Gesuch um Gerechtigkeit
(Petition of Rights)

von 1627

von König Karl I. am 7. Juni 1628 gebilligt und dadurch in den Status eines Gesetzes erhoben

Das seiner Majestät von den in diesem gegenwärtigen Parlament versammelten geistlichen und weltlichen Lords und Gemeinen unterbreitete, verschiedene Rechte und Freiheiten der Untertanen betreffende Gesuch und der Königlichen Majestät königliche Antwort darauf vor vollzählig versammeltem Parlament.

An des Königs Allerhöchste Majestät.

1. Unseren obersten Herrn, den König, machen wir, die im Parlament versammelten geistlichen und weltlichen Lords und Gemeinen, untertänigst darauf aufmerksam, daß durch ein in der Regierungszeit König Eduards I. erlassenes und gemeinhin "Statutum de tallagio non concedendo"genanntes Gesetz erklärt und verordnet worden ist, daß in diesem Königreich keine Abgabe oder Beihilfe durch den König oder seine Erben ohne die Einwilligung und Zustimmung der Erzbischöfe, Bischöfe, Grafen, Barone, Ritter, Bürger und anderen freien Männer des Volkes dieses Reiches erhoben oder auferlegt werden darf; überdies ist durch die Autorität des Parlaments, das im 25. Regierungsjahr Eduards III. tagte, erklärt und verordnet worden, daß in Zukunft niemand gezwungen werden sollte, gegen seinen Willen dem König irgendwelche Darlehen zu gewähren, weil solche in Widerspruch zu der Vernunft und zu den Gerechtsamen des Landes stünden; durch andere Gesetze dieses Reiches wurde zudem festgesetzt, daß niemand mit einer Benevolenz genannten Abgabe belastet werden sollte; durch diese vorerwähnten Statuten und durch andere guten Statuten und Gesetze dieses Reiches haben Eure Untertanen diese Freiheit ererbt, daß sie nicht gezwungen werden sollen, irgendeine Steuer, Abgabe, Beihilfe oder eine andere ähnliche Leistung zu erbringen, die nicht mit allgemeiner Zustimmung im Parlament festgesetzt worden ist.

2. Dennoch sind jüngst in mehreren Grafschaften an etliche Beamte verschiedentlich Aufträge mit Weisungen ergangen, auf Grund deren Eure Untertanen an verschiedenen Orten versammelt und aufgefordert wurden, Eurer Majestät bestimmte Geldsummen zu leihen, und vielen von ihnen wurde auf ihre Weigerung hin entgegen den Gesetzen und Statuten dieses Reiches ein Eid abverlangt und die Verpflichtung auferlegt, vor Eurem Geheimen Rat und an anderen Orten zu erscheinen und sich zu verantworten: Andere sind deshalb auch eingekerkert, verbannt und auf mannigfache Weise belästigt und beunruhigt worden; und in mehreren Grafschaften sind Euren Untertanen entgegen den Gesetzen und dem freien Brauchtum des Reiches von Lordleutnants, stellvertretenden Lordleutnants, Musterungskommissaren und Friedensrichtern noch andere Leistungen auferlegt worden.

3. Auch ist in dem Statut, das als „Der Große Freibrief von England“ bezeichnet wird, erklärt und verordnet worden, daß kein freier Mann ergriffen, eingekerkert oder seines freien Besitzes, seiner Freiheiten und Gerechtsamen beraubt werden oder geächtet oder verbannt oder auf irgendeine andere Weise zugrundegerichtet werden kann, es sei denn auf Grund eines rechtmäßigen Urteils seiner Standesgenossen und des Landesrechts.

4. Und im 28. Regierungsjahre König Eduards III. ist durch die Autorität des Parlamentes erklärt und verordnet worden, daß niemand, gleich welchen Standes oder Ranges, von Haus und Hof vertrieben, ergriffen, eingekerkert, enterbt oder mit dem Tode bestraft werden darf, ohne daß ihm Gelegenheit geboten wurde, sich in einem rechtmäßigen Gerichtsverfahren zu verantworten.

5. Dennoch sind jüngst entgegen den Worten der besagten Statuten und anderer zu diesem Zwecke geschaffener guter Gesetze und Statuten Eures Reiches verschiedene Eurer Untertanen eingekerkert worden, ohne daß ein Grund angegeben wurde: Und wenn sie gemäß Eurer Majestät Habeas-Corpus-Erlassen zum Zwecke ihrer Freilassung vor Eure Richter gebracht wurden, um sich dem Urteil des Gerichtes zu unterziehen, und ihren Hütern befohlen wurde, die Haftgründe zu nennen, so wurden keine Gründe genannt, sondern lediglich erklärt, daß sie auf Eurer Majestät besonderen, von den Herren Eures Geheimen Rates erklärten Befehl hin festgehalten würden; sie wurden dann zu den verschiedenen Gefängnissen zurückgebracht, ohne daß irgendeine Anklage gegen sie erhoben worden wäre, gegen die sie sich gemäß den Gesetzen hätten verteidigen können.

6. Weiterhin wurden jüngst große Einheiten von Soldaten und Matrosen über verschiedene Grafschaften des Reiches verteilt und die Einwohner gegen ihren Willen gezwungen, sie in ihre Häuser aufzunehmen und ihren Aufenthalt zu dulden - dies entgegen den Gesetzen und dem Gewohnheitsrecht des Reiches und zur großen Beschwer und Ärgernis des Volkes.

Das Verbot der Zwangseinquartierung wurde erst im Army Act 1881 teilweise wieder aufgehoben.

7. Weiterhin ist kraft der Autorität des Parlamentes im 25. Regierungsjahre König Eduards III. erklärt und verordnet worden, daß niemand entgegen den Vorschriften der Magna Charta und des Landesrechtes an Leib oder Leben bestraft werden darf, und kraft der besagten Magna Charta und der anderen Gesetze und Statuten dieses Eures Reiches sollte niemand zum Tode verurteilt werden, es sei denn auf Grund der in diesem Eurem Reiche bestehenden Gesetze, sei es auf Grund von Gewohnheitsrecht, sei es auf Grund von Parlamentsgesetzen. Und obwohl kein Verbrecher welcher Art auch immer von dem nach den Gesetzen und Statuten dieses Reiches üblichen Verfahren und von den nach den Gesetzen vorgesehenen Strafen ausgenommen werden kann, sind doch jüngst unter Eurer Majestät großem Siegel verschiedene Vollmachten erteilt worden, denenzufolge gewisse Personen zu Kommissaren bestimmt und ernannt wurden, mit der Befugnis und Vollmacht, gegen Soldaten, Matrosen oder anderes loses Gesindel nach Kriegsrecht vorzugehen, falls sie Mord, Raub, Verrat, Meuterei oder sonstige Gewalttaten oder Vergehen begehen, und zwar in summarischem Verfahren, wie es dem Kriegsrecht entspricht und wie es zu Kriegszeiten in den Heeren geübt wird, um nach Maßgabe des Kriegsrechtes Verhör, Verurteilung und Hinrichtung solcher Verbrecher herbeizuführen.

8. Unter diesem Vorwand haben einige der besagten Kommissare hie und da einige Untertanen Eurer Majestät hinrichten lassen; wenn sie auf Grund der Gesetze und Statuten des Landes den Tod verdient hatten, so hätten sie nur auf Grund eben dieser Gesetze und Statuten und auf keine andere Weise verurteilt und hingerichtet werden sollen.

9. Und so haben sich auch verschiedene schlimme Verbrecher unter Berufung auf solche Ausnahmen den ihnen nach den Gesetzen und Statuten dieses Eures Reiches gebührenden Strafen entzogen, und verschiedene Eurer Beamten und Diener haben sich widerrechtlich geweigert oder es unterlassen, gegen solche Verbrecher nach eben diesen Gesetzen und Statuten vorzugehen, und zwar unter dem Vorwand, daß die besagten Verbrecher nur auf Grund des Kriegsrechtes und der vorgenannten Vollmachten bestraft werden könnten. Diese Vollmachten wie auch alle anderen ähnlicher Natur stehen in völligem und direktem Widerspruch zu den besagten Gesetzen und Statuten dieses Eures Reiches.

So bitten wir denn Eure Allerhöchste Majestät untertänigst, daß in Zukunft niemand mehr gezwungen werden möge, irgendeine "freiwillige" Gabe, ein Darlehen, eine Benevolenz, Steuer oder ähnliche Abgabe zu leisten oder zuzugestehen, es sei denn auf Grund allgemeiner Zustimmung in einem Parlamentsgesetz, und weiterhin, daß niemand aus diesem Anlaß oder auf Grund seiner Weigerung zur Verantwortung oder zu einem Eid oder zum Erscheinen vor Gericht aufgefordert oder eingesperrt oder sonstwie belästigt oder beunruhigt werden möge; und daß kein freier Mann in der vorerwähnten Weise eingekerkert oder festgehalten werden möge; und daß es Eurer Majestät gefallen möge, die besagten Soldaten und Matrosen zu entfernen und dafür zu sorgen, daß Euer Volk in Zukunft nicht derart bedrückt werde; und daß die vorerwähnten Vollmachten, nach Kriegsrecht zu verfahren, widerrufen und für ungültig erklärt werden mögen; und daß fortan niemandem Vollmachten ähnlicher Art zur Vollziehung in der vorerwähnten Weise erteilt werden mögen, damit nicht unter Berufung darauf ein Untertan Eurer Majestät entgegen den Gesetzen und Freiheiten des Landes zugrundegerichtet oder hingerichtet werde.

Um all dies bitten wir Eure Allerhöchste Majestät untertänigst als um unsere Rechte und Freiheiten gemäß den Gesetzen und Statuten dieses Reiches. Eure Majestät möge auch geruhen, zu erklären, daß die Urteile, Handlungen und Verfahrensweisen in den vorerwähnten Fällen fortan nicht zum Schaden Eures Volkes als Beispiele oder Präzedenzfälle herangezogen werden dürfen. Weiterhin möge es Eurer Majestät auch gnädiglich gefallen, um des künftigen Wohlergehens und der Sicherheit Eures Volkes willen es als Eurer Majestät Wunsch und Willen zu erklären, daß Eure Beamten und Diener in den vorerwähnten Angelegenheiten Euch gemäß den Gesetzen und Statuten dieses Reiches dienen, wie es die Ehre Eurer Majestät und das Wohlergehen dieses Reiches erfordern.

Nachdem diese Petition verlesen und ihrem vollen Inhalte nach vernommen wurde, wurde von dem Herrn König vor versammeltem Parlament die folgende Antwort erteilt:
Es geschehe Recht, wie es gewünscht ist.

 


Quellen: Günther Doeker, Malcolm Wirth / Das politische System Großbritanniens
Günther Franz, Staatsverfassungen der Vergangenheit und Gegenwart, 1960 und 1975  Oldenbourg-Verlag
P.C. Mayer-Tasch, Die Verfassungen Europas, Verlag Kröner, 1966
Die Verfassungen der EG-Mitgliedstaaten (dtv 5554) 1., 3., 4. und 5. Auflage, dtv-Verlag
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© 19. April 2001 - 6. März 2005


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