Abdankung König Oskars II. als König von Norwegen

vom 26. Oktober 1905

An den Präsidenten des Stortings

Nachdem ich im Namen Schwedens Norwegen als einen von der Union gelösten Staat anerkannt habe, will ich, was meine Stellung zu Norwegen und die mit dem Stortingsbeschlusse vom 7. Juni in Verbindung stehenden Begebenheiten anlangt, das folgende erklären:

Ich gebe hiermit meinen Entschluß kund, der norwegischen Krone zu entsagen, die mir trotz meines guten Willens im Laufe der Jahre soviel bittere Sorgen gebracht hat; sie in Zukunft zu tragen, wäre nutzlos, da infolge des gesetzwidrigen Beschlusses des Stortings auch das suspensive Veto der Königsgewalt außer Betracht gesetzt worden ist.

Doch hege ich nur gute Wünsche für das Land und das Volk, das ich von Jugend an aufrichtig geliebt habe, und dessen Wohlfahrt zu fördern mir am Herzen lag, soweit sich dies mit meinen Pflichten als König der beiden Reiche der skandinavischen Halbinsel vereinen ließ.

Wenn ich die Richtung ansehe, die das Verhältnis der beiden Völker eingeschlagen hat, so kann ich mir nicht denken, daß es Schweden oder Norwegen Glück bringen könnte, wenn eines der thronberechtigten Mitglieder meiner Familie die Wahl zum norwegischen König annähme. Mißtrauen und Argwohn würden sicherlich in beiden Ländern Platz greifen und sich ebenso gegen ihn wie gegen mich selber wenden. Nur allzuleicht könnte dadurch die freundschaftliche Stimmung getrübt werden, die hoffentlich zum besten der beiden Völker in nicht allzuferner Zeit zur Sicherung des Friedens zwischen den nun leider getrennten Reichen der skandinavischen Halbinsel wieder hergestellt werden kann. Ich erkläre deshalb, dieses Anerbieten des Stortings nicht annehmen zu können.

Allen denen, die mir während meiner dreiunddreißigjährigen Regierungszeit treu in Norwegen gedient haben, und die zu ihrem früheren Könige noch Liebe bewahrt haben, entbiete ich hiermit zum Abschied meinen herzlichen Dank und meine aufrichtigen Segenswünsche.

Auf dem Schloß zu Stockholm
am 26. Oktober 1905

Oskar


Quellen: Max Fleischmann, Das Staatsgrundgesetz des Königreichs Norwegen, Verlag von M.&H. Marcus Breslau 1912
© 15. Februar  2002 - 11. März 2012
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