Gesetz

 

vom 20. Januar 1920

 

über die polnische Staatsangehörigkeit

 

(Gesetzblatt 1920 Nr.7 Pos. 44)

 

geändert durch

Gesetz vom 6. April 1922 (GBl. Nr. 26 Pos. 213),

Gesetz vom 16. Juni 1922 (GBl. Nr. 46 Pos. 388),

Verordnung des Präsidenten der Republik vom 28. Dezember 1934 (GBl. Nr. 110 Pos. 976),

 

aufgehoben durch Gesetz vom 8. Januar 1951 (GBl. Nr. 4 Pos. 25), über die Staatsbürgerschaft Polens

 

Artikel  1. Ein polnischer Staatsangehöriger darf nicht zugleich fremder Staatsangehöriger sein.

 

Artikel 2. Mit der Bekanntmachung dieses Gesetzes steht das Recht der polnischen Staatsangehörigkeit jeder Person - ohne Unterschied des Geschlechts, des Alters, des Glaubens und der Nationalität - zu, welche:

1. im polnischen Staatsgebiete ansässig ist, sofern sie nicht fremde Staatsangehörige ist. Als im Polnischen Staate ansässig gilt im Sinne dieses Gesetzes jeder, der:

    a) in Büchern der ständigen Einwohner des ehem. Königreichs Polen eingetragen oder eingetragen zu werden berechtigt ist;

    b) in einer der Gemeinden jenes polnischen Staatsgebiets heimatsberechtigt ist, das vorher einen Bestandteil von Österreich oder von Ungarn gebildet hat;

    c) bereits vor dem 1. Januar 1908 als deutscher Staatsangehöriger in jenem polnischen Staatsgebiet seinen ständigen Wohnsitz hatte, das vorher einen Bestandteil von Preußen gebildet hat;

    d) in einer Stadt - oder Dorfgemeinde oder in einer Ständeorganisation der zum polnischen Staatsgebiete gehörenden Länder des ehem. Russischen Kaiserreichs eingetragen war;

2. im polnischen Staatsgebiet geboren ist, sofern sie nicht fremde Staatsangehörige ist; ferner

3. welcher auf Grund internationaler Verträge das Recht der polnischen Staatsangehörigkeit zusteht.

 

Artikel 3. Fremde Staatsangehörige polnischer Abstammung, sowie ihre Nachkommen werden als polnische Staatsangehörige anerkannt werden, wenn sie nach ihrer Rückkehr nach- dem Polnischen Staate bei der Verwaltungsbehörde ihres Wohnorts den Beweis ihrer polnischen Abstammung beibringen und die Erklärung abgeben, daß sie polnische Staatsangehörige sein wollen und auf die fremde Staatsangehörigkeit verzichten.

 

Artikel 4. Die polnische Staatsangehörigkeit wird erworben:

1. durch Geburt,

2. durch Legitimation, Anerkennung oder Annahme an Kindesstatt,

3. durch Eheschließung,

4. durch Verleihung,

5. durch Anstellung bei einem öffentlichen Amte oder durch Eintritt in den Militärdienst im Polnischen Staate, sofern nicht das Gegenteil vorbehalten wird.

 

Artikel 5. Durch die Geburt erwerben die ehelichen Kinder die Staatsangehörigkeit des Vaters, die unehelichen Kinder - die Staatsangehörigkeit der Mutter. Im polnischen Staatsgebiet geborene oder aufgefundene Kinder unbekannter Eltern gelten als polnische Staatsangehörige, sofern nicht ihre anderweitige Staatsangehörigkeit erwiesen wird.

 

Artikel 6. Durch die Legitimation, Anerkennung oder Annahme an Kindesstatt erwirbt ein nicht über 18 Jahre altes Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters oder der Mutter, beziehungsweise der anderen Person, die es anerkannt oder an Kindesstatt annimmt.

 

Artikel 7. Durch die Eheschließung erwirbt eine Ausländerin, die einen polnischen Staatsangehörigen heiratet, die polnische Staatsangehörigkeit.

 

Artikel 8. Die Verleihung der polnischen Staatsangehörigkeit kann auf Antrag der darum ersuchenden Person erfolgen, wenn diese nachweist:

1. daß sie einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat,

2. daß sie mindestens seit 10 Jahren innerhalb der polnischen Staatsgrenzen sich ständig aufhält,

3. daß sie Unterhalts- oder Erwerbsmittel für sich und ihre Familie besitzt,

4. daß sie die Kenntnis der polnischen Sprache besitzt,

 

Für minderjährige oder andere beschränkt geschäftsfähige Personen wird der Antrag auf Verleihung der polnischen Staatsangehörigkeit von ihren gesetzlichen Vertretern gestellt.

 

Artikel 9. In Ausnahmefällen, die eine besondere Berücksichtigung verdienen, kann die polnische Staatsangehörigkeit Personen verliehen werden, welche einzelnen der im Art. 8 angeführten Bedingungen nicht entsprechen, zumal in jenem Gebiet des ehem. Russischen Kaiserreichs, welches dem polnischen Staat angehört. In keinem Falle darf jedoch die polnische Staatsangehörigkeit an Personen, welche durch polnische Gerichte wegen strafbarer Handlungen bestraft werden, die eine Beschränkung der Rechte nach sich ziehen, solange diese Beschränkung dauert, oder an im Konkurs befindliche Personen verliehen werden.

 

Artikel 10. Eine polnische Staatsangehörige, die durch die Eheschließung mit einem Ausländer die polnische Staatsangehörigkeit verloren hat, erlangt diese wieder, wenn sie nach dem Aufhören dieses Ehebandes bei der Verwaltungsbehörde ihres Wohnorts eine entsprechende Erklärung abgibt.

 

Artikel 11. Die polnische Staatsangehörigkeit geht verloren:

1. durch den Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit,

2. durch die in einem fremden Staate ohne Einverständnis der Polnischen Regierung erfolgte Annahme der Anstellung in einem öffentlichen Amte oder durch ebensolchen Eintritt in den Militärdienst.

 

Zum aktiven Militärdienste verpflichtete Personen können die fremde Staatsangehörigkeit nur derart erwerben, daß sie sieh hierzu zuvor die Erlaubnis des Kriegsministers verschaffen, sonst hören sie dem Polnischen Staat gegenüber nicht auf, als polnische Staatsangehörige zu gelten.

 

Artikel 12. Über die Verleihung und den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit entscheidet der Minister des Innern, nachdem er zuvor in Fällen der Verleihung eine gutächtliche Äußerung der Gemeinde, in welcher der Bewerber seinen Wohnsitz hat, sowie der zuständigen Verwaltungsbehörde einzuholen hat.

 

Der Minister des Innern ist befugt, die ihm. auf Grund dieses Artikels zustehenden Befugnisse den Verwaltungsbehörden zweiter Instanz zu übertragen.

 

Artikel 13. Sofern in der Entscheidung des Ministers des Innern nicht ein anderes vorbehalten wird, erstreckt sich die Verleihung und der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit auf die Ehefrau der Person, welche die polnische Staatsangehörigkeit erwirbt oder verliert, sowie auf ihre nicht über 18 Jahre alten Kinder.

 

Artikel 14. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Bekanntmachung in Kraft.

 

Artikel 15. Mit der Ausführung dieses Gesetzes wird der Minister des Innern beauftragt.

 

Der Marschall

Trąmpczyński.

 

Der Ministerpräsident

L. Skialski.

 

Der Minister des Innern

S. Wojciechowski

 


Quelle:

Wojewodschaft Schlesien (Verfassungsgesetze, Gerichtswesen, einige andere Gesetze und Verordnungen), herausgeg. vom Poln. Justizminister, Warschau 1922

© 14. Dezember 2003


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