VERFASSUNG   DER   REPUBLIK   POLEN

(Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej)

 

angenommen vom verfassunggebenden Sejm am 22. Juli 1952

 

neu bekannt gemacht ("Veröffentlichung des einheitlichen Textes") durch den Erlaß des Vorsitzenden des Staatsrates am 16. Februar 1976

 

mit allen Änderungen

 

wie sie nach dem Artikel 77 des Verfassungsgesetzes der Republik Polen vom 17. Oktober 1992 über die gegenseitigen Beziehungen zwischen der gesetzgebenden und der vollziehende Gewalt der Republik Polen (GBl. Nr. 84 Pos. 426; "Kleine Verfassung")

 

faktisch vollständig aufgehoben durch das Inkrafttreten der Verfassung der Republik Polen vom 2. April 1997

 

KAPITEL I.

DER GRUNDLEGENDE POLITISCHE UND WIRTSCHAFTLICHE AUFBAU

 

ARTIKEL 1. Die Republik Polen ist ein demokratischer Rechtsstaat, der die Grundsätze gesellschaftlicher Gerechtigkeit verwirklicht.

 

ARTIKEL 2. (1) In der Republik Polen gehört die höchste Gewalt der Nation.

 

(2) Die Nation übt diese Gewalt durch ihre gewählten Vertreter im Sejm und im Senat aus; die Ausübung dieser Gewalt kann auch im Wege des Referendums ausgeübt werden. Grundsätze und Verfahrensweise der Durchführung einer Volksabstimmung regelt das Gesetz.

 

ARTIKEL 3. (1) Die Befolgung der Gesetze der Republik Polen ist die grundlegende Pflicht eines jeden Staatsorgans.

 

(2) Alle Organe der Staatsgewalt und der staatlichen Verwaltung handeln auf Grund gesetzlicher Vorschriften.

 

ARTIKEL 4. (1) Politische Parteien vereinigen Staatsangehörige der Republik Polen auf der Grundlage der Freiwilligkeit und Gleichheit mit dem Zweck, auf die Gestaltung der Staatspolitik mit demokratischen Methoden einzuwirken.

 

(2) Die Übereinstimmung der Tätigkeit politischer Parteien mit der Verfassung beaufsichtigt der Verfassungsgerichtshof.

 

ARTIKEL 5. Die Republik Polen garantiert die Beteiligung der örtliche Selbstverwaltung an der Ausübung der Macht sowie die freie Tätigkeit aller Formen der Selbstverwaltung.

 

ARTIKEL 6. Die Republik Polen garantiert die Freiheit wirtschaftlicher Tätigkeit ohne die Berücksichtigung der Art des Eigentums; die Beschränung dieser Freiheit kann nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen.

 

ARTIKEL 7. Die Republik Polen schützt das Eigentum und das Erbrecht und gewährleistet den vollen Schutz des persönlichen Eigentum der Bürger. Eine Enteignung ist möglich, wenn sie zu öffentlichen Zwecken und gegen gerechte Entschädigung durchgeführt wird.

 

ARTIKEL 8. Die Streitkräfte der Republik Polen schützen die Souveränität und die Unabhängigkeit des polnischen Volkes, seine Sicherheit und seinen Frieden.

 

ARTIKEL 9. aufgehoben

 

ARTIKEL 10. aufgehoben

 

KAPITEL II.

 

ARTIKEL 11. bis ARTIKEL 19. aufgehoben

 

KAPITEL III.

 

ARTIKEL 20. bis ARTIKEL 31. aufgehoben

 

KAPITEL IIIa.

 

ARTIKEL 32. bis ARTIKEL 33. aufgehoben

 

KAPITEL IV

DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF, DER STAATSGERICHTSHOF, DIE OBERSTE KONTROLLKAMMER, DER BÜRGERRECHTSBEAUFTRAGTE, DER LANDESRAT FÜR RUNDFUNK UND FERNSEHEN

 

ARTIKEL 33a. (1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über die Vereinbarkeit der Gesetze und anderer Normativakte der obersten und zentralen Staatsorgane mit der Verfassung und legt die allgemein gültige Auslegung der Gesetze fest.

 

(2) Die Urteile des Verfassungsgerichtshofes über die Unvereinbarkeit der Gesetze mit der Verfassung werden vom Sejm behandelt.

 

(3) Die Urteile des Verfassungsgerichtshofes über die Unvereinbarkeit anderer Normativakte mit der Verfassung oder den Gesetzen sind verbindlich. Der Verfassungsgerichtshof ergreift die zur Beseitigung dieser Unvereinbarkeit erforderlichen Maßnahmen.

 

(4) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes werden vom Sejm aus den Personen gewählt, die sich durch Rechtskenntnisse auszeichnen.

 

(5) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind unabhängig und allen der Verfassung unterworfen.

 

(6) Sie Zuständigkeit, die Struktur und die Verfahrensweise des Verfassungsgerichtshofes werden durch Gesetz geregelt.

 

ARTIKEL 33b. (1) Der Staatsgerichtshof entscheidet über die Verantwortlichkeit für die Verletzung der Verfassung und der Gesetze durch Personen, die die gesetzlich festgelegten höchsten Staatsämter bekleiden.

 

(2) Der Staatsgerichtshof kann über die strafrechtliche Verantwortung der Personen entscheiden, die aufgrund der in Abs. 1 festgelegten Verantwortlichkeit für Vergehen zur Verantwortung gezogen werden, die sie im Zusammenhang mit dem von ihnen bekleideten Amt begangen haben.

 

(3) Der Staatsgerichtshof wird vom Sejm nicht aus seiner Mitte für die Dauer seiner Amtszeit gewählt.

 

(4) Der Erste Präsident des Obersten Gerichts ist Vorsitzender des Staatsgerichtshofes.

 

(5) Die Richter des Staatsgerichtshofes sind unabhängig und allein den Gesetzen unterworfen.

 

(6) Die Zuständigkeit, die Struktur und die Verfahrensweise des Staatsgerichtshofes werden durch Gesetz geregelt.

 

ARTIKEL 34. (1) Die Oberste Kontrollkammer ist zur Kontolle der Wirtschafts-, Finanz- und der verwaltungsorganisatorischen Tätigkeit der Organe der Staatsverwaltung und der ihnen unterstellten Betriebe und Ämter unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit, der Wirtschaftlichkeit, der Zweckmäßigkeit und der Redlichkeit berufen.

 

(2) Die Oberste Kontrollkammer kann auch genossenschaftliche Organisationen und Verbände, gesellschaftliche Organisationen und Einheiten der nichtvergesellschafteten Wirtschaft in dem durch Gesetz bestimmten Bereich kontrollieren.

 

ARTIKEL 35. (1) Die Oberste Kontrollkammer ist dem Sejm unterstellt.

 

(2) Die Oberste Kontrollkammer unterbreitet dem Sejm Bemerkungen zu den Rechenschaftsberichten des Ministerrates über die Erfüllung des Volkswirtschaftsplans und eine Analyse über die Durchführung des Staatshaushaltes.

 

(3) Die Oberste Kontrollkammer erstattet dem Sejm jährlich Bericht über ihre Tätigkeit.

 

ARTIKEL 36. (1) Der Vorsitzende der Obersten Kontrollkammer wird vom Sejm mit Zustimmung des Senats berufen und abberufen.

 

(2) Die Oberste Kontrollkammer übt ihre Tätigkeit auf der Grundlage des Kollegialitätsprinzips aus. Die Organisation und Arbeitsweise der Obersten Kontrollkammer werden durch Gesetz geregelt.

 

ARTIKEL 36a. (1) Der Bürgerrechtsbeauftragte wacht über die Freiheiten und die Rechte des Bürgers, die in der Verfassung anderen Rechtsvorschriften festgelegt sind.

 

(2) Der Bürgerrechtsbeauftragte wird vom Sejm mit Zustimmung des Senats auf fünf Jahre berufen.

 

(3) Die Art und Weise der Tätigkeit des Bürgerrechtsbeauftragten bestimmt ein Gesetz.

 

ARTIKEL 36b. (1) Der Landesrat für Rundfunk und Fernsehen hütet die Freiheit des Wortes, verwirklicht das Informationsrecht und wacht über das öffentliche Interesse an Rundfunk und Fernsehen.

 

(2) Sejm, Senat und Präsident berufen die Mitglieder des Landesrates für Rundfunk und Fernsehen.

 

(3) Zur Durchführung der Gesetze und aufgrund der darin erteilten Ermächtigungen erläßt der Landesrat für Rundfunk und Fernsehen Rechtsverordnungen und Beschlüsse.

 

(4) Die Grundlagen der Berufung der Mitglieder des Landesrates für Rundfunk und Fernsehen sowie die Organisation und das Verfahren bei deren Tätigkeit werden durch Gesetz bestimmt.

 

KAPITEL V.

 

ARTIKEL 37. bis ARTIKEL 42a. aufgehoben

 

KAPITEL VI.

 

ARTIKEL 43. bis ARTIKEL 55. aufgehoben

 

KAPITEL VII.

GERICHT UND STAATSANWALTSCHAFT

 

ARTIKEL 56. (1) Die Rechtsprechung wird in der Republik Polen durch das Oberste Gericht, die allgemeinen Gerichte sowie durch besondere Gerichte ausgeübt.

 

(2) In Strafverfahren entscheiden die Kollegien für Strafsachen.

 

(3) Aufbau, Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte sowie der Kollegien für Strafsachen werden durch Gesetz bestimmt.

 

ARTIKEL 57. Die Gerichte sprechen ihre Urteile im Namen der Republik Polen.

 

ARTIKEL 58. aufgehoben.

 

ARTIKEL 59. (1) Mit Ausnahme der gesetzlich festgelegten Fälle verhandeln und entscheiden die Gerichte unter Beteiligung von Volksbeisitzern.

 

(2) Die Volksbeisitzer haben bei der Entscheidung der Gerichte dieselben Rechte wie die Richter.

 

(3) Die Volksbeisitzer gehen durch Wahlen hervor. Die Grundsätze und das Verfahren der Wahl der Beisitzer an den allgemeinen und Sondergerichten sowie deren Amtszeit bestimmt das Gesetz.

 

ARTIKEL 60. (1) aufgehoben

 

(2) Richter sind unabsetzbar, mit Ausnahme der gesetzlich festgelegten Fälle.

 

(3) Funktion, Zusammensetzung und Art und Weise de rTätigkeit des Landesrats für das Gerichtswesen wird durch Gesetz geregelt.

 

ARTIKEL 61. (1) Das Oberste Gericht ist das höchste Gerichtsorgan und übt auf dem Gebiet der Rechtsprechung die Aufsicht über die Tätigkeit sämtlicher Gerichte aus.

 

(2) Das Verfahren für die Aufsicht durch das Oberste Gericht wird durch Gesetz geregelt.

 

(3) aufgehoben

 

(4) Der Erste Präsident des Obersten Gerichtes wird vom Sejm auf Vorschlag des Präsidenten der Republik Polen aus der Mitte der Richter des Obersten Gerichtes berufen und abberufen, die Präsidenten des Obersten Gerichtes werden vom Präsidenten der Republik Polen berufen und abberufen.

 

ARTIKEL 62. Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

 

ARTIKEL 63. (1) Die Verhandlungen werden vor allen Gerichten der Republik Polen öffentlich geführt. Das Gesetz kann Ausnahmen von diesem Grundsatz vorsehen.

 

(2) Der Angeklagte hat das Recht auf Verteidigung. Er kann sich einen Verteidiger wählen oder einen Verteidiger durch das Gericht bestellt erhalten.

 

ARTIKEL 64. (1) Die Staatsanwaltschaft wahrt die Gesetzlichkeit und schützt die demokratische Staatsordnung.

 

(2) Die Staatsanwaltschaft untersteht dem Justizminister, der die Funktion des Generalstaatsanwalts ausübt.

 

(3) Das Verfahren der Berufung und Abberufung der Staatsanwälte sowie die Grundsätze für die Organisation und die Tätigkeit der Organe der Staatsnanwaltschaft werden durch Gesetz geregelt.

 

ARTIKEL 65. aufgehoben.

 

ARTIKEL 66. aufgehoben.

 

KAPITEL VIII.

DIE GRUNDRECHTE UND GRUNDPFLICHTEN DER BÜRGER

 

ARTIKEL 67. (1) Die Republik Polen stärkt und erweitert die Rechte und Freiheiten der Bürger.

 

(2) Die Bürger der Republik Polen haben die gleichen Rechte unabhängig von Geschlecht, Geburt, Ausbildung, Nationalität, Rasse, Konfession sowie gesellschaftlicher Herkunft und Stellung.

 

(3) Die Bürger der Republik Polen sollen ihre Pflichten gegenüber dem Vaterland redlich erfüllen zu zu seiner Entwicklung beitragen.

 

ARTIKEL 68. Die Bürger der Republik Polen haben das Recht auf Arbeit, das heißt das Recht auf Beschäftigung gegen Entlohnung nach Quantität und Qualität ihrer Arbeit.

 

ARTIKEL 69. (1) Die Bürger der Republik Polen haben das Recht auf Erholung.

 

(2) Das Recht auf Erholung wird den Arbeitnehmern gewährleistet durch gesetzliche Begrenzung der Arbeitszeit, durch Verwirklichung des Achtstundentages, durch weitere Verkürzung der Arbeitszeit in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, durch gesetzlich bestimmte arbeitsfreie Tage und durch einen alljährlichen bezahlten Urlaub.

 

(3) Die Schaffung von Urlaubsmöglichkeiten, die Entwicklung der Touristik, der Kurorte, der Sportanlagen, der Kulturhäuser, der Klubs, der Kulturräume, der Parks und anderer Erholungseinrichtungen schaffen für immer breitere Massen des werktätigen Volkes in Stadt und Land die Möglichkeit einer gesunden und durch Ausnutzung aller kulturellen Möglichkeiten geförderten Erholung.

 

ARTIKEL 70. (1) Die Bürger der Volksrepublik Polen haben das Recht auf Schutz ihrer Gesundheit sowie auf Hilfe im Fall von Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit.

 

(2) Der immer vollständigeren Verwirklichung dieses Rechts dienen:

1) die Entwicklung der Sozialversicherung gegen Krankheit, Alter und Arbeitsunfähigkeit sowie der Ausbau der verschiedenen Formen der sozialen Fürsorge;

2) die Entwicklung des vom Staat organisierten Gesundheitsschutzes sowie die Hebung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung, die unentgeltliche ärztliche Betreuung für alle Werktätigen und ihre Familien, die ständige Erhöhung der Arbeitssicherheit, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsjygiene, die weiterentwickelte Vorbeugung und Bekämpfung von Krankheiten sowie die Invalidenfürsorge;

3) der Ausbau der Krankenhäuser, Sanatorien, Ambulatorien, Gesundheitsanstalten und der sanitären Einrichtungen.

 

ARTIKEL 71. Die Bürger der Republik Polen haben das Recht auf Nutzung der Werte der natürlichen Umwelt sowie die Pflicht, diese zu schützen.

 

ARTIKEL 72. (1) Die Bürger der Republik Polen haben das Recht auf Bildung.

 

(2) Das Recht auf Bildung wird in immer breiterem Umfange gewährleistet

1) durch das unentgeltliche Schulwesen;

2) durch die allgemeinen und obligatorischen Grundschulen;

3) durch die Verbreitung des mittleren Schulwesens;

4) durch die Entwicklung des Hochschulwesens,

5) durch die Hilfe des Staates bei der Qualifizierung der in Industriebetrieben und in anderen Arbeitsstätten in Stadt und Land beschäftigten Bürger;

6) durch das System der staatlichen Stipendien, durch den Ausbau von Internaten, Studenten- und Schülerheimen sowie durch andere Formen der materiellen Unterstützung für Kinder.

 

ARTIKEL 73. (1) Die Bürger der Republik Polen haben das Recht, die Errungenschaften der Kultur zu nutzen und schöpferisch an der Entwicklung der nationalen Kultur teilzunehmen.

 

(2) Dieses Recht wird in immer größerem Maße dadurch gewährleistet, daß Bibliotheken, Bücher und Presse, Rundfunk, Kino, Theater, Museen und Ausstellungen, Kulturhäuser, Klubs und Kulturräume entwickelt und dem werktätigen Volk in Stadt und Land zugänglich gemacht, daß das kulturelle Schaffen der Volksmassen allseitig unterstützt und gefördert und schöpferische Talente entwickelt werden.                '

 

ARTIKEL 74. Die Republik Polen sorgt für die allseitige Entwicklung einer Wissenschaft, die sich auf die Errungenschaften des hervorragendsten Gedankengutes der Menschheit und des fortschrittlichen polnischen Gedankengutes stützt; einer Wissenschaft, die im Dienst des Volkes steht.

 

ARTIKEL 75. Die Republik Polen sorgt für die Entwicklung einer Literatur und einer Kunst, die den Bedürfnissen und Bestrebungen des Volkes Ausdruck verleihen und den besten fortschrittlichen Traditionen des polnischen Schaffens entsprechen.

 

ARTIKEL 76. Die Republik Polen gewährt den Veteranen der Kämpfe für die nationale und gesellschaftliche Befreiung allseitige Fürsorge.

 

ARTIKEL 77. Die Republik Polen läßt der schaffenden Intelligenz, allen, die auf dem Gebiet der Wissenschaft, des Bildungswesens, der Literatur und der Kunst tätig sind, sowie den Pionieren des technischen Fortschritts, den Rationalisatoren und Erfindern ihre besondere Fürsorge zuteil werden.

 

ARTIKEL 78. (1) Der Frau stehen in der Volksrepublik Polen auf allen Gebieten des staatlichen, politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens die gleichen Rechte zu wie dem Mann.

 

(2) Die Gleichberechtigung der Frau wird gewährleistet:

1) durch das gleiche Recht auf Arbeit und Lohn nach dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit", auf Erholung, Sozialversicherung, Bildung, Titel und Auszeichnungen sowie auf die Bekleidung öffentlicher Ämter;

2) durch die Fürsorge für Mutter und Kind, durch den Schutz der schwangeren Frau, durch bezahlten Urlaub vor und nach der Entbindung, durch den Ausbau des Netzes von Entbindungsanstalten, Kinderkrippen und Kindergärten, durch Dienstleistungsbetriebe und öffentliche Speisestätten.

 

(3) Die Republik Polen stärkt die Stellung der Frauen in der Gesellschaft und insbesondere die der Mütter und der berufstätigen Frauen.

 

ARTIKEL 79. (1) Ehe, Mutterschaft und Familie stehen unter der Fürsorge und unter dem Schutz der Republik Polen. Kinderreiche Familien umgibt der Staat mit besonderer Fürsorge.

 

(2) Die Eltern haben die Pflicht, die Kinder zu aufrichtigen und pflichtbewußten Bürgern der Republik Polen zu erziehen.

 

(3) Die Republik Polen sichert die Realisierung von Unterhaltungsrechten und -pflichten.

 

(4) Die außerhalb der Ehe geborenen Kinder haben dieselben Rechte wie die ehelichen Kinder.

 

(5) In ihrer Sorge um die Interessen der Familie bemüht sich die Republik Polen, die Wohnsituation  zu verbessern, entwickelt und unterstützt unter der Teilnahme der Bürger verschiedene Formen des Wohnungsbaus und insbesondere das genossenschaftliche Bauwesen und sorgt für eine rationelle Bewirtschaftung der Wohnungsressourcen.

 

ARTIKEL 80. Die Republik Polen sorgt besonders für die Erziehung der Jugend und sichert ihr die breitesten Entwicklungsmöglichkeiten und schafft Bedingungen für die aktive Teilnahme der jungen Generation am gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben, indem sie bei der Jugend das Gefühl der Mitverantwortung für die Entwicklung des Vaterlandes fördert.

 

ARTIKEL 81. (1) Die Bürger der Republik Polen haben, unabhängig von Nationalität, Rasse und Glaubensbekenntnis, gleiche Rechte auf allen Gebieten des staatlichen, politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens. Die Verletzung dieses Grundsatzes durch irgendwelche direkte oder indirekte Bevorzugung oder Beschränkung der Rechte auf Grund von Nationalität, Rasse oder Glaubensbekenntnis ist strafbar.

 

(2) Die Verbreitung von Haß, Verachtung oder Zwietracht sowie die Erniedrigung eines Menschen auf Grund von Unterschieden der Nationalität, der Rasse oder des Glaubensbekenntnisses sind verboten.

 

ARTIKEL 82. (1) Die Republik Polen gewährleistet den Bürgern Gewissens- und Glaubensfreiheit. Die Kirche und andere Religionsgemeinschaften können ihre religiösen Funktionen ungehindert ausüben. Es ist verboten, Bürger mit Zwang davon abzuhalten, an religiösen Handlungen oder Feierlichkeiten teilzunehmen. Ebenso ist es verboten jemanden zur Teilnahme an religiösen Handlungen oder Feierlichkeiten zu zwingen.

 

(2) Die Kirche ist vom Staat getrennt. Die Grundsätze des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche sowie die Rechts- und Vermögensstellung der Religionsgemeinschaften werden vom Gesetz bestimmt.

 

ARTIKEL 83. Die Republik Polen gewährleistet den Bürgern die Rede-, Presse-und Versammlungsfreiheit sowie die Freiheit der Durchführung von Demonstrationen und Kundgebungen.

 

ARTIKEL 84. (1) Zur Entwicklung der politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Aktivität gewährleistet die Republik Polen den Bürgern das Recht, sich in Organisationen zu vereinigen.

 

(2) Die politischen Organisationen, Gewerkschaften, Verbände der werktätigen Bauern, genossenschaftlichen Vereinigungen, Jugend-, Frauen-, Sport- und Verteidigungsorganisationen, die kulturellen, technischen und wissenschaftlichen Vereinigungen sowie andere gesellschaftliche Organisationen vereinigen die Bürger zur aktiven Teilnahme am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben.

 

(3) Die Bildung von Vereinigungen sowie die Teilnahme an Vereinigungen, deren Zweck oder Tätigkeit gegen die politische und gesellschaftliche Ordnung oder gegen die Rechtsordnung der Republik Polen gerichtet ist, sind verboten.

 

ARTIKEL 85. Eine hervorragende gesellschaftliche Rolle in der Republik Polen erfüllen die Gewerkschaften, die eine allgemeine Organisation darstellen, welche an der Gestaltung und der Verwirklichung der Aufgaben der gesellschaftlich-writschaftlichen Entwicklung des Landes mitwirkt; die Gewerkschaften vertreten die Interessen udn die Rechte der Werktätigen, sie sind die Schule der staatsbürgerlichen Aktivität und des Engagements beim Aufbau der bürgerlichen  Gesellschaft.

 

ARTIKEL 86. (1) Die Bürger der Republik Polen sind an der Ausübung der gesellschaftlichen Kontrolle, an Konsultationen und Diskussionen, die die Schlüsselprobleme der Landesentwicklung betreffen, beteiligt und stellen Anträge.

 

(2) Die Bürger haben das Recht, sich an alle Staatsorgane mit Anträgen und Beschwerden zu wenden.

 

(2) Die Berufungen, Anträge und Beschwerden der Bürger sind schnell und gerecht zu prüfen und zu erledigen. Wer sich einer Verzögerung schuldig macht oder Anträgen und Beschwerden der Bürger gegenüber eine engherzige und bürokratische Haltung einnimmt, wird zur Verantwortung gezogen.

 

ARTIKEL 87. (1) Die Republik Polen gewährleistet den Bürgern die Unverletzlichkeit der Person. Dem Bürger kann die Freiheit nur in, den gesetzlich bestimmten Fällen entzogen werden. Ein Festgenommener ist zu entlassen, falls ihm nicht binnen 48 Stunden vom Augenblick der Festnahme an ein Haftbefehl des Gerichts oder des Staatsanwalts zugestellt wird.

 

(2) Das Gesetz schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Briefgeheimnis. Die Durchführung einer Haussuchung ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zulässig.

 

(3) Eine Vermögenseinziehung darf nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichts durchgeführt werden.

 

ARTIKEL 88. Bürger anderer  Staaten und Staatenlose genießen in Polen gemäß den im Gesetz bestimmten Grundsätzen das Asylrecht.

 

ARTIKEL 89. Die polnischen Bürger im Ausland genießen die Fürsorge der Republik Polen.

 

ARTIKEL 90. Jeder Bürger der Volksrepublik Polen ist verpflichtet, die Vorschriften der Verfassung und der Gesetze einzuhalten, die Grundsätze des sozialistischen Zusammenlebens zu achten und seine Verpflichtungen dem Staat gegenüber gewissenhaft zu erfüllen.

 

ARTIKEL 91. Jeder Bürger der Republik Polen ist verpflichtet, das gesellschaftliche Eigentum zu hüten und es als die unerschütterliche Grundlage der Entwicklung des Staates, als Quelle des Reichtums und der Kraft des Vaterländes zu festigen.

 

ARTIKEL 92. (1) Die Verteidigung des Vaterlandes ist die heiligste Pflicht eines jeden Bürgers.

 

(2) Der Wehrdienst ist die patriotische Ehrenpflicht der Bürger der Republik Polen.

 

ARTIKEL 93. (1) Wachsamkeit gegenüber den Feinden des Volkes und strenge Wahrung des Staatsgeheimnisses sind Pflicht eines jeden Bürgers der Republik Polen.

 

(2) Vaterlandsverrat, das heißt Spionage, Schwächung der Streitkräfte, Überlaufen zum Feind, wird als schwerstes Verbrechen mit der ganzen Strenge des Gesetzes bestraft.

 

KAPITEL IX.

DIE GRUNDSÄTZE DES WAHLRECHTS FÜR SEJM UND SENAT SOWIE FÜR DEN PRÄSIDENTEN

 

ARTIKEL 94. aufgehoben.

 

ARTIKEL 95. Das Wahlrecht hat jeder Bürger, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, ohne Unterschied des Geschlechts, der Nationalität, der Rassenzugehörigkeit, des Glaubensbekenntnisses, der Bildung, der Dauer der Ansässigkeit, der sozialen Herkunft, des Berufes und der Vermögenslage.

 

ARTIKEL 96. Jeder Bürger kann nach Vollendung des 21. Lebensjahr und wenn er mindestens seit 5 Jahren auf dem Gebiet der Republik Polen wohnhaft war, in den Sejm und Senat gewählt werden.

 

ARTIKEL 97. Frauen genießen in jeder Beziehung das gleiche Wahlrecht wie Männer.

 

ARTIKEL 98. Angehörige der Streitkräfte genießen in jeder Beziehung das gleiche Wahlrecht wie alle übrigen Bürger.

 

ARTIKEL 99. Personen, die durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt wurden sowie Personen, denen durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung die Bürgerrechte oder das Wahlrecht aberkannt wurden, stehen die Wahlrechte nicht zu.

 

ARTIKEL 100. Die Kandidaten für die Wahlen zum Sejm und zum Senat sowie zum Präsidenten werden von den politischen und gesellschaftlichen Organisationen und den Wählern aufgestellt.

 

ARTIKEL 101. Die Abgeordneten des Sejm und die Senatoren haben den Wählern über ihre Tätigkeit und über die Tätigkeit des Organs, in das sie gewählt worden sind, Rechenschaft abzulegen.

 

ARTIKEL 102. Das Verfahren für die Aufstellung der Kandidaten und für die Durchführung der Wahlen der Abgeordneten und der Senatoren sowie des  Präsidenten werden durch Gesetz geregelt.

 

KAPITEL X.

WAPPEN, FARBEN, HYMNE UND HAUPTSTADT DER REPUBLIK POLEN

 

ARTIKEL 103. (1) Das Wappen der Republik Polen stellt einen gekrönten weißen Adler im roten Feld dar.

 

(2) Die Farben der Flagge der Republik Polen sind weiß und rot.

 

(3) Die Hymne der Republik Polen ist die Dabrowski-Masurka.

 

(4) Einzelheiten werden durch Gesetz bestimmt.

 

ARTIKEL 104. Das Wappen, die Farben und die Hymne der Republik Polen werden in Ehren gehalten und unterliegen besonderem Schutz.

 

ARTIKEL 105. Die Hauptstadt der Republik Polen ist die Stadt der heldenhaften Traditionen des polnischen Volkes: Warschau.

 

KAPITEL XI.

VERFASSUNGSÄNDERUNG

 

ARTIKEL 106. Eine Verfassungsänderung kann nur auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das durch den Sejm der Republik Polen bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte aller Abgeordneten mit einer Stimmenmehrheit von mindestens zwei Dritteln beschlossen worden ist.

 


Quellen:

Dt. Institut  für Rechtswissenschaft, Die Verfassungen der Europäischen Länder der Volksdemokratie. VEB Deutscher Zentralverlag Berlin 1954
Die Verfassung der Volksrepublik Polen, VEB Deutscher Zentralverlag Berlin 1960
Herwig Roggemann, Die Verfassung der Volksrepublik Polen, Berlin-Verlag 1979
Brunner/Meissner, Verfassungen der kommunistischen Staaten, UTB Schöningh 1980
Internationale Verfassungsgesetze (ICL, englisch in Auszügen von 1992)
http://polskaludowa.com/dokumenty/prawne/konstytucja_1976.htm (polnisch)
© 7. Dezember 2003 - 5. Januar 2004


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