Übergang
von den Herzogtümern Krain und Steiermark (als Kronländer des Kaisertums Österreich)
auf den Staat der Slowenen, Kroaten und Serben und das deutschösterreichische Land Steiermark

zum 29. Oktober 1918 und 6. November 1918

Mit dem Zusammenbruch des Habsburger Reiches, der Österreichisch-Ungarischen Monarchie ab September 1918 wurden die von Südslawen bewohnten Gebiete neu geordnet, wobei es infolge nicht klarer Grenzen zwischen den Volksgruppen zu teils bewaffneten Auseinandersetzungen kam. Die Jahrhunderte lange Zugehörigkeit zu einer Dynastie und nach 1804 formal auch in einem Staat hatte die Völker bunt durcheinander gewürfelt, was sich bei der Trennung als großes Problem herausstellte. Nachdem bis 1918 das Deutsche sich hegemonial in Österreich hielt, kam es danach zu Gegenbewegungen, die die Deutschen im alten Österreich als Unterdrückung ansahen.

Die Slowenen, deren Kern auch heute noch das frühere Herzogtum Krain mit der Hauptstadt Laibach (slowenisch Ljubljana) bildet, haben bereits früh einen Nationalstolz entwickelt, auch deshalb weil Krain ein fast geschlossenes Siedlungsgebiet der Slowenen und damit "ihr" Kronland war. Ziel der slowenischen Nationalisten war die Vereinigung in einer Gebietseinheit, deren Grenzen, nachfolgend in einer Karte blau eingezeichnet, nach 1918 auch angestrebt wurde:

 

Staat der Slowenen, Kroaten und Serben

vom 29. Oktober 1918 bis 1. Dezember 1918

Am 29. Oktober 1918 hat sich in Agram (Zagreb) ein Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben gebildet, der die Gebiete Österreich-Ungarns, die mehrheitlich von Kroaten, Serben und Slowenen bewohnt wurden, unter seine Regierung stellte und sich von Österreich-Ungarn abspaltete.

Der Staat der Slowenen, Kroaten und Serben wurde als ein föderal aufgebauter Staat mit folgenden National- und Landesregierungen aufgebaut:
- die Landesregierung in Laibach (Nationalrat der Slowenen, für die unten genannten Gebiete),
- die Landesregierung in Agram (für das bisherige ungarische Nebenland Königreich Kroatien und Slawonien sowie den größten Teil von Istrien und die Freie Stadt Fiume),
- die Landesregierung Dalmatiens (für das bisherige österreichische Kronland Königreich Dalmatien)
- die Landesregierung Bosnien-Herzegowinas (für das bisherige österreichisch-ungarische Kondominum Bosnien-Herzegowina)
- die Landesregierung der Wojwodina (für das Siedlungsgebiet der Serben in Ungarn; das Banat).

 

Am 30. Oktober 1918 wurde in Laibach der Nationalrat der Slowenen ernannt. Dieser erhob Anspruch bzw. wurde eingesetzt für die von Slowenen bewohnten Gebiete Österreich-Ungarns, das waren:
- das Herzogtum Krain,
- der südliche Teil des Herzogtums Steiermark ("Untersteiermark"),
- das nördliche Istrien
- den größten Teil der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradisca,
- die Stadt Triest (alle bisher beim Kaiserreich Österreich)
- das Übermurgebiet (das über der Mur als Grenzfluß zu Ungarn gelegene Gebiet des Königreichs Ungarn).

Die Proklamation hierzu lautete (deutsche Übersetzung):

"Bürger !

Das Präsidium des Nationalrates in Agram, der die oberste Gewalt im Staate der Slowenen, Kroaten und Serben ausübt, hat auf Vorschlag der Slowenen eine Landesregierung eingesetzt.

Diese Regierung besteht aus:
Präsident: Josef, Ritter Pogačnik.
Departement des Innern: Dr. Janko Brejc.
Departement für Versorgung: Dr. Ivan Tavoar.
Departement der Justiz: Dr. Wladimir Ravnikar.
Departement für soziale Wohlfahrt: Dr. Anton Kristan.
Departement der Finanzen: Dr. Vekoslav Kukovec.
Departement für Verkehr: Dr. Paul Pestotnik.
Departement für Handel und Industrie: Dr. Karl Triller.
Departement für öffentliche Arbeiten und das Handwerk: Ingenieur Wladimir Remec.
Departement für Landwirtschaft: Prälat Andrej Kalan.
Departement für nationale Verteidigung: Dr. Lovro
Pogačnik.
Departement für Gesundheit: Dr. Anton Brecelj.

Die Regierung ist sich bewußt, dass in einer Übergangszeit die Aufrichtung unseres einzigartigen Landes eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe ist.

Diese Pflicht können wir nur mit der Hilfe von euch allen erfüllen.

Bürger! Vereint all unsere Kräfte für das Gedeihen dieser Aufgabe.

Erhaltet Recht und Ordnung aufrecht !

Alle geltenden Gesetze und alle Verordnungen bleiben in Kraft und sind von den nationalen militärischen und zivilen Behörden und Ämtern zu beachten, bis diese von der Regierung geändert werden.

Niemand ist berechtigt, eigenmächtig Recht zu setzen oder Selbstjustiz zu üben.

Das Eigentum aller Landsleute sowie die Ehre und Redlichkeit unserer Mitbürger wird respektiert.

Die Soldaten, ob zu Hause oder im Dienst, schützen ihr eigenes Haus.

Getreu den großen Zielen, in deren Auftrag wir die Freiheit erreicht haben, verspricht die Regierung, dem Volk treu zu dienen.

    Laibach, den 31. Oktober 1918.

Josef Ritter Pogačnik
Präsident
"

 

Bereits kurz nach Gründung des Staates im November 1918 musste Slowenien (hier die Landesregierung Slowenien in Laibach (auch Nationalrat der Slowenen) auf das kärntnerische Kanaltal (das von den Slowenen beansprucht wurde) sowie auf die drei Kronländer des österreichischen Küstenlandes (Istrien, Görz und Gradisca sowie die Stadt Triest) zugunsten Italiens verzichten, da diese Gebiete von den Alliierten 1915 Italien versprochen hatte, um dieses zum Kriegseintritt auf Seiten der Alliierten umzustimmen, so dass Teile des slowenisch bewohnten Gebietes nicht Teil des SHS-Staates wurden. Auch auf die weitreichenden Forderungen nach ganz Südkärnten einschließlich Klagenfurts und Villachs gegenüber Deutschösterreich musste Slowenien schließlich nach einer Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 endgültig streichen, nur das Mießtal, Unterdrauburg und Seeland im Kankertal wurde ihnen ohne Volksabstimmung zugesprochen.

Die Grenze zwischen der Repubik Österreich und dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen wurde durch den Staatsvertrag von St. Germain en Laye vom 10. September 1919 festgesetzt (teilweise mit Volksabstimmung), der ist am 16. Juli 1920 in Kraft getreten ist; das Abstimmungsgebiet in Südkärnten wurde am 22. November 1920 nach der Abstimmung vom 10. Oktober 1920 österreichischer Souveränität unterstellt, jedoch erst nachdem die Botschafter Frankreichs, Großbritanniens und Italiens auf das entschiedenste in Belgrad Einspruch gegen die fortdauernde Besetzung des Gebietes protestierten.

Die heutige Grenze zwischen Slowenien und Kroatien ist, bis auf die Grenze in Istrien, genau diejenige, die zwischen dem damaligen Königreich Kroatien, und den Herzogtümern Krain und Steiermark eingezeichnet ist.

Zwar war der Übergang von der Österreichisch-Ungarischen Monarchie über den kurzzeitigen SHS-Staat zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen zwischen dem 29. Oktober und dem 1.Dezember 1918 sehr krass und erfolgte fast auf einen Schlag, obwohl die Kroaten hier die Skeptiker waren (wie sich aber später als richtig erwiesen hat) und eher darauf gedrängt haben, den SHS-Staat selbständig zu erhalten oder ihn wenigstens nur in eine Konföderation mit dem Königreich Serbien (mit Montenegro) zu überführen.

Die rechtliche Vereinigung zwischen den einzelnen Teilen des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen blieb aber bis 1929, und auch noch später bis 1945/47, hängen und so dauerte die Wirkung der österreichischen und ungarischen Gesetze in den Gebieten, die ehemals zu Österreich-Ungarn gehörten, in wichtigen Bereichen (Gemeindeverfassung, Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch u. s. w.) bis nach 1945, also in die kommunistische Zeit, bestehen.

 

Land Steiermark
als Teil der Republik Deutschösterreich

ab dem 6. November 1918

Nachdem sich der mehrheitlich von Slowenen bewohnte Südteil des Herzogtums Steiermark faktisch mit dem 29. Oktober 1918 abgespalten hatte, und die Deutschen in Österreich am 21. Oktober 1918 einen Nationalrat gebildet hatten, der am 30. Oktober 1918 die oberste Gewalt in den mehrheitlich von Deutschen bewohnten Gebiete Österreichs übernommen hatte, kam es auch in Steiermark am 6. November 1918 zur Bildung einer provisorischen Landesversammlung, die durch die drei großen deutschösterreichischen Parteien, die Christsozialen, die Sozialdemokraten und die Deutschnationalen vereinbart und ernannt wurden. Diese bestand aus 20 Deutschnationalen, 20 Christsozialen und 20 Sozialdemokraten. Erster Präsident wurde Dr. Hofmann von Wellenhof (Deutschnational), Zweiter Präsident Franz Hagenhofer (CS) und Dritter Präsident: Josef Pongratz (SPÖ).

Auf Antrag aller drei Parteien wurde neben einer vorläufigen Landesverfassung auch folgende Proklamation beschlossen:

"Nachdem sich der andere im bisherigen Kronlande mitseßhafte Volksstamm von dem bisher gemeinsamen Staate losgesagt, auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker mit seinen übrigen Volksgenossen ein eigenes nationales Staatswesen errichtet und dadurch auch die Gemeinschaft aller bisherigen Einrichtungen des Herzogtumes Steiermark aufgelöst hat, erklären wir kraft des Selbstbestimmungsrechtes der Völker und im Namen des von uns vertretenen Volkes und Gebietes:

1. Das geschlossene deutsche Siedlungsgebiet des ehemaligen Kronlandes (Herzogtum Steiermark) bildet unter dem Namen "Land Steiermark" eine gesonderte, eigenberechtigte Provinz des Staates Deutschösterreich,

vollzieht hiemit den Beitritt zu diesem Staate,

erkennt die Montag, den 21. Oktober 1918 im Landhause zu Wien konstituierte Nationalversammlung von Deutschösterreich als derzeitige oberste staatliche Gewalt, die von ihr gefaßten Beschlüsse als bindend und die von ihr eingesetzten Behörden an.

2. Das deutschösterreichische Land Steiermark tritt mit gleichem Rechte und mit gleichen Pflichten den Ländern Niederösterreich, Oberöstereich, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg, Deutschböhmen und Sudetenland zur Seite, gelobt deren Schicksale in unverbrüchlicher Gemeinschaft und brüderlicher Solidarität zu teilen und erwartet, daß deren gesetzliche Vertretung dieses Gelöbnis annimmt und in gleichem Geiste erwidert."

 

Damit ist das Land Steiermark auf dem "geschlossenen deutschen Siedlungsgebiete des ehemaligen Kronlandes (Herzogtum Steiermark)" gebildet worden, also neu errichtet und nicht das alte Kronland fortgesetzt worden. Damit besteht eine Diskontinuität zwischen dem Herzogtum Steiermark und dem Land Steiermark, was z. B. in dem ebenfalls geteilten Land Tirol nicht der Fall war. Damit ist aber das Herzogtum Steiermark (völker- und staatsrechtlich) untergegangen und mit ihm sein Staatsrecht, also die Landesordnung samt Landtag und Landeshauptmann.

 


Quellen:  Wikipedia u. a.
© 10. Juli 2013 - 10. September 2013


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