Grundgesetz der Republik Lettland

 

vom 15. Februar 1922
verkündet am 7. August 1922 in der Sammlung der Gesetze und Regierungsverordnungen Lettlands (Likumu)
in Kraft getreten am 7. November 1922

geändert durch
Gesetz vom 21. März 1933 (Likumu Nr. 5 vom 25.4.1933)

durch Staatsstreich von Ministerpräsident Karl Ulmanis am 15. Mai 1934 faktisch aufgehoben
durch die diktatorisch-autoritäre "Verfassung" von 1936 faktisch aufgehoben
durch die Verfassung der Lettischen SSR vom 25. August 1940 faktisch aufgehoben.
durch die Verfassung der Lettischen SSR vom 18. April 1978 faktisch aufgehoben.
durch Beschluss des Obersten Sowjets der Lettischen SSR vom 4. Mai 1990 vorläufig und teilweise wieder in Kraft gesetzt
(Art. 1 bis 3 und 6; restliche Artikel vorläufig suspendiert)
durch Zusammentritt des Seimas am 6. Juli 1993 (siehe Sitzungsprotokoll via www.saeima.lv)  wieder in Kraft gesetzt
(Grundgesetz neu verkündet in der Zinjotas 1993, Nr. 30  vom 14. Oktober 1993, Pos. 577)

geändert durch
Gesetz vom 27. Januar 1994 (Likumu Nr. 19 vom 12.2.)
Gesetz vom 5. Juni 1996 (Likumu Nr. 100/101 vom 12.6.)
Gesetz vom 4. Dezember 1997 (Likumu Nr. 331/332 vom 17.12.)
Gesetz vom 15. Oktober 1998 (Likumu Nr. 308/312 vom 23.10.)
Gesetz vom 30. April 2002 (Likumu Nr. 70 vom 10.5.)
Gesetz vom 8. Mai 2003 (Likumu Nr. 76 vom 22.5.)
Gesetz vom 23. September 2004 (Likumu Nr. 159 vom 7.10.)
Gesetz vom 15. Dezember 2005 (Likumu Nr. 1 vom 3.1.2006)
Gesetz vom 3. Mai 2007 (Likumu Nr. 79 vom 17.5.)
 

Das lettische Volk hat sich in seiner frei erwählten konstituierenden Versammlung dieses Grundgesetz gegeben:

I. Kapitel.
Allgemeine Bestimmungen.

1. Lettland ist eine unabhängige demokratische Republik.

2. Die souveräne Gewalt des Staates Lettland gehört dem lettischen Volke.

3. Das Staatsgebiet Lettlands besteht aus Livland, Lettgallen, Kurland und Semgallen in den durch völkerrechtliche Verträge festgelegten Grenzen.

4. Die Farbe der Staatsfahne ist rot mit einem weißen Streifen.

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 erhielt der Art. 4 mit Wirkung vom 6. November 1998 folgende Fassung:
"4. Staatssprache der Republik Lettland ist die lettische Sprache. Die Farbe der Staatsfahne ist rot mit einem weißen Streifen."

II. Kapitel.
Der Seimas.

5. Der Seimas besteht aus einhundert Volksvertretern.

6. Der Seimas wird auf Grund allgemeiner, gleicher, direkter und geheimer Abstimmung nach den Grundsätzen der Verhältniswahlen erwählt.

7. Beim Einteilen Lettlands in einzelne Wahlbezirke muß die Zahl der vom Bezirke zu erwählenden Seimas-Abgeordneten im Verhältnis zu den in jedem Bezirke wohnenden Wählern festgelegt werden.

8. Das Wahlrecht steht den vollberechtigten lettischen Bürgern beiderlei Geschlechts zu, welche am ersten Wahltage das 21. Jahr erreicht haben.

Durch Gesetz vom 27. Januar 1994 erhielt der Artikel 8 mit Wirkung vom 26. Februar 1994 folgende Fassung:
"8. Das Wahlrecht steht den vollberechtigten Staatsbürgern Lettlands zu, welche am Wahltage das achtzehnte Lebensjahr erreicht haben."

9. In den Seimas kann ein jeder vollberechtigte lettische Bürger erwählt werden, der am ersten Wahltage das 21. Jahr erreicht hat.

10. Der Seimas wird auf drei Jahre gewählt.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 10 mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Fassung:
"10. Der Seimas wird auf vier Jahre gewählt."

11. Die Seimaswahlen sind am ersten Sonntage des Oktober und am vorhergehenden Sonnabend zu vollziehen.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 11 mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Fassung:
"11. Die Seimaswahlen sind am ersten Sonnabend des Oktober zu vollziehen."

12. Der neuerwählte Seimas tritt zur ersten Sitzung am ersten Dienstag des November zusammen, zum selbigen Termin läuft auch die Vollmacht des vorherigen Seimas ab.

13. Wenn aus Anlaß der Auflösung der Seimas zu anderer Zeit erwählt werden muß, so tritt der entsprechende Seimas nicht später als in Monatsfrist nach Vollendung der Wahlen zusammen und dessen Vollmacht läuft nach zwei Jahren am ersten Dienstag des November ab, zugleich mit dem Zusammentritt des neuerwählten Seimas.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 13 mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Fassung:
"13. Wenn aus Anlaß der Auflösung der Seimas zu anderer Zeit erwählt werden muß, so tritt der entsprechende Seimas nicht später als in Monatsfrist nach Vollendung der Wahlen zusammen und dessen Vollmacht läuft nach drei Jahren am ersten Dienstag des November ab, zugleich mit dem Zusammentritt des neuerwählten Seimas."

14. Die Wähler können einzelne Seimasmitglieder nicht abberufen.

15. Die Sitzungen des Seimas werden in Riga abgehalten und nur in außerordentlichen Fällen kann es auch anderwärts zusammentreten.

16. Der Seimas erwählt ein Präsidium, das aus einem Präsidenten, dessen zwei Stellvertretern und Schriftführern besteht. Das Präsidium des Seimas führt seine Geschäfte ununterbrochen während der ganzen Legislaturperiode fort.

17. Die erste Sitzung des neuerwählten Seimas eröffnet der Präsident des vorherigen Parlaments oder ein anderes vom Präsidium hierzu bevollmächtigtes Präsidiumsmitglied.

18. Dem Seimas selbst steht die Wahlprüfung seiner Mitglieder zu.

Durch Gesetz vom 30. April 2002 erhielt der Artikel 18 mit Wirkung vom 5. November 2002 folgende Fassung:
"18. Dem Seimas selbst steht die Wahlprüfung seiner Mitglieder zu. Eine in den Seimas gewählte Person erhält das Mandat, wenn sie das folgende feierliche Versprechen ablegt:
    "Ich schwöre (verspreche feierlich) vor dem lettischen Volke, mit der Übernahme der Pflichten als Abgeordneter des Seimas treu zu sein, seine Souveränität und die lettische Sprache als die einzige Amtssprache zu stärken, Lettland als unabhängigen und demokratischen Staat zu stärken und meine Pflichten ehrenvoll und gewissenhaft zu erfüllen. Ich verpflichte mich, das Grundgesetz und die Gesetze Lettlands zu beachten."

19. Das Präsidium des Seimas beruft den Seimas auf Sessionen und bestimmt die ordentlichen und außerordentlichen Sitzungen.

20. Das Präsidium des Seimas muß den Seimas aufeine Sitzung berufen, wenn es der Staatspräsident, Ministerpräsident oder mindestens ein Drittel der Seimasmitglieder verlangt.

21. Zur Regelung der inneren Arbeit und Ordnung wird vom Seimas eine Geschäftsordnung ausgearbeitet.

Durch Gesetz vom 30. April 2002 erhielt der Artikel 21 mit Wirkung vom 24. Mai 2002 folgende Fassung:
"21. Zur Regelung der inneren Arbeit und Ordnung wird vom Seimas eine Geschäftsordnung ausgearbeitet. Die Arbeitssprache des Seimas ist die lettische Sprache."

22. Die Sitzungen des Seimas sind öffentliche. Auf Antrag von zehn Seimasmitgliedern, oder des Staatspräsidenten, Ministerpräsidenten oder Ministers kann mit mindestens Zweidrittelmehrheit anwesender Abgeordneten die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.

23. Die Sitzungen des Seimas können abgehalten werden sobald an ihnen mindestens die Hälfte der Seimasmitglieder teilnimmt.

24. Zu einem Beschlusse des Seimas ist, außer den in dem Grundgesetz besonders vorausgesehenen Fällen, die absolute Stimmenmehrheit der anwesenden Abgeordneten erforderlich.

25. Der Seimas bestellt Ausschüsse mit Festsetzung deren Mitgliederzahl und Aufgaben. Den Ausschüssen steht es zu, von den einzelnen Ministern und Selbstverwaltungsorganen die für ihre Betätigung nötigen Auskünfte und Erklärungen zu verlangen, sowohl als auch die verantwortlichen Vertreter entsprechender Ministerien und Selbstverwaltungskörperschaften auf ihre Sitzungen zwecks Entgegennahme verschiedener Erklärungen zu laden. Die Ausschüsse können ihre Geschäfte auch zwischen den Sessionen fortführen.

26. Der Saimas hat für bestimmte Fälle auf Antrag mindestens eines Drittels seiner Mitglieder parlamentarische Untersuchungsausschüsse einzusetzen.

27. Der Seimas ist berechtigt dem Ministerpräsidenten oder einzelnen Ministern Interpellationen und Fragen zu stellen, welche sie selbst oder eine von ihnen bevollmächtigte beamtete Person zu beantworten hat. Der Ministerpräsident oder Minister haben auf Verlangen des Seimas oder eines Ausschusses desselben ihnen entsprechende Dokumente und Akten vorzuweisen.

28. Ein Seimasmitglied darf wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes getanen Äußerungen zur Verantwortung nicht gezogen werden, sei es auf dem gerichtlichen, administrativen oder disziplinären Wege. Ein Seimasmitglied kann zur gerichtlichen Verantwortung gezpgen werden, wenn er selbst in Ausübung seines Berufs,
1) wissentlich unwahre Mitteilungen macht, die die Ehre angreifen,
2) Mitteilungen über das private oder Familienleben verbreitet, die die Ehre angreifen.

29. Ein Seimasmitglied darf nicht verhaftet, Haussuchungen oder anderen Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit unterworfen werden ohne Genehmigung des Seimas. Ein Seimasmitglied darf verhaftet werden, sobald es bei Ausübung der Tat ergriffen wird. Wegen jeder Verhaftung eines Seimasmitglieds muß das Präsidium des Seimas in 24 Stunden benachrichtigt werden, welch letzteres dies der nächsten Sitzung des Seimas zur weiteren Inhaftbelassung oder Befreiung des Seimasmitgliedes einbringt. In der zeit zwischen den Sessionen bis zur Eröffnung der Session bestimmt über die weitere Inhaftbelassung eines Seimasmitgliedes das Präsidium des Seimas.

30. Man kann kein allgemein-rechtliches oder administratives Verfahren gegen ein Seimasmitglied wegen einer strafbaren Handlung ohne Genehmigung des Seimas einleiten.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 30 mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Fassung:
"30. Gegen ein Seimasmitglied darf ohne Genehmigung des Seimas  ein Strafverfahren nicht eingeleitet oder eine administrative Strafe nicht verhängt werden."

31. Ein Seimasmitglied ist berechtigt, das Zeugnis zu verweigern:
1) über Personen, die ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneten irgendwelche Tatsachen oder Mitteilungen anvertraut haben;
2) über Personen, denen er in Ausübung seines Abgeordnetenberufs irgendwelche Tatsachen oder Mitteilungen anvertraut hat;
3) über diese Tatsachen oder Mitteilungen selbst.

32. Kein Seimasmitglied darf, weder in eigener Person noch im Namen anderer Personen, vom Staate Bestellungen und Konzessionen bekommen. Die Bestimmungen dieses Artikels beziehen sich auf Minister, auch wenn sie keine Seimasmitglieder sind.

33. Die Seimasmitglieder erhalten eine Entschädigung aus Staatsmitteln.

34. Für wahrheitsgetreue Berichte über Sitzungen des Seimas und seiner Ausschüsse kann niemand zur Verantwortung gezogen werden. Über geschlossene Sitzungen des Seimas und der Ausschüsse können Mitteilungen nur mit Genehmigung des Präsidiums des Seimas oder der Ausschüsse gemacht werden.

III. Kapitel.
Der Staatspräsident.

35. Der Staatspräsident wird vom Seimas auf 3 Jahre gewählt.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 35 mit Wirkung vom 8. Juli 1999 folgende Fassung:
"35. Der Staatspräsident wird vom Seimas auf vier Jahre gewählt."

36. Der Staatspräsident wird in geheimer Abstimmung mit einer Mehrheit von mindestens 51 Stimmen der Seimasmitglieder gewählt.

37. Als Staatspräsident kann nur eine Person gewählt werden, welche das vierzigste Lebensjahr vollendet hat.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 37 mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Fassung:
"37. Als Staatspräsident kann nur ein vollberechtigter Staatsbürger Lettlands gewählt werden, welcher das vierzigste Lebensjahr vollendet hat. Zum Staatspräsidenten kann nicht gewählt werden, wer eine zweite Staatsangehörigkeit besitzt."

38. Das Amt des Staatspräsidenten ist mit keinem anderen Amte vereinbar. Ist als Staatspräsident eine Person erwählt, die Seimasmitglied ist, so hat sie die Vollmacht eines Seimasmitgliedes niederzulegen.

39. Eine und dieselbe Person darf als Staatspräsident nicht länger als sechs Jahre ununterbrochen amtieren.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 39 mit Wirkung vom 8. Juli 1999 folgende Fassung:
"39. Eine und dieselbe Person darf als Staatspräsident nicht länger als acht Jahre ununterbrochen amtieren."

40. In der nächsten, nach erfolgter Wahl zusammentretenden Sitzung des Seimas leistet der Staatspräsident bei der Übernahme seines Amtes folgenden feierlichen Eid:
    "Ich schwöre, daß mein ganzes Tun dem Wohle des lettischen Volkes gewidmet sein wird. Ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht, dem Staate Lettland und der Wohlfahrt dessen Einwohner beizuwirken. Ich werde das Grundgesetz Lettlands und dessen Staatsgesetze heilig halten und wahren. Gegen jedermann werde ich gerecht handeln und meine Pflichten nach bestem Gewissen erfüllen."

Durch Gesetz vom 3. Mai 2007 erhielt der Artikel 40 mit Wirkung vom 31. Mai 2007 folgende Fassung:
"40. Der Staatspräsident leistet dem Seimas bei der Übernahme seines Amtes folgenden feierlichen Eid:
    "Ich schwöre, daß mein ganzes Tun dem Wohle des lettischen Volkes gewidmet sein wird. Ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht, dem Staate Lettland und der Wohlfahrt dessen Einwohner beizuwirken. Ich werde das Grundgesetz Lettlands und dessen Staatsgesetze heilig halten und wahren. Gegen jedermann werde ich gerecht handeln und meine Pflichten nach bestem Gewissen erfüllen.""

41. Der Staatspräsident vertritt den Staat völkerrechtlich, er beglaubigt die lettischen und empfängt die ausländischen diplomatischen Vertreter. Er vollführt die vom Seimas beschlossene Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge.

42. Der Staatspräsident ist der oberste Führer der staatlichen Wehrmacht. In Kriegszeit ernennt er den Oberbefehlshaber.

43. Der Staatspräsident erklärt laut Beschluß des Seimas Krieg.

44. Der Staatspräsident hat das Recht, die notwendigen militärischen Wehrmaßregeln zu ergreifen, wenn ein fremdes Land Lettland den Krieg erklärt oder der Feind die lettischen grenzen überschritten hat. Zugleich damit hat der Staatspräsident unverzüglich den Seimas zusammenzurufen, welches über Kriegserklärung und Aufnahme der Feindseligkeiten bestimmt.

45. Der Staatspräsident hat das Recht Verbrecher, über denen der Gerichtsspruch in Kraft getreten ist, zu begnadigen. Dieses Begnadigungsrecht bezieht sich nicht auf diejenigen Fälle, für welche das Gesetz ein anderes Begnadigungsverfahren vorausgesehen hat. Amnestien werden vom Seimas beschlossen.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 45 mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Fassung:
"45. Der Staatspräsident hat das Recht Verbrecher, über denen der Gerichtsspruch in Kraft getreten ist, zu begnadigen. Den Umfang und das Verfharen für den Gebrauch dieses Rechts legt ein spezielles Gesetz fest. Amnestien werden vom Seimas beschlossen."

46. Der Staatspräsident hat das Recht außerordentliche Sitzungen des Ministerkabinetts mit Vorausbestimmung deren Tagesordnungen zusammenzurufen und zu leiten.

47. Dem Staatspräsidenten steht das Recht zu, Gesetzesanträge zustellen.

48. Dem Staatspräsidenten steht das Recht zu, die Auflösung des Seimas zu beantragen. Hernach erfolgt eine Volksabstimmung. Ist in der Volksabstimmung mehr als die Hälfte der Abstimmenden für die Auflösung des Parlaments, so ist das letztere als aufgelöst zu betrachten und eine Neuwahl ist nicht später als in zwei Monaten nach der Seimasauflösung anzuberaumen.

49. Ist der Seimas aufgelöst, so bleiben jedoch die Seimasmitglieder inihren berufsrechten bis zum Zusammentritt des neuerwählten Seimas; der bisherige Seimas kann in Sitzungen nur dann zusammentreten, wenn der Staatspräsident es einberuft. Die Tagesordnung solcher Sitzungen des Seimas wird vom Staatspräsidenten festgesetzt.

50. Wenn in der Volksabstimmung mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen gegen die Auflösung des Parlaments ist, so ist der Staatspräsident als abgesetzt zu betrachten und das Parlament hat von neuem einen Staatspräsidenten für die von der Amtsdauer des abgesetzten Präsidenten übriggebliebene Zeit zu wählen.

51. Auf Vorschlag mindestens einer Hälfte aller Seimasmitglieder, kann das Parlament in geschlossener Sitzung mit einer Zweidrittelmehrheit aller Seimasmitglieder beschließen, den Staatspräsidenten abzusetzen. Nach diesem Beschluß hat der Seimas unverzüglich einen neuen Staatspräsidenten zu erwählen.

52. Entsagt der Staatspräsident dem Amte, stirbt er, oder wird er vor Ablauf der Amtsfrist abberufen, so vertritt sein Amt bis zur Durchführung neuer Staatspräsidentenwahlen seitens des Seimas der Präsident des Seimas. Auch hat der Präsident des Seimas den Staatspräsidenten zu vertreten, wenn der letztere sich außerhalb der Staatsgrenzen befindet oder auf andere Weise verhindert ist sein Amt zu erfüllen.

53. Der Staatspräsident trägt für seine politische Tätigkeit keine Verantwortung. Alle Verfügungen des Staatspräsidenten bedürfen der gegenzeichnung durch den Ministerpräsidenten oder den zuständigen Minister, welch letztere zugleich damit die volle Verantwortung für diese Verfügung auf sich nehmen, mit Ausnahme der in Artikel 4856 vorausgesehenen Fälle.

54. Der Staatspräsident kann zur strafrechtlichen Verantwortung nur mit Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit des Seim gezogen werden.

IV. Kapitel.
Das Ministerkabinett.

55. Das Ministerkabinett besteht aus dem Ministerpräsident und den von ihm berufenen Ministern.

56. Das Ministerkabinett wird von einer Person zusammengestellt, die dazu vom Staatspräsidenten berufen wird.

57. Die Zahl der Minister und deren Zuständigkeit, sowie auch die gegenseitigen Beziehungen der Behörden werden vom Gesetze bestimmt.

58. Dem Ministerkabinett sind die Staatsbehörden unterworfen.

59. Der Ministerpräsident und die Minister bedürfen zu ihrer Amtsführung notwendig das Vertrauen des Seimas und sind für ihre Tätigkeit dem Seimas gegenüber verantwortlich. Drückt der Seimas ein Mißtrauen dem Ministerpräsidenten aus, so hat das ganze Kabinett abzutreten. Ist das Mißtrauen einem einzelnen Minister ausgedrückt, so muß derselbe demissionieren und auf dessen Stelle ist vom Ministerpräsidenten eine andere Person zu bestellen.

60. Die Sitzungen des Ministerkabinetts werden vom Ministerpräsidenten geleitet, bei seiner Abwesenheit von demjenigen Minister, der dazu vom Ministerpräsidenten bestellt wird.

61. Das Ministerkabinett beschließt über alle von den einzelnen Ministerien ausgearbeiteten Gesetzentwürfe und Fragen, welche sich auf die Tätigkeit mehrerer Ministerien beziehen, sowohl als über die von einzelnen Kabinettsmitgliedern eingebrachten Fragen der Staatspolitik.

62. Wenn der Staat vom äußeren Feinde bedroht wird oder im Staate oder in dessen Teilen innere Unruhen entstehen oder zu entstehen drohen, welche die bestehende Staatsordnung gefährden, so hat das Ministerkabinett das Recht, den Ausnahmezustand zu erklären, wobei das Präsidium des Seimas davon in 24 Stunden in Kenntnis gesetzt werden muß. Das Präsidium des Seimas hat besagten Ministerkabinettsbeschluß unverzüglich dem Seimas vorzulegen.

63. Minister, auch wenn sie keine Seimasmitglieder sind, und die von Ministern beauftragten verantwortlichen Staatsbeamten haben das Recht, an den Sitzungen des Seimas und seiner Ausschüsse teilzunehmen und Verbesserungen bei Gesetzentwürfen einzubringen.

V. Kapitel.
Die Gesetzgebung.

64. Das Recht der Gesetzgebung steht dem Seimas, sowohl als auch dem Volke in der von dem Grundgesetz vorausgesehenen Ordnung zu.

65. Gesetzesvorlagen werden in den Seimas vom Staatspräsidenten, Ministerkabinett, Seimasausschüssen, von mindestens fünf einzelnen Abgeordneten und von einem zehnten Teil der Wähler in der von dem Grundgesetz vorausgesehenen Fällen und Ordnung eingebracht.

66. Alljährlich vor Beginn des Wirtschaftsjahres hat der Seimas einen Haushaltsplan über die Staatseinnahmen und -ausgaben, dessen Entwurf vom Ministerkabinett einzubringen ist, zu bestimmen.

Nimmt der Seimas einen Beschluß an, der mit dem Haushaltsplan nicht vorausgesehenen Ausgaben verbunden ist, so müssen im Beschluß auch die Mittel vorgesehen sein, mit denen diese Ausgaben zu decken sind.

Nach Ablauf des Wirtschaftsjahres muß das Ministerkabinett dem Seimas Abrechnungen über die Erfüllung des Haushaltsplanes zur Bestätigung einbringen.

67. Der Seimas beschließt über die Größe der Wehrmacht in Friedenszeiten.

68. Alle völkerrechtlichen Verträge, welche die auf dem Gesetzgebungswege zu erledigenden Fragen regeln, bedürfen der Zustimmung des Seimas.

Durch Gesetz vom 8. Mai 2003 erhielt der Artikel 68 mit Wirkung vom 5. Juni 2003 folgende Fassung:
"68. Alle völkerrechtlichen Verträge, welche die auf dem Gesetzgebungswege zu erledigenden Fragen regeln, bedürfen der Zustimmung des Seimas.
Zur Stärkung der Demokratie kann Lettland beim Abschluß eines internationalen Vertrages Teile der Kompetenzen seiner staatlichen Organe auf internationale Organisationen übertragen. Internationale Verträge, in denen ein Teil der Kompetenzen der staatlichen Organe auf internationale Organisationen übertragen werden, können durch den Seimas nur beschlossen werden, wenn in der Sitzung mindestens zwei Drittel der Seimasmitglieder anwesend sind und die Zustimmung mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder erfolgt.
Über die Mitgliedschaft Lettlands in der Europäischen Union wird durch Volksabstimmung entschieden, die auf Vorschlag des Seimas durchgeführt wird.
Erhebliche Änderungen der Bedingungen der Mitgliedschaft Lettlands in der Europäischen Union werden durch Volksabstimmung entschieden, wenn dies mindestens die Hälfte der Seimasmitglieder verlangt."

69. Der Staatspräsident hat die vom Seimas angenommenen Gesetze nicht früher als am siebenten Tage und nicht später als am einundzwanzigsten Tage nach deren Annahme zu verkünden. Das Gesetz tritt, soweit im Gesetze kein anderer Termin bestimmt ist, mit dem vierzehnten Tage nach der Verkündung in Kraft.

Durch Gesetz vom 23. September 2004 erhielt der Artikel 69 mit Wirkung vom 21. Oktober 2004 folgende Fassung:
"69. Der Staatspräsident hat die vom Seimas angenommenen Gesetze nicht früher als am zehnten Tage und nicht später als am einundzwanzigsten Tage nach deren Annahme zu verkünden. Das Gesetz tritt, soweit im Gesetze kein anderer Termin bestimmt ist, mit dem vierzehnten Tage nach der Verkündung in Kraft."

70. Der Staatspräsident verkündet die angenommenen Gesetze in folgender Weise: "Das Parlament (resp. das Volk) hat angenommen und der Staatspräsident verkündet folgendes Gesetz (resp. Gesetzeswortlaut)".

71. Im Laufe von sieben Tagen nach Annahme des Gesetzes im Parlament, kann der Staatspräsident in einem an den Präsidenten des Seimas gerichteten Schreibens eine nochmalige Durchberatung des Gesetzes fordern. Ändert der Seimas das Gesetz nicht, so kann der Staatspräsident zum zweitenmal keine Einrede erheben.

Durch Gesetz vom 23. September 2004 erhielt der Artikel 71 mit Wirkung vom 21. Oktober 2004 folgende Fassung:
"71. Im Laufe von zehn Tagen nach Annahme des Gesetzes im Parlament, kann der Staatspräsident in einem an den Präsidenten des Seimas gerichteten Schreibens eine nochmalige Durchberatung des Gesetzes fordern. Ändert der Seimas das Gesetz nicht, so kann der Staatspräsident zum zweiten Mal keine Einrede erheben."

72. Der Staatspräsident hat das Recht, die Veröffentlichung eines Gesetzes bis auf zwei Monate auszusetzen. Er ist verpflichtet die Veröffentlichung des Gesetzes auszusetzen, wenn dieses mindestens von einem Drittel der Seimasmitglieder verlangt wird. Dieses Recht kann der Staatspräsident oder ein Drittel der Seimasmitglieder im Laufe von sieben Tagen nach Annahme des Gesetzes im Seimas verwirklichen. Das auf solche Weise aufgehobene Gesetz muß zur Volksabstimmung übergeben werden, wenn dieses mindestens von einem Zehntteil der Wähler verlangt wird. Ist in den obenerwähnten zwei Monaten solch ein Ersuchen nicht eingereicht worden, so muß nach Ablauf dieser Frist das Gesetz veröffentlicht werden. Die Volksabstimmung findet trotzdem nicht statt, wenn der Seimas nochmals für das Gesetz stimmt und wenn für die Annahme der Volksabstimmung mindestens drei Viertel von allen Abgeordneten gestimmt haben.

Durch Gesetz vom 23. September 2004 erhielt der Artikel 72 mit Wirkung vom 21. Oktober 2004 folgende Fassung:
"72. Der Staatspräsident hat das Recht, die Veröffentlichung eines Gesetzes bis auf zwei Monate auszusetzen. Er ist verpflichtet die Veröffentlichung des Gesetzes auszusetzen, wenn dieses mindestens von einem Drittel der Seimasmitglieder verlangt wird. Dieses Recht kann der Staatspräsident oder ein Drittel der Seimasmitglieder im Laufe von zehn Tagen nach Annahme des Gesetzes im Seimas verwirklichen. Das auf solche Weise aufgehobene Gesetz muß zur Volksabstimmung übergeben werden, wenn dieses mindestens von einem Zehntteil der Wähler verlangt wird. Ist in den obenerwähnten zwei Monaten solch ein Ersuchen nicht eingereicht worden, so muß nach Ablauf dieser Frist das Gesetz veröffentlicht werden. Die Volksabstimmung findet trotzdem nicht statt, wenn der Seimas nochmals für das Gesetz stimmt und wenn für die Annahme der Volksabstimmung mindestens drei Viertel von allen Abgeordneten gestimmt haben."

73. Zur Volksabstimmung dürfen nicht übergeben werden: der Staatshaushalt und Gesetze über Anleihen, Steuern, Zölle, Eisenbahntarife, Wehrpflicht, Kriegserklärung und -beginn, Friedensabschluß, Erklärung und Aufhebung des Ausnahmezustandes, Mobilisierung und Demobilisierung, sowohl als auch Verträge mit auswärtigen Staaten.

74. Die vom Seimas angenommenen und auf Grund des Art. 72 aufgeschobenen Gesetze können durch  Volksabstimmung abgeändert werden, wenn bei derselben mindestens eine Hälfte aller Stimmberechtigten teilgenommen hat.

Durch Gesetz vom 21. März 1933 erhielt der Artikel 74 folgende Fassung:
"74. Die vom Seimas angenommenen und auf Grund des Art. 72 aufgeschobenen Gesetze können durch Volksabstimmung abgeändert werden, wenn bei derselben mindestens die Hälfte der Zahl der Wähler beträgt, die bei den letzten Wahlen zum Seimas teilgenommen hatten und die Mehrheit für die Änderung des Gesetzes gestimmt hat."

75. Nimmt der Seimas mindestens mit Zweidrittelmehrheit die Dringlichkeit eines Gesetzes an, dann kann der Staatspräsident einen nochmaligen Seimasbeschluß über solch ein Gesetz nicht verlangen; ein derartiges Gesetz kann zur Volksabstimmung nicht übergeben werden und es darf nicht später als binnen drei Tagen nach Empfang des angenommenen Gesetzes seitens des Staatspräsidenten veröffentlicht werden.

76. Der Seimas kann das Grundgesetz nur in solchen Sitzungen ändern, an denen mindestens zwei Drittel der Seimasabgeordneten teilnehmen. Die Änderungen werden in drei Lesungen mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten angenommen.

77. Hat der Seimas den Art. 1, 2, 3 oder 6 des Grundgesetzes abgeändert, so müssen solche Abänderungen zur Erlangung der Gesetzeskraft der Volksabstimmung übergeben werden.

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 erhielt der Art. 77 mit Wirkung vom 6. November 1998 folgende Fassung:
"77. Hat der Seimas den Art. 1, 2, 3, 4, 6 oder 77 des Grundgesetzes abgeändert, so müssen solche Abänderungen zur Erlangung der Gesetzeskraft durch Volksabstimmung bestätigt werden."

78. Mindestens ein Zehntel der Wahlberechtigten kann dem Staatspräsidenten einen vollständig ausgearbeiteten Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes oder einen Gesetzesvorschlag einbringen, welche der Präsident dem Seimas übergibt. Nimmt der Seimas einen derartigen Entwurf inhaltilich unverändert nicht an, so muß er zur Volksabstimmung übergeben werden.

79. Die zur Volksabstimmung übergebenen Grundgesetzänderungen gelten als angenommen, wenn mindestens eine Hälfte aller Wahlberechtigten ihnen zustimmt.

Durch Gesetz vom 21. März 1933 wurde dem Artikel 79 folgender Absatz angefügt:
"Die zur Volksabstimmung übergebenen Gesetzesvorschläge gelten als angenommen, wenn die Zahl der Abstimmenden mindestens die Hälfte der Zahl der Wähler beträgt, die bei den letzten Wahlen zum Seimas teilgenommen hatten, und die Mehrheit für den Gesetzesvorschlag gestimmt hat."

Durch Gesetz vom 8. Mai 2003 erhielt der Artikel 79 mit Wirkung vom 5. Juni 2003 folgende Fassung:
"79. Die zur Volksabstimmung übergebenen Grundgesetzänderungen gelten als angenommen, wenn mindestens eine Hälfte aller Wahlberechtigten ihnen zustimmt.
Die zur Volksabstimmung übergebenen Gesetzesvorschläge, die Entscheidung über die Mitgliedschaft Lettlands in der Europäischen Union oder erhebliche Veränderungen der Bedingungen dieser Mitgliedschaft, die einer Volksabstimmung übergeben wurden, gelten als angenommen, wenn die Zahl der Abstimmenden mindestens die Hälfte der Zahl der Wähler beträgt, die bei den letzten Wahlen zum Seimas teilgenommen hatten, und die Mehrheit für den Gesetzesvorschlag, der Mitgliedschaft Lettlands in der Europäischen Union oder der erheblichen Änderungen der Bedingungen dieser Mitgliedschaft gestimmt hat."

80. An der Volksabstimmung können alle lettischen Bürger teilnehmen, die zu den Seimaswahlen Stimmrecht besitzen.

81. Zwischen zwei Parlamentssessionen hat das Ministerkabinett das Recht, sobald dringliche Notwendigkeit dieses erfordert, Verordnungen herauszugeben, welche Gesetzeskraft besitzen. Solche Verordnungen dürfen nicht das Gesetz über die Seimaswahlen, die Gesetze über die Gerichtsverfassung und -verfahren, Budget und Budgetrechte, sowie die vom gegenwärtigen Seimas angenommenen Gesetze berühren, auch können sie sich nicht beziehen auf Amnestie, Emmission von Staatskassenscheinen, Staatssteuern, Zölle, Eisenbahntarife und Anleihen, sie treten außer Kraft, wenn sie in drei Tagen nach Eröffnung der nächsten Parlamentssession dem Seimas nicht unterbreitet werden.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 81 mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Fassung:
"81. Zwischen zwei Parlamentssessionen hat das Ministerkabinett das Recht, sobald dringliche Notwendigkeit dieses erfordert, Verordnungen herauszugeben, welche Gesetzeskraft besitzen. Solche Verordnungen dürfen nicht das Gesetz über die Seimaswahlen, die Gesetze über die Gerichtsverfassung und -verfahren, Budget und Budgetrechte, sowie die vom gegenwärtigen Seimas angenommenen Gesetze berühren, auch können sie sich nicht beziehen auf Amnestie, Staatssteuern, Zölle und Anleihen, sie treten außer Kraft, wenn sie in drei Tagen nach Eröffnung der nächsten Parlamentssession dem Seimas nicht unterbreitet werden."

Durch Gesetz vom 3. Mai 2007 wurde der Artikel 81 mit Wirkung vom 31. Mai 2007 aufgehoben.

VI. Kapitel.
Die Rechtspflege.

82. Vor Gesetz und Gericht sind alle Bürger gleich.

siehe nach der Grundgesetzänderung vom 15. Oktober 1998 den Artikel 91 !

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 erhielt der Art. 82 mit Wirkung vom 6. November 1998 folgende Fassung:
"82. Als Gerichte entscheiden in Lettland die Amts-(Stadt-)gerichte, die Bezirksgerichte und das Oberste Gericht, jedoch im Falle des Kriegs- oder Ausnahmezustandes auch die Kriegsgerichte."

83. Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

84. Die Richter werden vom Seimas in ihrem Amte bestätigt. Die Richter können von ihrem Amte gegen ihren Willen nur auf Grund einer Gerichtsentscheidung enthoben werden. Das Gesetz kann das Alter festsetzen, mit dessen Erreichung die Richter ihre Ämter niederzulegen haben.

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 erhielt der Artikel 84 mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Fassung:
"84. Die Richter werden vom Seimas in ihrem Amte bestätigt. Die Richter können von ihrem Amte gegen ihren Willen nur gemäß den in einem Gesetz vorgesehenen Gründen enthoben werden, auf die sich die Beschlüsse eines Richterdisziplinarkollegiums oder ein Gerichtsurteil in einer Strafsache stützen. Das Gesetz kann das Alter festsetzen, mit dessen Erreichung die Richter ihre Ämter niederzulegen haben."

85. In Lettland bestehen auf Grund eines speziellen Gesetzes Geschworenengerichte.

Durch Gesetz vom 5. Juni 1996 erhielt der Artikel 85 mit Wirkung vom 26. Juni 1996 folgende Fassung:
"85. In Lettland besteht ein Verfassungsgericht, das im Rahmen seiner in einem Gesetz festgelegten Kompetenz Rechtssachen über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen sowie andere, durch Gesetz seiner Kompetenz zugewiesenen Rechtssachen verhandelt. Das Verfassungsgericht ist berechtigt, Gesetze und andere Rechtsakte oder deren Teile für außer Kraft stehend zu erklären. Die Richter am Verfassungsgericht bestätigt der Seimas für eine durch Gesetz festgelegte Dauer in geheimer Abstimmung mit der Stimmenmehrheit von mindestens 51 Seimasmitgliedern."

86. Recht dürfen nur diejenigen Organe sprechen, denen das Gesetz diese Zuständigkeit beigibt und zwar nur in der vom Gesetze geregelten Ordnung. Kriegsgerichte wirken auf Grund eines besonderen Gesetzes.

VII. Kapitel.
Die Staatskontrolle.

87. Die Staatskontrolle ist eine unabhängige kollegiale Behörde.

88. Die Staatskontrolleure werden ernannt und bestätigt in derselben WEise, wie die Richter, aber lediglich auf bestimmte Zeit, in deren Verlauf sie nur auf Richterspruch hin von ihrem Amte enthoben werden dürfen. Die Verfassung und Zuständigkeit der Staatskontrolle werden von einem besonderen Gesetze geregelt.

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgende Überschrift eingefügt:

"VIII. Kapitel.
Die Grundrechte des Menschen.
"

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"89. Der Staat erkennt die Grundrechte des Menschen an und schützt sie im Einklang mit diesem Grundgesetz, den Gesetzen und den Lettland bindenden völkerrechtlichen Verträgen."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"90. Jeder hat das Recht, seine Rechte zu kennen."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"91. Alle Menschen sind in Lettland vor dem Gesetz und dem Gericht gleich. Die Menschenrechte werden ohne jede Diskriminierung verwirklicht."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"92. Jeder kann seine Rechte und gesetzmäßigen Interessen vor einem gerechten Gericht vertreten. Jeder gilt als unschuldig, solange seine Schuld nicht gemäß dem Gesetz festgestellt wurde. Im Falle einer unbegründeten Rechtsverletzung hat jeder das Recht auf eine angemessene Entschädigung. Jeder hat das Recht auf den Beistand eines Anwalts."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"93. Die Rechte und das Leben eines jeden werden gesetzlich geschützt."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"94. Jeder hat das Recht auf Freiheit und Unverletzlichkeit der Person. Niemandem darf die Freiheit anderweitig entzogen oder beschränkt werden als allein gemäß einem Gesetz."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"95. Der Staat schützt Ehre und Würde des Menschen. Folter sowie sonstige grausame oder die Würde herabsetzende Behandlung gegen einen Menschen sind verboten. Niemand darf einer grausamen oder die Menschenwürde verletzenden Strafe unterzogen werden."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"96. Jeder hat ein Recht auf Unverletzlichkeit des Privatlebens, der Behausung und der Korrespondenz.

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"97. Jeder, der sich rechtmäßig im Gebiet Lettlands aufhält, hat das Recht, sich frei fortzubewegen und den Wohnsitz zu wählen."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"98. Jeder hat das Recht, frei aus Lettland auszureisen. Jeder, der einen Paß Lettlands hat, steht außerhalb Lettlands unter dem Schutz des Staates und hat das Recht, frei nach Lettland zurückzukehren. Staatsbürger Lettlands dürfen nicht in das Ausland ausgeliefert werden."

Durch Gesetz vom 23. September 2004 erhielt der Artikel 98 mit Wirkung vom 21. Oktober 2004 folgende Fassung:
"98. Jeder hat das Recht, frei aus Lettland auszureisen. Jeder, der einen Paß Lettlands hat, steht außerhalb Lettlands unter dem Schutz des Staates und hat das Recht, frei nach Lettland zurückzukehren. Staatsbürger Lettlands dürfen nicht in das Ausland ausgeliefert werden, außer in den Fällen, in denen dies durch völkerrechtlichen Vertrag, der vom Seimas bestätigt wurde, vereinbart wurde und wenn durch die Auslieferung die durch das Grundgesetz geschützten Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht verletzt werden."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"99. Jeder hat das Recht auf Freiheit der Meinung, des Gewissens und der religiösen Überzeugung. Die Kirche ist vom Staat getrennt."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"100. Jeder hat das Recht auf Freiheit des Wortes, was das Recht umfaßt, Informationen frei zu erlangen, zu behalten und zu verbreiten sowie seine Ansichten auszudrücken. Die Zensur ist verboten."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"101. Jeder Staatsbürger Lettlands hat das Recht, sich in der gesetzlich vorgesehenen Weise an der Tätigkeit des Staates und der Selbstverwaltungen zu beteiligen sowie den Staatsdienst zu versehen."

Durch Gesetz vom 30. April 2002 erhielt der Artikel 101 mit Wirkung vom 24. Mai 2002 folgende Fassung:
"101. Jeder Staatsbürger Lettlands hat das Recht, sich in der gesetzlich vorgesehenen Weise an der Tätigkeit des Staates und der Selbstverwaltungen zu beteiligen sowie den Staatsdienst zu versehen.
Örtliche Selbstverwaltungen werden von den vollberechtigten lettischen Staatsbürgern gewählt. Die Arbeitssprache der örtlichen Selbstverwaltungen ist die lettische Sprache."

Durch Gesetz vom 23. September 2004 erhielt der Artikel 101 mit Wirkung vom 21. Oktober 2004 folgende Fassung:
"101. Jeder Staatsbürger Lettlands hat das Recht, sich in der gesetzlich vorgesehenen Weise an der Tätigkeit des Staates und der Selbstverwaltungen zu beteiligen sowie den Staatsdienst zu versehen.
Die örtlichen Selbstverwaltungen werden von den vollberechtigten lettischen Staatsbürgern und den Staatsbürgern der Europäischen Union mit ständigem Wohnsitz in Lettland gewählt. Jeder Bürger der Europäischen Union mit ständigem Wohnsitz in Lettland hat das Recht, sich in der gesetzlich vorgesehenen Weise an der Tätigkeit der örtlichen Selbstverwaltungen zu beteiligen. Die Arbeitssprache der örtlichen Selbstverwaltungen ist die lettische Sprache.

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"102. Jeder hat das Recht, sich zu Gemeinschaften, politischen Parteien und anderen gesellschaftlichen Organisationen zu vereinigen."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"103. Der Staat schützt die Freiheit vorher angemeldeter friedlicher Versammlungen und Aufzüge sowie Kundgebungen."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"104. Jeder hat das Recht, sich an die Behörden des Staates und der Selbstverwaltungen mit Anträgen zu wenden und eine Antwort in der Sache zu empfangen."

Durch Gesetz vom 30. April 2002 erhielt der Artikel 104 mit Wirkung vom 24. Mai 2002 folgende Fassung:
"104. Jeder hat das Recht, sich an die Behörden des Staates und der Selbstverwaltungen mit Anträgen zu wenden und eine Antwort in der Sache zu empfangen. Jeder hat das Recht, eine Antwort in lettischer Sprache zu erhalten."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"105. Jeder hat das Recht auf Eigentum. Das Eigentum darf nicht entgegen den Interessen der Gesellschaft genutzt werden. Die Eigentumsrechte dürfen allein gemäß dem Gesetz eingeschränkt werden. Eine Zwangsenteignung für die Bedürfnisse der Gesellschaft ist nur in Ausnahmefällen aufgrund eines besonderen Gesetzes gegen eine gerechte Entschädigung zulässig."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"106. Jeder hat das Recht, seine Beschäftigung und seinen Arbeitsplatz frei und entsprechend seinen Fähigkeiten und Qualifikationen auszuwählen. Zwangsarbeit ist verboten. Als Zwangsarbeit gilt nicht die Heranziehung zur Beseitigung von Katastrophen und deren Folgen sowie die Beschäftigung gemäß einer Gerichtsentscheidung."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"107. Jeder Beschäftigte hat das Recht, eine der ausgeübten Arbeit entsprechende Bezahlung zu empfangen, die nicht niedriger ist als die staatlich festgelegte Mindesthöhe, sowie auch das Recht auf allwöchentliche arbeitsfreie Tage und einen alljährlichen bezahlten Urlaub."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"108. Die Arbeitenden haben ein Recht auf einen Kollektivvertrag sowie auch das Recht zu streiken. Der Staat schützt die Freiheit der Gewerkschaften."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"109. Jeder hat das Recht auf eine Sozialversicherung für die Fälle des Alters, der Arbeitsunfähigkeit, der Arbeitslosigkeit und andere gesetzlich festgelegte Fälle."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"110. Der Staat schützt und fördert die Ehe, die Familie und die Rechte von Eltern und Kind. Der Staat unterstützt behinderte Kinder und Kinder, denen die Fürsorge der Eltern fehlt oder die unter Gewalttätigkeit gelitten haben."

Durch Gesetz vom 15. Dezember 2005 erhielt der Artikel 110 mit Wirkung vom 17. Januar 2006 folgende Fassung:
"110. Der Staat schützt und fördert die Ehe - eine Verbindung von Mann und Frau, die Familie und die Rechte von Eltern und Kind. Der Staat unterstützt behinderte Kinder und Kinder, denen die Fürsorge der Eltern fehlt oder die unter Gewalttätigkeit gelitten haben."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"111. Der Staat schützt die Gesundheit der Menschen und gewährleistet jedem ein Mindestmaß an medizinischer Hilfe."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"112. Jeder hat das Recht auf Bildung. Der Staat sichert die Möglichkeit, die Grundschulbildung und die mittlere Bildung zu erhalten. Zur Grundschulbildung besteht Pflicht."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"113. Der Staat erkennt die Freiheit wissenschaftlichen und künstlerischen Schaffens an und schützt die Urheberrechte und die Patentrechte."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"114. Personen, welche Minderheitenvolksgruppen angehören, haben das Recht, ihre Sprache und ethnischen und kulturellen Eigenheiten u wahren und zu entfalten."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"115. Der Staat schützt das Recht eines jeden, in einer angenehmen Umwelt zu leben, indem er Mitteilungen über den Zustand der Umwelt erstattet und für ihre Wahrung und Verbesserung sorgt."

Durch Gesetz vom 15. Oktober 1998 wurde an dieser Stelle mit Wirkung vom 6. November 1998 folgender Artikel eingefügt:
"116. Die Rechte der Person, welche in den Artikeln 96, 97, 98, 100, 101, 103, 106 und 108 des Grundgesetzes festgelegt sind, können in gesetzlich vorgesehenen Fällen eingeschränkt werden, um die Rechte anderer Menschen, die demokratische Staatsordnung oder die Sicherheit, das Wohl oder die Sittlichkeit zu schützen. Unter der in diesem Artikel genannten Voraussetzung kann auch der Ausdruck der religiösen Überzeugung eingeschränkt werden."

Durch Gesetz vom 4. Dezember 1997 wurden mit Wirkung vom 31. Dezember 1997 folgende Übergangsbestimmungen erlassen:
1. Die Bestimmungen des Art. 1
(Änderung des Art. 10 Grundgesetz) finden für die 6. Wahlperiode des Seimas (1995-1998) noch keine Anwendung.
2. Die Bestimmungen der Art. 5 und 7
(Änderung der Art. 35 und 39 Grundgesetz) treten erst mit der folgenden Wahl des Staatspräsidenten (1999) in Kraft."

Durch Gesetz vom 30. April 2002 wurde mit Wirkung vom 24. Mai 2002 folgende Übergangsbestimmung erlassen:
Die Bestimmung des Artikels 18 des Grundgesetzes tritt am 5. November 2002 in Kraft.

Der Präsident der konstituierenden Versammlung
J. Tschakste.

Der Schriftleiter der konstituierenden Versammlung
R. Jwanow.

 

Die vorstehende Übersetzung stammt aus dem Jahr 1924.

Zur Übersetzung lettischer Begriffe:
- Latvjas tautai = Lettisches Volk (in der verwendeten Übersetzung: Lettländisches Volk; wurde geändert, da lettländisch und lettisch unterschiedliche Volksgruppen in Lettland bis 1918 beschrieben; lettländisch (eigentlich livländisch) waren die deutschsprachigen Ritter und Adeligen, lettisch die freien Bauern; siehe Hinweise zum Staatsrecht in Livland bis 1918)
- Saeima = der Seimas (Eigenbezeichnung für das Parlament Lettlands; früher auch als Landtag übersetzt; in der verwendeten Übersetzung wurde der Allgemeinbegriff "Parlament" verwendet.
- Satversme = Grundgesetz
- Konstitucija = Verfassung.

 

Durch das verfassungswidrige Auflösungsdekret für den Seimas des Ministerpräsidenten Karl Ulmanis vom 15. Mai 1934 wurden große Teile der Verfassung beseitigt; der Seimas wurde nicht wieder gewählt. Der verfassungsmäßige Staatspräsident Albert Kviesis, der als einziger gegen den Staatsstreich des Ministerpräsidenten hätte vorgehen können, hat sich passiv verhalten und hat bis zum Ende seiner verfassungsmäßigen Amtszeit die verfassungswidrigen Dekrete der Regierung Ulmanis unterzeichnet.

Kurz vor dem Ablauf der Amtszeit des Staatspräsidenten Albert Kviesis am 9. April 1936 wurde durch ein verfassungswidriges Dekret das Amt des Ministerpräsidenten mit dem Amt des Staatspräsidenten vereinigt. Das Gesetz über den Staatspräsidenten vom 19. März 1936 wird deshalb oft auch als "Verfassung" von 1936 bezeichnet, da hier der Boden der Verfassung endgültig verlassen wurde.

Die diktatorische Regierungszeit des Ministerpräsidenten Karl Ulmanis hat bis zur Okkupation durch sowjetische Truppen ab 17. Juni 1940 gedauert. Die Verfassung wurde formal zwar durch die Regierung nie aufgehoben, sie war aber faktisch seit der Auflösung des Seimas am 15. Mai 1934 gegenstandslos.

In der Zeit der sowjetischen Okkupation von 1940 bis 1991/92 wurden zwei Verfassungen, die von 1940 und von 1978 erlassen, welche die Verfassung von 1922 faktisch aufgehoben hatten.

Mit dem Erstarken der Unabhängigkeitsbestrebungen (bzw. der Bestrebungen zur Wiedererrichtung des unabhängigen Staates) seit dem Jahr 1987 hat sich in der Bevölkerung wie in der lettischen Staatsführung die Auffassung durchgesetzt, dass die Verfassung von 1922 formal weiterhin in Kraft war, da sie gemäß der Verfassung nur durch Volksabstimmung hätte ersetzt werden können. Hier war insbesondere der Artikel 77 Grundlage dafür, da für die Artikel 1, 2, 3 und 6 vorgeschrieben war, dass diese nur durch Volksabstimmung geändert (oder aufgehoben) werden konnten. Eine solche Volksabstimmung hat aber (auch in der Zeit der sowjetischen Okkupation) nicht stattgefunden.

Durch die Deklaration des Obersten Sowjets der Lettischen SSR vom 4. Mai 1990 wurde die Verfassung von 1922 als geltendes Grundgesetz der Republik Lettland bezeichnet, jedoch alle Artikel außer den Artikeln 1, 2, 3 und 6 bis zum ersten Zusammentritt des ersten verfassungsmäßigen Seimas (nach der Okkupation) sofort wieder suspendiert.

Auf seiner konstituierenden Sitzung vom 6. Juli 1993 hat der Seimas das Grundgesetz von 1922 wieder in volle Geltung gesetzt. Lettland hat damit eine der älteren geltenden Verfassungen in Europa.

 


Quellen: Gesetzsammlung (Likumu un waldibas rihkojumu krahjums), 1922, Nr. 1117
Jahrbuch des öffentlichen Rechts, Band 12 A. F. (1923/24), S. 265ff.
© 30. August 2007 - 2. September 2007


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