Loi relative à l'organisation des pouvoirs publics du 25 février 1875 |
(Verfassungs-) Gesetz über die Organisation der französischen Staatsgewalt vom 25. Februar 1875 |
geändert durch aufgehoben
durch |
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L'Assemble
nationale a adopté la loi dont la teneur suit: |
Die Nationalversammlung hat ein
Gesetz beschlossen, das wie folgt lautet: |
Article
premier. Le pouvoir législatif s'exerce par deux assemblées : la
Chambre des députés et le Sénat.
La Chambre des députés est nommée par le suffrage universel, dans les conditions déterminées par la loi électorale. La composition, le mode de nomination et les attributions du Sénat seront réglés par une loi spéciale.
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Artikel 1. Die gesetzgebende Gewalt wird von zwei Versammlungen
ausgeübt: der Abgeordnetenkammer und dem Senat.
Die Abgeordnetenkammer wird durch allgemeines Stimmrecht unter den im Wahlgesetz festgelegten Bedingungen gewählt. Die Zusammensetzung, die Art der Wahl und die Befugnisse des Senates werden durch ein besonderes Gesetz geregelt.
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Article 2. Le président de la République est élu à la majorité absolue des suffrages par le Sénat et par la Chambre des députés réunis en Assemblée nationale. Il est nommé pour sept ans. Il est rééligible. Durch Verfassungsakt Nr.
1 vom 10. Juli 1940 wurde der Art. 2 aufgehoben. |
Artikel 2. Der Präsident der Republik wird mit der absoluten
Mehrheit der Stimmen durch den Senat und die Abgeordnetenkammer gewählt,
die zur Nationalversammlung vereinigt werden. Er wird auf sieben Jahre
gewählt; er ist wieder wählbar.
Durch Verfassungsakt Nr. 1 vom 10.
Juli 1940 wurde der Art. 2 aufgehoben. |
Article 3. Le président de la République a l'initiative des lois, concurremment avec les membres des deux chambres. Il promulgue les lois lorsqu'elles ont été votées par les deux chambres ; il en surveille et en assure l'exécution. Il a le droit de faire grâce ; les amnisties ne peuvent être accordées que par une loi. Il dispose de la force armée. Il nomme à tous les emplois civils et militaires. Il préside aux solennités nationales ; les envoyés et les ambassadeurs des puissances étrangères sont accrédités auprès de lui. Chacun des actes du président de la République doit être contresigné par un ministre.
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Artikel 3. Der Präsident der Republik hat das Vorschlagsrecht
für die Gesetze zugleich mit den Mitgliedern der beiden Kammern; er
verkündet die Gesetze, nachdem sie von den beiden Kammern angenommen
worden sind; er überwacht und sichert ihre Durchführung.
Er hat das Begnadigungsrecht, Straferlasse können nur durch ein Gesetz gewahrt werden. Er verfügt über die bewaffnete Macht. Er ernennt alle Zivil- und Militärbeamten. Er führt den Vorsitz bei Nationalfeiern; die Gesandten und Botschafter auswärtiger Mächte werden bei ihm beglaubigt. Jede Urkunde des Präsidenten der Republik muß durch einen Minister gegengezeichnet sein.
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Article 4. Au fur et à mesure des vacances qui se produiront à partir de la promulgation de la présente loi, le président de la République nomme, en conseil des ministres, les conseillers d'État en service ordinaire. Les conseillers d'État ainsi nommés ne pourront être révoqués que par décret rendu en conseil des ministres. Les conseillers d'État nommés en vertu de la loi du 24 mai 1872 ne pourront, jusqu'à l'expiration de leurs pouvoirs, être révoqués que dans la forme déterminée par cette loi. Après la séparation de l'Assemblée nationale, la révocation ne pourra être prononcée que par une résolution du Sénat.
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Artikel 4. Nach Maßgabe der Stellen, die nach Verkündung
des gegenwärtigen Gesetzes frei werden, ernennt der Präsident
der Republik auf Vorschlag der Minister die Wirklichen Staatsräte.
Die so ernannten Staatsräte können nur durch eine auf Vorschlag der Minister erlassene Verordnung entlassen werden. Die auf Grund des Gesetzes vom 24. Mai 1872 ernannten Staatsräte können bis zum Erlöschen ihrer Befugnisse nur in der durch dieses Gesetz bestimmten Form abberufen werden. Nach der Auflösung der Nationalversammlung kann die Abberufung nur durch einen Beschluß des Senates ausgesprochen werden.
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Article 5. Le président de la République peut, sur l'avis conforme du Sénat, dissoudre la Chambre des députés avant l'expiration légale de son mandat. En ce cas, les collèges électoraux sont convoqués pour de nouvelles élections dans le délai de trois mois. Durch Gesetz vom 14. August 1884 erhielt der Artikel
5 Absatz 2 folgende Fassung:
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Artikel 5. Der Präsident der Republik kann in Übereinstimmung
mit dem Senat die Abgeordnetenkammer vor Ablauf der gesetzlichen Amtsdauer
auflösen.
In diesem Falle müssen die Wahlversammlungen für die Neuwahlen innerhalb von drei Monaten einberufen werden. Durch Gesetz vom 14. August 1884 erhielt der Artikel
5 Absatz 2 folgende Fassung:
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Article 6. Les ministres sont solidairement responsables devant les chambres de la politique générale du gouvernement, et individuellement de leurs actes personnels. Le président de la République n'est responsable que dans le cas de haute trahison.
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Artikel 6. Die Minister sind vor den Kammern für die allgemeine
Politik der Regierung insgesamt verantwortlich und jeder für sich
für seine persönlichen Amtshandlungen.
Der Präsident der Republik ist nur im Falle von Hochverrat verantwortlich. Während in der
Zeit des Übergangs und der Bemühungen der
monarchistisch eingestellten Nationalversammlung von
1871 bis 1875 war der Präsident der Republik
gleichzeitig Staatsoberhaupt und Regierungschef (als
Vorsitzender des Ministerrates). In dem dann doch
endgültigen Verfassungsgesetz war diese
Ämtervereinigung nicht mehr möglich, da der
Präsident der Republik eigentlich unverantwortlich
ist und seine Minister verantwortlich zeichneten.
Deutlich zu sehen ist dies an den Titeln der
Regierungschefs Frankreichs. Bis 1876 gab es nur
einen Vizepräsidenten des Ministerrates, der aus der
Reihe der Minister entnommen wurde, danach mit Jules
Dufaure (ab dem 23. Februar 1876) den ersten
Präsidenten des Ministerrates (in Deutschland
allgemein als Ministerpräsident bezeichnet), der
parlamentarisch verantwortlicher Regierungschef war
(gleichzeitig Minister der Justiz). Mit den Wahlen
vom 20. Februar und 5. März 1876 kam es dann auch zu
einer, heute Kohabitation genannten Konstellation,
dass eine republikanische (liberalen) Mehrheit der
Nationalversammlung einem monarchistischen
(konservativen) Präsidenten gegenüberstand, dem der
Präsident der Republik Mac-Mahon erst mit Vertagung
und Auflösung der Abgeordnetenkammer entgegentrat,
dann aber 1877 gezwungenermaßen ein
parlamentarisches Ministerium ernannte. |
Article 7. En cas de vacance par décès ou pour toute autre cause, les deux chambres procèdent immédiatement à l'élection d'un nouveau président. Dans l'intervalle, le conseil des ministres est investi du pouvoir exécutif.
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Artikel 7. Im Falle der Erledigung durch Tod oder eine andere
Ursache treten die beiden Kammern sofort zur Wahl eines neuen Präsidenten
zusammen. Während der Zwischenzeit ist der Ministerrat mit der vollziehenden
Gewalt bekleidet.
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Article 8. Les chambres
auront le droit, par délibérations séparées
prises dans chacune à la majorité absolue
des voix, soit spontanément, soit sur la
demande du président de la République, de
déclarer qu'il y a lieu de réviser les lois
constitutionnelles. Les délibérations portant révision des lois constitutionnelles, en tout ou en partie, devront être prises à la majorité absolue des membres composant l'Assemblée nationale. Toutefois, pendant la durée des pouvoirs conférés par la loi du 20 novembre 1873 à M. le maréchal de Mac-Mahon, cette révision ne peut avoir lieu que sur proposition du président de la République. Durch Gesetz vom 14. August 1884 wurden dem Artikel
8 Absatz 2 folgende Sätze hinzugefügt:
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Artikel 8. Die Kammern haben das Recht, durch getrennte Beschlüsse,
in jeder Kammer mit der absoluten Stimmenmehrheit angenommen - von sich
aus oder auf Aufforderung des Präsidenten der Republik hin – zu erklären,
daß eine Änderung der Verfassungsgesetze stattfinden soll. Nachdem
jede der beiden Kammern diese Entschließung angenommen hat, treten
sie zur Nationalversammlung zusammen, um die Änderung vorzunehmen.
Die Beschlüsse über die ganze oder teilweise Änderung der Verfassungsgesetze müssen mit der absoluten Mehrheit der Mitglieder, die die Nationalversammlung bilden, gefaßt werden. Jedoch kann während der Dauer der Gewalt, die dem Marschall MacMahon durch das Gesetz vom 20. November 1873 übertragen worden ist, diese Änderung nur auf Vorschlag des Präsidenten der Republik hin erfolgen. Durch Gesetz vom 14. August 1884 wurden dem Artikel
8 Absatz 2 folgende Sätze hinzugefügt:
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Article 9. Le siège du pouvoir exécutif et des deux chambres est à Versailles. |
Artikel 9. Der Sitz der vollziehenden Gewalt und der beiden Kammern
ist in Versailles.
Durch Gesetz vom 21. Juni 1879 wurde der Artikel 9 gestrichen. Durch einfaches Gesetz wurde Paris zum Sitz der Staatsgewalten bestimmt. Durch Gesetz vom 10. September 1926 wurde folgender
Artikel eingefügt:
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Die Verfassungsgesetze von 1875
waren als Provisorium bis zur Wiedereinführung der Monarchie gedacht, wurden auch als Verfassungsgesetze der III. Republik bezeichnet und ihre Geltungsdauer
war die bisher längste von allen französischen Verfassungen,
nämlich 65 Jahre.
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Quellen:
Günther Franz, Staatsverfassungen der Welt, Ausgaben 1950 und 1975 |
Quellen:
Günther Franz, Staatsverfassungen der Welt, Ausgaben 1950 und 1975 |