität von Parlamentsabgeordneten.

(2) In vom Gesetz bestimmten Fällen entscheidet der Oberste Justizrat über die Aufhebung der Immunität eines Richters, Staatsanwalts oder Untersuchungsbeamten.

Durch Gesetz vom 26. September 2003 erhielt der Artikel 132 folgende Fassung:
"Artikel 132. (1) Bei der Ausübung einer richterlichen Funktion unterstehen die Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamten keiner zivil- oder strafrechtlichen Verantwortung in Bezug auf ihre offiziellen oder anderen richterlichen Handlungen, es sei denn, es handelt sich um eine vorsätzliche strafbare Handlung.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 kann gegen einen Richter, Staatsanwalt oder Untersuchungsbeamten ohne die Zustimmung des Obersten Justizrates kein Verfahren eingeleitet werden.
(3) Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamte können ohne die Zustimmung des Obersten Justizrates nicht verhaftet werden, außer bei schweren Straftaten. Die Zustimmung des Obersten Justizrates ist nicht erforderlich bei der Ergreifung auf frischer Tat.
(4) Die Zustimmung nach den Absätzen 2 und 3 erfolgt entweder auf Grund eines begründeten Antrag des Generalstaatsanwalts oder auf Verlangen von mindestens einem Fünftel der Mitglieder des Obersten Justizrats."

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 wurde Artikel 132 Abs. 2, 3 und 4 aufgehoben.

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 wurde an dieser Stelle folgender Artikel eingefügt:
"Artikel 132a. (1) Beim Obersten Justizrat wird eine Kontrollbehörde, Inspektorat genannt, gebildet, das aus einem Chefinspektor und zehn Inspektoren besteht.
(2) Der Chefinspektor wird von der Nationalversammlung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt.
(3) Die Inspektoren werden von der Nationalversammlung für eine Amtszeit von vier Jahren nach dem Verfahren des Absatz 2 gewählt.
(4) Der Chefinspektor und die Inspektoren können wiedergewählt werden, aber für nicht mehr als zwei aufeinander folgende Perioden.
(5) Der Haushalt der Kontrollbehörde wird von der Nationalversammlung im Rahmen des Haushalts des Justizwesens angenommen.
(6) Die Kontrollbehörde beaufsichtigt die Tätigkeit der Justizbehörden, ohne die Unabhängigkeit der Richter, Assessoren, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu berühren. Der Chefinspektor und die Inspektoren sind unabhängig und unterliegen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nur dem Gesetz.
(7) Die Kontrollbehörde entscheidet auf Verlangen eines Bürgers, von juristischen Personen oder staatlichen Behörden einschließlich von Richtern, Staatsanwälten und Untersuchungsbeamten von Amts wegen.
(8) Die Kontrollbehörde legt dem Obersten Justizrat einen Jahresbericht über seine Tätigkeit vor.
(9) Die Kontrollbehörde gibt Anregungen, macht Vorschläge und übermittelt Berichte an andere staatliche Behörden, einschließlich von zuständigen Justizbehörden. Die Kontrollbehörde informiert die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit.
(10) Bedingungen und Verfahren der Wahl und der Abberufung des Chefinspektors und der Inspektoren sowie Organisation und Tätigkeit der Kontrollbehörde wird vom Gesetz bestimmt."

Artikel 133. Die Organisation und die Tätigkeit des Obersten Justizrats, der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und der Organe der Untersuchungsbehörden, der Status der Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamten, die Bedingungen und das Verfahren der Ernennung und Entlassung der Richter, Schöffen, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamten sowie die Durchsetzung ihrer Verantwortlichkeit werden durch Gesetz geregelt.

Artikel 134. (1) Die Rechtsanwaltschaft ist frei, unabhängig und sie verwaltet sich selbst. Sie hilft den Bürgern und den juristischen Personen beim Schutz ihrer Rechte und gesetzlich geschützten Interessen.

(2) Die Organisation und die Regelung der Tätigkeit der Anwälte werden durch Gesetz festgelegt.

Kapitel 7. Örtliche Selbstverwaltung und Örtliche Verwaltung

Artikel 135. (1) Das Staatsgebiet der Republik Bulgarien gliedert sich in Gemeinden und Gebiete. Die territoriale Gliederung und die Kompetenzen der haupstädtischen Gemeinde und der anderen großen Städte werden durch Gesetz geregelt.

(2) Andere territoriale Verwaltungseinheiten und ihre Selbstverwaltungsorgane können durch Gesetz geschaffen werden.

Artikel 136. (1) Die Gemeinde ist die grundlegende territoriale Verwaltungseinheit, in der die örtliche Selbstverwaltung verwirklicht wird. Die Bürger nehmen an der Verwaltung der Gemeinde teil sowohl durch die von ihnen gewählten Organe der örtlichen Selbstverwaltung als auch unmittelbar durch Referendum und allgemeine Einwohnerversammlung.

(2) Die Grenzen der Gemeinden werden nach einer Einwohnerbefragung festgelegt.

(3) Die Gemeinde ist eine juristische Person.

Artikel 137. (1) Die sich selbstverwaltenden territorialen Gemeinschaften können sich zur Lösung gemeinsamer Probleme zusammenschließen.

(2) Das Gesetz legt die Voraussetzungen für einen Zusammenschluß der Gemeinden fest.

Artikel 138. Das Organ der örtlichen Selbstverwaltung ist der Gemeinderat, der von den Bewohnern der entsprechenden Gemeinde für vier Jahr nach dem gesetzlich festgelegten Verfahren gewählt wird.

Artikel 139. (1) Das Organ der Exekutive in der Gemeinde ist der Bürgermeister. Er wird von den Bewohnern oder vom Gemeinderat für vier Jahre nach dem gesetzlich festgelegten Verfahren gewählt.

(2) In seiner Tätigkeit richtet sich der Bürgermeister nach dem Gesetz, den Akten des Gemeinderats und den Beschlüssen der Einwohner.

Artikel 140. Die Gemeinde hat ein Recht auf eigenes Eigentum, das sie im Interesse der territorialen Gemeinschaft nutzt.

Artikel 141. (1) Die Gemeinde hat ein eigenes Budget.

(2) Die ständigen Finanzquellen der Gemeinde werden durch Gesetz bestimmt.

(3) Durch Haushaltsmittel und auf andere Weise unterstützt der Staat die normale Tätigkeit der Gemeinde.

Durch Gesetz vom 6. Februar 2007 wurde der Artikel 141 wie folgt geändert:
- nach dem Abs. 2 wurden folgende Absätze eingefügt:
"(3) Der Gemeinderat legt die Höhe der örtlichen Steuern unter den Bedingungen und gemäß dem Verfahren und in dem Rahmen fest, den das Gesetz bestimmt.
(4) Der Gemeinderat setzt die Höhe der örtlichen Abgaben gemäß einem durch Gesetz festgelegten Verfahren fest."
- der bisherige Abs. 3 wurde Abs. 5.

Artikel 142. Das Gebiet ist eine territoriale Verwaltungseinheit zur Durchführung regionaler Politik, zur Verwirklichung staatlicher Verwaltung vor Ort und zur Sicherung der Übereinstimmung nationaler und örtlicher Interessen.

Artikel 143. (1) Die Gebietsverwaltung übt ein von der Gebietsverwaltung unterstützter Gebietsverwalter aus.

(2) Der Gebietsverwalter wird vom Ministerrat ernannt.

(3) Der Gebietsverwalter gewährleistet die Durchsetzung der staatlichen Politik, ist für den Schutz der nationalen Interessen, für die Einhaltung der Gesetze und der öffentlichen Ordnung verantwortlich und übt die Kontrolle über die Verwaltung aus.

Artikel 144. Die zentralen staatlichen Organe und ihre Vertreter vor Ort üben die Rechtsaufsicht über die Akte der Organe der örtlichen Selbstverwaltung nur aus, wenn dies durch Gesetz vorgesehen ist.

Artikel 145. Die Gemeinderäte können Akte und Handlungen, durch die ihre Rechte verletzt werden, vor Gericht anfechten.

Artikel 146. Die Organisation und die Tätigkeit der Organe der örtlichen Selbstverwaltung und der örtlichen Verwaltung werden durch Gesetz geregelt.

Kapitel 8. Das Verfassungsgericht

Artikel 147. (1) Das Verfassungsgericht besteht aus 12 Richtern, wovon ein Drittel von der Nationalversammlung gewählt, ein Drittel vom Präsidenten ernannt und ein Drittel auf der Allgemeinen Versammlung der Richter des Obersten Kassationsgerichts und des Obersten Verwaltungsgerichts gewählt wird.

(2) Die Amtsdauer der Richter des Verfassungsgerichts beträgt neun Jahre. Sie dürfen kein zweites Mal zu Verfassungsrichtern gewählt werden. Die Besetzung des Verfassungsgerichts wird alle drei Jahre in jeder Quote auf gesetzlich festgelegt Weise erneuert.

(3) Zu Richtern im Verfassungsgericht werden Juristen mit hohen beruflichen und moralischen Qualitäten mit wenigsten 15 Dienstjahren juristischer Berufstätigkeit gewählt.

(4) Die Richter des Verfassungsgerichts wählen in geheimer Wahl einen Gerichtspräsidenten für drei Jahre.

(5) Die Stellung eines Mitglieds des Verfassungsgerichts ist mit einem Mandat als Volksvertreter, mit der Übernahme eines staatlichen oder gesellschaftlichen Amtes, mit einer Mitgliedschaft in einer politischen Partei oder einer Gewerkschaft und mit der Ausübung einer freien, kommerziellen oder einer anderer bezahlten Berufstätigkeit unvereinbar.

(6) Die Mitglieder des Verfassungsgericht genießen die Immunität eines Abgeordneten.

Artikel 148. (1) Die Amtszeit eines Verfassungsrichters endet
1. mit Ablauf der festgelegten Frist;
2. mit Einreichung des Rücktritts beim Verfassungsgericht;
3. mit Rechtskraft eines Urteils, durch das eine Freiheitsstrafe für eine vorsätzliche Tat verhängt wurde;
4. bei faktischer, länger als ein Jahr dauernder Unmöglichkeit, seine Pflichten auszuüben;
5. bei Inkompatibilität mit Ämtern und Tätigkeiten nach Artikel 147 Absatz 5;
6. mit dem Tod.

(2) Das Verfassungsgericht entzieht die Immunität und stellt die faktische Unmöglichkeit der Richter, ihre Pflichten auszuüben, in geheimer Abstimmung mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln aller Richter fest.

(3) Bei Beendigung des Mandats eines Verfassungsrichters wählt das Verfassungsgericht binnen eines Monats einen anderen aus der entsprechenden Quote.

Artikel 149. (1) Das Verfassungsgericht:
1. erläßt bindende Interpretationen der Verfassung;
2. entscheidet auf Antrag über die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Gesetze und der anderen Akte der Nationalversammlung sowie über die Akte des Präsidenten;
3. entscheidet Streitigkeiten über die Zuständigkeit zwischen der Nationalversammlung, dem Präsidenten und dem Ministerrat sowie zwischen den Organen der örtlichen Selbstverwaltung und den Zentralbehörden;
4. entscheidet vor der Ratifizierung der von der Republik Bulgarien geschlossenen völkerrechtlichen Verträge über ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung sowie über die Vereinbarkeit der Gesetze und allgemein anerkannten Normen des Völkerrecht mit den völkerrechtlichen Verträgen, deren Vertragspartei Bulgarien ist;
5. entscheidet Streitigkeiten über die Verfassungsmäßigkeit von politischen Parteien und Vereinigungen;
6. entscheidet Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten;
7. entscheidet Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Wahl eines Abgeordneten;
8. entscheidet über Beschuldigungen, die von der Nationalversammlung gegen den Präsidenten und den Vizepräsidenten erhoben wurden.

(2) Durch Gesetz dürfen dem Verfassungsgericht keine Kompetenzen erteilt oder entzogen werden.

Artikel 150. (1) Das Verfassungsgericht wird auf Initiative von mindestens einem Fünftel der Abgeordneten, des Präsidenten, des Ministerrats, des Obersten Kassationsgerichts, des Obersten Verwaltungsgerichts und des Generalstaatsanwalts tätig. Rechtsstreitigkeiten über die Kompetenzen nach Absatz 1 Ziffer 3 des vorigen Artikels können auch von den Gemeinderäten eingeleitet werden.

(2) Stellt das Oberste Kassationsgericht oder das Oberste Verwaltungsgericht eine Unvereinbarkeit zwischen einem Gesetz und der Verfassung fest, setzen sie das Verfahren aus und legen die Frage dem Verfassungsgericht vor.

Durch Gesetz vom 31. März 2006 wurde dem Artikel 50 folgender Absatz angefügt:
"(3) Der Ombudsmann kann beim Verfassungsgericht Stellung beziehen in Bezug auf einen Antrag auf Erklärung der Verfassungswidrigkeit gegen ein Gesetz, das gegen die Menschenrechte und Grundfreiheiten verstoßen soll."

Artikel 151. (1) Das Verfassungsgericht trifft Entscheidungen mit einer Mehrheit von mehr als der Hälfte aller Richter.

(2) Die Entscheidungen des Verfassungsgerichts werden innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Annahme im Gesetzblatt veröffentlicht. Die Entscheidung tritt drei Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Der für verfassungswidrig erklärte Akt wird vom Tage des Eintritts des Rechtskraft der Entscheidung nicht mehr angewandt.

(3) Der Teil des Gesetzes, der für nicht verfassungswidrig erklärt wurde, behält seine Geltung.

Artikel 152. Die Organisation und das Verfahren vor dem Verfassungsgerichts wird durch Gesetz geregelt.

Kapitel 9. Änderung und Ergänzung der Verfassung. Annahme einer neuen Verfassung

Artikel 153. Die Nationalversammlung kann alle Vorschriften der Verfassung ändern oder ergänzen mit Ausnahme derjenigen, für welche die Große Nationalversammlung zuständig ist.

Artikel 154. (1) Das Recht der Initiative zur Änderung und Ergänzung der Verfassung steht einem Viertel der Abgeordneten und dem Präsidenten zu.

(2) Der Vorschlag wird von der Nationalversammlung nicht früher als einen Monat und nicht später als drei Monate nach Eingang geprüft.

Artikel 155. (1) Die Nationalversammlung verabschiedet ein Gesetz zur Änderung oder Ergänzung der Verfassung in drei Lesungen an verschiedenen Tagen mit einer Mehrheit von drei Vierteln aller Abgeordneten.

(2) Erhält die Vorlage weniger als drei Viertel, aber nicht weniger als zwei Drittel der Stimmen aller Abgeordneter, wird die Vorlage nicht früher als nach zwei Monaten und nicht später als nach fünf Monaten erneut eingebracht. Bei der erneuten parlamentarischen Erörterung wird die Vorlage angenommen, wenn für sie nicht weniger als zwei Drittel aller Abgeordneten stimmen.

Artikel 156. Das Gesetz zur Änderung oder Ergänzung der Verfassung wird vom Präsidenten der Nationalversammlung unterschrieben und binnen sieben Tagen nach seiner Verabschiedung im Gesetzblatt („Darzaven Vestnik“) verkündet.

Artikel 157. Die Große Nationalversammlung besteht aus 400 Abgeordneten, die im üblichen Verfahren gewählt werden.

Artikel 158. Die Große Nationalversammlung:
1. verabschiedet eine neue Verfassung;
2. entscheidet die Frage einer Änderung des Territoriums der Republik Bulgarien und ratifiziert völkerrechtliche Verträge, die derartige Änderungen vorsehen;
3. entscheidet die Fragen von Änderungen des Staatsaufbaus und der staatlichen Verwaltung;
4. entscheidet die Fragen einer Änderung der Artikel 5 Absatz 2 und 4 und Artikel 57 Absatz 1 und 3 der Verfassung;
5. entscheidet die Fragen einer Änderung und Ergänzung des neunten Kapitels der Verfassung.

Artikel 159. (1) Das lnitiativrecht nach dem vorigen Artikel haben mindestens die Hälfte der Abgeordneten und der Präsident.

(2) Der Entwurf einer neuen Verfassung oder einer Änderung der geltenden sowie von Änderungen des Territoriums des Landes nach Artikel 158 wird von der Nationalversammlung nicht eher als zwei Monate und nicht später als fünf Monate nach seiner Einbringung behandelt.

Artikel 160. (1) Die Nationalversammlung entscheidet mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Abgeordneten über die Abhaltung von Wahlen für eine Große Nationalversammlung.

(2) Der Präsident beraumt innerhalb von drei Monaten nach der Entscheidung der Nationalversammlung Wahlen für eine Große Nationalversammlung an.

(3) Mit der Durchführung der Wahlen für eine Große Nationalversammlung enden die Befugnisse der Nationalversammlung.

Artikel 161. Die Große Nationalversammlung entscheidet über die eingebrachten Vorlagen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Abgeordneten in drei Lesungen an verschiedenen Tagen.

Artikel 162. (1) Die Große Nationalversammlung entscheidet nur die Fragen der Verfassung für die sie gewählt wurde.

(2) In unaufschiebbaren Fällen übt die Große Nationalversammlung die Funktionen auch einer Nationalversammlung aus.

(3) Die Befugnisse der Großen Nationalversammlung enden, nachdem sie abschließend die Fragen entschieden hat, für die sie gewählt worden war. In diesen Fällen beraumt der Präsident Wahlen nach dem gesetzlich geregelten Verfahren an.

Artikel 163. Die Akte der Großen Nationalversammlung werden von ihrem Vorsitzenden binnen sieben Tagen nach ihrer Verabschiedung unterschrieben und verkündet.

Kapitel 10. Wappen, Siegel, Flagge, Hymne und Hauptstadt

Artikel 164. Das Wappen der Republik Bulgarien zeigt einen aufrechtstehenden goldenen Löwen in einem dunkelroten Feld in der Form eines Schildes.

Artikel 165. Auf dem Staatssiegel ist das Wappen der Republik Bulgarien abgebildet.

Artikel 166. Die Flagge der Republik Bulgarien ist dreifarbig: weiß, grün und rot, horizontal von oben nach unten angeordnet.

Artikel 167. Die Art und Weise, in der das Siegel angebracht und die Fahne gehißt wird, wird durch Gesetz bestimmt.

Artikel 168. Die Hymne der Republik Bulgarien ist das Lied 'Liebe Heimat‘.

Artikel 169. Hauptstadt der Republik Bulgarien ist die Stadt Sofia.

Übergangs- und Schlußvorschriften (zur Einführung der Verfassung)

§ 1. (1) Nach der Annahme der Verfassung löst sich die Große Nationalversammlung selbst auf.

(2) Die Große Nationalversammlung erfüllt weiter die Funktionen einer Nationalversammlung bis zur Wahl einer neuen Nationalversammlung. In dieser Zeit verabschiedet sie Gesetze zur Wahl der Nationalversammlung, des Präsidenten, der Organe der örtlichen Selbstverwaltung sowie andere Gesetze. In derselben Zeit werden das Verfassungsgericht und der Oberste Justizrat gebildet.

(3) Auf der ersten Sitzung der Nationalversammlung nach dem Inkrafttreten der Verfassung leisten die Abgeordneten, der Präsident, der Vizepräsident und die Mitglieder des Ministerrats den von der Verfassung vorgesehen Eid.

§ 2. Bis zur Wahl des Obersten Kassationsgerichts und des Obersten Verwaltungsgerichts werden deren Kompetenzen nach Artikel 130 Absatz 3 und Artikel 147 Absatz 1 der Verfassung vom Obersten Gericht der Republik Bulgarien ausgeübt.

§ 3. (1) Die Vorschriften der vorkonstitutionellen Gesetze werden angewandt, sofern sie nicht der Verfassung widersprechen.

(2) Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Verfassung hebt die Nationalversammlung diejenigen Vorschriften der vorkonstitutionellen Gesetze auf, die nicht kraft der unmittelbaren Wirkung nach Artikel 5 Absatz 2 der Verfassung aufgehoben sind.

(3) Die Nationalversammlung verabschiedet innerhalb von drei Jahren die Gesetze, die in der Verfassung ausdrücklich erwähnt sind.

§ 4. Die in der Verfassung festgelegte Organisation der Justiz wird nach der Verabschiedung der neuen Justizverfassungs- und Prozeßgesetze wirksam, die innerhalb der Frist des § 3 Absatz 2 zu verabschieden sind.

§ 5. Die Richter, Staatsanwälte und Untersuchungsbeamte werden unabsetzbar, wenn der Oberste Justizrat nicht binnen drei Monaten nach seiner Bildung beschließt, daß sie nicht die erforderlichen beruflichen Qualifikationen haben.

§ 6. Bis zum Erlaß einer neuen gesetzlichen Regelung über das Bulgarische Nationale Fernsehen, das Bulgarische Nationale Radio und die Bulgarische Telegraphenagentur übt die Nationalversammlung die Befugnisse aus, welche die Große Nationalversammlung hinsichtlich dieser nationalen Institutionen hat.

§ 7. (1) Die Wahlen zur Nationalversammlung und für die örtlichen Organe der Selbstverwaltung werden in einer Frist bis zu drei Monaten nach der Selbstauflösung der Großen Nationalversammlung abgehalten. Der Präsident bestimmt das Wahldatum entsprechend seinen Befugnissen nach Artikel 98 Absatz 1 der Verfassung.

(2) Die Präsidenten- und Vizepräsidentenwahlen werden binnen drei Monaten nach der Wahl der Nationalversammlung abgehalten.

(3) Bis zur Wahl eines Präsidenten und Vizepräsidenten üben der Vorsitzende (Präsident) und der stellvertretende Vorsitzende (Vizepräsident) die Funktionen eines Präsidenten und Vizepräsidenten nach dieser Verfassung aus.

§ 8. Bis zur Bildung einer neuen Regierung übt die Regierung weiterhin ihre Funktionen nach dieser Verfassung aus.

§ 9. Diese Verfassung tritt am Tage nach ihrer Verkündung durch den Vorsitzenden der Großen Nationalversammlung im Gesetzblatt (“Darzaven Vestnik“) und hebt die am 18. Mai 1971 verabschiedete Verfassung der Republik Bulgarien auf (veröff. DV 39/1971; geänd. 6/1990; geänd. und erg. 29/1990; geänd. 87, 94 und 98/1990; bericht. 98/1990).

Übergangs- und Schlussbestimmungen zum Gesetz vom 26. September 2003

§ 4. (1) Innerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Republik Bulgarien (vom 26. September 2003) hat die Nationalversammlung die Gesetze im Zusammenhang mit der Durchführung dieser Änderungen und Ergänzungen zu erlassen.

(2) Innerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des § 1 Ziffer 3 (betr. Änderung des Art. 129) ernennt der Oberste Justizrat die Leiter der Justizbehörden.

§ 5. Die Leiter der Justizbehörden, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes (vom 26. September 2003) ihr Amt jeweils mehr als fünf Jahre ausüben, können für dasselbe Amt nur noch für eine Amtszeit ernannt werden.

§ 6. Die Richter, Staatsanwälte und Ermittlungsrichter, die zum Zeitpunkt des Inkrafttreten dieses Gesetzes ihre dreijährige Amtszeit in ihrem Amt noch nicht vollendet haben, werden unter den Bedingungen des § 1 Ziffer 1 (betr. Änderung des Art. 129 Abs. 3) dieses Gesetzes unabsetzbar.

§ 7. § 1 Ziffer 3 tritt am 1. Januar 2004 in Kraft. (betr. Änderung des Art. 129)

Schlussbestimmung zum Gesetz vom 25. Februar 2005

§ 7. § 2  (betr. Änderungen  des Art. 85) tritt an dem Tag in Kraft, an dem der Vertrag betreffend den Beitritt der Republik Bulgarien zur Europäischen Union in kraft tritt und betrifft nicht die geltenden internationalen Verträge.

Schlussbestimmung zum Gesetz vom 6. Februar 2007

§ 12. Die Nationalversammlung hat die Gesetz in Bezug auf die Anwendung dieser Änderungen und Ergänzungen innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Republik Bulgarien (vom 6. Februar 2007) zu verabschieden.

§ 13. Die Paragrafen 1 und 2 treten am 1. Januar 2008 in Kraft. (betr. Änderung der Art. 9 und 59)

 


Quellen: Dărzaven Vestnik (Gesetzblatt) 1991, Nr. 56 vom 13. Juli 1991 (bulgarisch)
http://www.parliament.bg/?page=const&lng=en (engl.)
Herwig Roggemann, Die Verfassungen Mittel- und Osteuropas, Berlin Verlag 1999
teilweise eigene Übersetzung aus dem Englischen

© 23. November  2001 - 26. Oktober 2008
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