Gesetz
vom 22. November 1875,
wodurch die Landtagswahlordnung dieses Herzogthums vom 26. Februar 1861 und das dazu nachträglich erlassene Gesetz vom 6. Jänner 1867, Stück I. Nr. 2 Gesetz- und Verordnungsblatt, abgeändert werden

Mit Zustimmung des Landtages meines Herzogthums Ober- und Niederschlesien finde Ich anzuordnen, wie folgt:

Die Landtagswahlordnung für das Herzogthum Ober- und Niederschlesien vom 26. Februar 1861 und das schlesische Landesgesetz vom 6. Jänner 1867 (Stück I, Nr. 2 Gesetz- und Verordnungs-Blatt) haben in ihrer gegenwärtigen Fassung außer Wirksamkeit zu treten und die Landtagswahlordnung für dieses Herzogthum hat künftig zu lauten, wie folgt:

Landtagswahlordnung
für das Herzogthum Ober- und Nieder-Schlesien

geändert durch
Gesetz vom 25. November 1884, womit der § 27 der Landtagswahlordnung dieses Herzogthums vom 22. November 1875, Stück XV Nr. 33, Gesetz- und Verordnungsblatt, abgeändert wird (GVBl. 30/1884)
Gesetz vom 13. Februar 1887, womit einige Bestimmungen der Landtags-Wahlordnung vom 22. November 1875 (Nr. 33, schles. G. und V. B), abgeändert werden (GVBl. 14/1887)
Gesetz vom 11. Jänner 1891, betreffend das Wahlrecht der Mitbesitzer von Realitäten bei den Landtags-Wahlen der Städte und Landgemeinden und die Art und Weise der Ausübung dieses Rechtes (GVBl. 22/1891)

aufgehoben formal durch
§ 5 der Verfassungsurkunde der Cechoslovakischen Republik (SdGuV Nr. 121/1920)
 

I. Von den Wahlbezirken und Wahlorten.

§ 1. Für die Wahl der Abgeordneten aus der Klasse des großen Grundbesitzes bildet das ganze Herzogthum Ober- und Nieder-Schlesien (ausschließlich der mährischen Enclaven) Einen Wahlbezirk.

Der Wahlort ist die Landeshauptstadt Troppau.

§ 2. Die Wähler der Abgeordneten aus der Klasse des großen Grundbesitzes theilen sich in zwei Wahlkörper, deren ersten der Herzog von Teschen (Nebenlinie des Hauses Habsburg), der Herzog von Troppau und Jägerndorf (die Fürsten von und zu Liechtenstein), der Herzog von Bielitz (polnische Adelsfamilie Sulkowski), dann der Hoch- und Deutschmeister, den anderen alle übrigen wahlberechtigten großen Grundbesitzer zu bilden haben.

Der erste Wahlkörper hat zwei, jener der übrigen großen Grundbesitzer aber sieben Abgeordnete zu wählen.

§ 3. Für die Wahl der Abgeordneten der Städte bilden:
die Landeshauptstadt Troppau sinen Wahlbezirk; die Städte:
a) Teschen,
b) Bielitz je einen Wahlbezirk;
c) Wagstadt, Wigstadtl, Odrau, Königsberg, einen Wahlbezirk;
d) Freudenthal, Bennisch, Engelsberg, Würbenthal, zusammen einen Wahlbezirk;
e) Jägerndorf, Olbersdorf, zusammen einen Wahlbezirk;
f) Freiwaldau, Jauernig, Zuckmantel, Weidenau, Friedeberg, zusammen einen Wahlbezirk;
g) Friedek, Oderberg, Freistadt, zusammen einen Wahlbezirk;
h) Skotschau, Jablunkau und Schwarzwasser, zusammen einen Wahlbezirk.

§ 4. Die Landeshauptstadt Troppau und die Städte Teschen und Bielitz, welche für sich allein einen Wahlbezirk bilden, sind zugleich die Wahlorte dieser Wahlbezirke.

In jenen aus zwei oder mehreren Städten gebildeten Wahlbezirke ist jede dieser Städte für die ihr angehörenden Wähler der Wahlort.

Die in § 3 bei der Feststellung jedes Wahlbezirkes zuerst angeführte Stadt ist der zur Ermittlung des Gesammtergebnisses der in den einzelnen Städten vollzogenen Wahlhandlungen bestimmte Hauptwahlort des Wahlbezirkes.

§ 5. In der Landeshauptstadt Troppau sind zwei und in jedem der durch § 3 festgesetzten städtischen Wahlbezirke ist ein Abgeordneter zu wählen.

Alle Wahlberechtigten jedes städtischen Wahlbezirkes bilden einen Wahlkörper.

§ 6. Die Handels- und Gewerbekammer in Troppau hat zwei Landtag-Aabgeordnete zu wählen; für diese Wahlen haben die Mitglieder der Kammer den Wahlbezirk zu bilden.

§ 7. Für die Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden bilden die Gerichtsbezirke:
1. Troppau (Umgebung), Wigstadtl, Wagstadt, Königsberg und Odrau zusammen einen Wahlbezirk;
2. Freiwaldau, Jauernig, Weidenau, Zuckmantel zusammen einen Wahlbezirk;
3. Jägerndorf und Olbersdorf zusammen einen Wahlbezirk;
4. Freudenthal, Bennisch und Würbenthal zusammen einen Wahlbezirk;
5. Teschen, Freistadt und Jablunkau zusammen einen Wahlbezirk;
6. Friedek und Oderberg zusammen einen Wahlbezirk;
7. Bielitz, Schwarzwasser und Skotschau zusammen einen Wahlbezirk.

§ 8. In jedem für die Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden gebildeten Wahlkreise ist die in § 7 bei Festsetzung jedes Wahlbezirkes zuerst angeführte Stadt der Wahlort.

§ 9. Die in § 7 unter 1 und 5 aufgeführten Wahlbezirke haben je zwei, die übrigen fünf Wahlbezirke je Einen Abgeordneten zu wählen.

Die Wahlmänner aller in einem Wahlbezirke gelegenen Gemeinden (mit Ausnahme der nach § 3 zur Wahl von Abgeordneten berechtigten Städte, sowie der im Landtage der Markgrafschaft Mähren vertretenen Enclaven) bilden Einen Wahlkörper.

II. Von dem Wahlrechte und der Wählbarkeit.

§ 10. Die den ersten Wahlkörper der Wählerklasse des großen Grundbesitzes bildenden im § 2 aufgeführten drei schlesischen Fürsten und der Hoch- und Deutschmeister haben über Aufforderung des Landeschefs zwei Abgeordnete durch einzusendende Stimmzettel zu wählen.

Die übrigen sieben Abgeordneten der Wählerklasse des großen Grundbesitzes sind durch direkte Wahl der großjährigen, dem österreichischen Staatsverbande angehörigen Besitzer jener land- oder lehntäflichen Güter, deren Jahresschuldigkeit an landesfürstlichen Realsteuern (mit Ausnahme des außerordentlichen Zuschlages) wenigstens zweihundert und fünfzig Gulden beträgt, zu wählen.

§ 11. Unter mehreren Mitbesitzern eines zur Wahl berechtigten land- oder lehntäflichen Gutes kann nur derjenige aus ihnen wählen, welchen sie hierzu ermächtigen.

Der Besitz zweier oder mehrerer land- oder lehntäflicher Güter, deren Jahresschuldigkeit an landesfürstlichen Realsteuern (mit Ausnahme des außerordentlichen Zuschlages) zusammengenommen wenigstens zweihundert fünfzig Gulden beträgt, berechtigt ebenfalls zur Wahl.

Durch Gesetz vom 11. Jänner 1891 wurden zum § 11 folgende ergänzende Bestimmungen erlassen:
"§ 1. Die Mitbesitzer einer Realität, die zusammen jene Steuerquote, die die Grundlage des Landtagswahlrechtes ist, bezahlen, haben bei Ausübung ihres Wahlrechtes in den Städten und Landgemeinden nur eine Stimme.
Sie können ihr Wahlrecht nur durch einen gemeinsam bestellten Bevollmächtigten ausüben.
Sind die Mitbesitzer in ehelicher Gemeinschaft lebende Eheleute, so übt der Ehemann das Wahlrecht aus."

§ 12. Für jene zur Wahl berechtigenden land- oder lehntäflichen Güter, in deren Besitz eine Corporation oder Gesellschaft sich befindet, ist das Wahlrecht durch jene Person auszuüben, welche nach den bestehenden gesetzlichen oder gesellschaftlichen Normen berufen ist, die Corporation oder Gesellschaft nach außen zu vertreten.

Gemeinden, welche sich im Besitze von zur Wahl berechtigenden land- oder lehntäflichen Gütern befinden, können als solche dieses Wahlrecht nicht ausüben.

§ 13. Die Abgeordneten der im § 3 aufgeführten Städte sind durch direkte Wahl aller jener Gemeindeglieder zu wählen, welche nach dem besonderen Gemeindestatute oder dem allgemeinen Gemeindegesetze zur Wahl der Gemeindevertretung in einer zum Wahlbezirke gehörigen Stadt berechtigt , nach § 18 vom Wahlrechte nicht ausgeschlossen sind, und
a) in Gemeinden mit drei Wahlkörpern zum ersten und zweiten Wahlkörper gehören;
b) in Gemeinden mit weniger als drei Wahlkörpern die ersten zwei Drittheile aller nach der Höhe ihrer Jahresschuldigkeit an direkten Steuern (mit Ausnahme des außerordentlichen Zuschlages) gereihten Gemeindewähler ausmachen;
c) deren Jahresschuldigkeit an direkten Steuern (mit Ausnahme des außerordentlichen Zuschlages) mindestens Zehn Gulden beträgt, wenn sie nicht schon unter die ad a und b bezeichneten Gemeindeglieder fallen;
d) welche nach ihrer persönlichen Eigenschaft ohne Rücksicht auf die Steuerschuldigkeit das aktive Wahlrecht in der Gemeinde besitzen.

Öffentliche Gesellschafter einer Erwerbsunternehmung, insofern sie den Bestimmungen dieses Paragraphes entsprechen, haben das Wahlrecht nach Maßgabe der auf Jeden entfallenden Quote der von dieser Erwerbsunternehmung gezahlten Gesammtsteuer.

Durch Gesetz vom 13. Februar 1887 wurde der § 13 Buchstaben b) und c) aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt:
"b) in Gemeinden mit weniger als drei Wahlkörpern die ersten zwei Drittheile aller nach der Höhe ihrer Jahresschuldigkeit an direkten Steuern gereihten Gemeindeglieder ausmachen.
c) welche eine Jahresschuldigkeit an landesfürstlichen directen Steuern von mindestens fünf Gulden zu entrichten haben, sofern sie nicht schon unter die ad a und b bezeichneten Gemeindeglieder fallen."

§ 14. Die Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden hat durch gewählte Wahlmänner zu geschehen, welche von den Wahlberechtigten der Gemeinden aus ihrer Mitte zu wählen sind.

Jede Gemeinde des Wahlbezirkes hat auf je 500 Einwohner einen Wahlmann zu wählen.

Restbeträge, welche sich bei der Theilung der Einwohnerzahl durch 500 ergeben, haben, wenn als 500 zu gelten.

Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern wählen einen Wahlmann.

§ 15. Die Wahlmänner jeder Gemeinde sind durch jene nach dem allgemeinen Gemeindegesetze zur Wahl der Gemeindevertretung berechtigten und nach § 18 vom Wahlrecht nicht ausgeschlossenen Gemeindeglieder zu wählen, welche
a) in Gemeinden mit drei Wahlkörpern den ersten und zweiten Wahlkörper bilden,
b) in Gemeinden, mit weniger als drei Wahlkörpern die ersten zwei Drittheile aller nach der Höhe ihrer Jahresschuldigkeiten an direkten Steuern (mit Ausschluß des außerordentlichen Zuschlages) gereihten Gemeindewähler ausmachen,
c) welche an Jahresschuldigkeit an direkten Steuern (mit Ausnahme des außerordentlichen Zuschlages) mindestens Zehn Gulden zu entrichten haben, sofern sie nicht schon unter den ad a und b bezeichneten Wählern begriffen wären,
d) welche nach ihrer persönlichen Eigenschaft ohne Rücksicht auf die Steuerschuldigkeit das aktive Wahlrecht in der Gemeinde besitzen.

Von öffentlichen Gesellschaftern einer Erwerbsunternehmung gilt auch für die Wahl der Wahlmänner die Bestimmung des alin. 2 des § 13.

Durch Gesetz vom 13. Februar 1887 wurde der § 13 Buchstaben b) und c) aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt:
"b) in Gemeinden mit weniger als drei Wahlkörpern die ersten zwei Drittheile aller nach der Höhe ihrer Jahresschuldigkeit an direkten Steuern gereihten Gemeindeglieder ausmachen.
c) welche eine Jahresschuldigkeit an landesfürstlichen directen Steuern von mindestens fünf Gulden zu entrichten haben, sofern sie nicht schon unter die ad a und b bezeichneten Gemeindeglieder fallen."

§ 16. Jeder Wähler kann sein Wahlrecht nur in einem Wahlbezirke, und in der Regel nur persönlich ausüben.

Ausnahmsweise können die Wahlberechtigten des zweiten Wahlkörpers der Wählerklasse des großen Grundbesitzes und Frauenspersonen der Wählerklassen der Städte und Landgemeinden ihr Stimmrecht durch einen Bevollmächtigten ausüben. Der Bevollmächtigte muß männlichen Geschlechtes und in der Wählerklasse des Vollmachtsgebers wahlberechtigt sein.

Personen, welche im Sinne der §§ 11 und 12 in der Wählerklasse des großen Grundbesitzes bevollmächtigt sind, können noch eine zweite Vollmacht in dieser Wählerklasse übernehmen. Außer diesem Falle darf ein Stimmender nur eine Stimme als Vollmachtsträger abgeben.

Die Vollmacht zur Wahl des Abgeordneten (der Wahlmänner) berechtiget auch zur Wahl der Wahlkommission. In derselben muß der Wahlakt bezeichnet sein, für welchen sie ausgestellt wird.

Mündliche oder telegraphische Verfügungen in Betreff der Ertheilung einer Vollmacht sind wirkungslos.

Dasselbe gilt hinsichtlich des Wiederrufes einer Vollmacht, den Fall ausgenommen, wenn der Vollmachtgeber persönlich vor der Wahlkommission wiederruft, bevor der Bevollmächtigte als solcher die Stimme abgegeben hat.

Außerhalb der österreichisch-ungarischen Monarchie ausgestellte Vollmachten und Widerrufe derselben müssen gehörig beglaubigt sein.

Wer in der Wählerklasse des großen Grundbesitzes wahlberechtigt ist, darf in keinem Wahlbezirk der beiden anderen Wählerklassen, und wer in einem Wahlbezirke der im § 3 genannten Städte wahlberechtigt ist, in keiner Landgemeinde wählen.

Ist ein Wahlberechtigter der Wählerklasse der Städte und Landgemeinden Mitglied mehrerer Gemeinden, so über er das Wahlrecht bloß in der Gemeinde seines ordentlichen Wohnsitzes.

§ 17. Als Landtags-Abgeordneter ist Jeder wählbar, welcher:
a) österreichischer Staatsbürger,
b) dreißig Jahre alt ist,
c) im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte sich befindet, und
d) in einer Wählerklasse des Landes, nämlich entweder in jener des großen Grundbesitzes, oder in jener der Städte, oder in jener der Landgemeinden zur Wahl der Landtags-Abgeordneten nach den Bestimmungen der vorausgehenden §§ 10 bis 15 wahlberechtigt ist.

Diese Erfordernisse der Wählbarkeit gelten auch für die Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammern.

§ 18. Von dem Wahlrechte für die eigene Person, wie auch von der Ausübung des Wahlrechtes als Vertreter einer Corporation oder Gesellschaft im Sinne des § 12 oder als Bevollmächtigter im Sinne der §§ 11 und 16 und von der Wählbarkeit bei der Wahl der Abgeordneten sowohl als auch er Wahlmänner sind ausgeschlossen:
1. Alle unter Vormundschaft oder Kuratel stehenden Personen;
2. diejenigen, welche eine Armenversorgung aus öffentlichen oder Gemeindemitteln genießen oder in dem der Wahl unmittelbar vorangegangenen Jahre genossen haben;
3. Personen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet worden ist, während der Dauer der Konkurs-Verhandlung;
4.  diejenigen Personen, welche wegen eines Verbrechens oder wegen der Übertragung des Diebstahls, der Veruntreuung, der Theilnehmung hieran, oder des Betruges (§§ 460, 461, 463, 464 St.-G) zu einer Strafe verurtheilt worden sind.

Diese Folge der Verurtheilung hat bei den im § 6 Z. 1 bis 10 des Gesetzes vom 15. November 1867 R. G. Bl. Nr. 131 aufgezählten Verbrechen mit Ende der Strafe, bei anderen Verbrechen mit dem Ablaufe von 10 Jahren, wenn der Schuldige zu einer wenigstens fünfjährigen Strafe verurtheilt wurde, und außerdem mit dem Ablaufe von fünf Jahren, bei den oben angeführten Übertretungen aber mit dem Ablaufe von drei Jahren nach dem Ende der Strafe aufzuhören.

Werden durch die Strafgesetzgebung neue Bestimmungen darüber getroffen, in Folge welcher strafrechtlicher Verurtheilung und für welche Dauer das Wahlrecht und die Wählbarkeit zu Gemeinde-Vertretungen verloren geht, oder nicht ausgeübt werden darf, so haben die nämlichen Bestimmungen auch hinsichtlich des Wahlrechtes und der Wählbarkeit in den Landtag zu gelten.

Durch (das fortbestehende) Gesetz vom 7. Dezember 1869 wurde als Ergänzung zum § 18 bestimmt:
"§ 1. Wird gegen einen Landtagsabgeordneten wegen einer strafbaren Handlung ein Straferkenntniß gefällt, welches nach dem Gesetze den Verlust des Wahlrechtes und der Wählbarkeit zum Landtage nach sich zieht, so verliert derselbe hierdurch auch die Mitgliedschaft im Landtage.
Während der strafgerichtlichen Untersuchung kann er die Function eines Landtags-Mitgliedes nicht ausüben, wenn nicht der Landtag im Gemäßheit des Gesetzes vom 3. October 1861, R. G. Bl. Nr. 98, verlangt, daß die Untersuchung aufgeschoben und der allenfalls verhängte Verhaft aufgehoben werde."

III. Von der Ausschreibung und Vorbereitung der Wahlen.

§ 19. Die Aufforderung zur Vornahme der Wahl geschieht in der Regel durch Erlässe des Landeschefs, welche den Tag, an dem die Wahl der Landtags-Abgeordneten in den durch diese Wahlordnung bestimmten Wahlorten vorzunehmen ist, zu enthalten haben.

Die Festsetzung des Wahltages hat derart zu geschehen, daß alle nöthigen Vorbereitungen vor Eintritt desselben beendet werden können.

§ 20. Die Ausschreibung allgemeiner Wahlen für den Landtag hat in der Art zu geschehen, daß zuerst die Abgeordneten der Landgemeinden, dann die Abgeordneten der Städte und der Handels- und Gewerbekammern und endlich die Abgeordneten des großen Grundbesitzes gewählt, und daß die Wahlen für jede der beiden ersteren Wählerklassen im ganzen Lande an dem nämlichen Tage vorgenommen werden.

§ 21. Die Ausschreibung allgemeiner Wahlen ist durch die Landeszeitung und durch Plakate in allen Gemeinden des Herzogthums Ober- und Nieder-Schlesien bekannt zu machen.

Die Ausschreibung einzelner Wahlen ist bezüglich der Wählerklasse des großen Grundbesitzes durch die Landeszeitung, bezüglich der Wählerklassen der Städte und Landgemeinden durch Plakate in den, den Wahlbezirk bildenden Gemeinden zu verlautbaren.

§ 22. Alle Wahlberechtigten, welche nach den Bestimmungen dieser Wahlordnung einen Wahlkörper bilden, sind in eine besondere Liste einzutragen.

Die Wählerliste jedes Wahlkörpers ist von dem zu deren Anfertigung berufenen Organe in Evidenz zu erhalten und behufs der Vornahme der Wahl in zwei Parien auszufertigen.

§ 23. Die Anfertigung:
a) der Wählerlisten des großen Grundbesitzes obliegt dem Landeschef;
b) der Wählerlisten der Städte, dann der Wählerlisten behufs der Wahl der Wahlmänner in den Landgemeinden obliegt in jeder Gemeinde dem Gemeindevorsteher.

Bei Verfassung der Wählerlisten b) haben die bei der letzten Neuwahl der Gemeindevertretung richtig gestellten Listen der Gemeindewähler unter genauer Beachtung der Bestimmungen der §§ 13, 15 und 18 als Basis zu dienen.

Die Listen a) hat der Landeschef durch die Landeszeitung unter Anberaumung einer vierzehntägigen vom Tage der Kundmachung zu berechnenden Reklamationsfrist zu verlautbaren.

Die Listen b) hat der Gemeindevorsteher im Amtslokale der Gemeinde zu Jedermanns Einsicht aufzulegen und diese Auflegung unter Anberaumung einer achttägigen, vom Tage der geschehenen Kundmachung zu berechnenden Reklamationsfrist öffentlich bekannt zu machen.

Ein Pare der Liste hat der Gemeindevorsteher an die unmittelbar vorgesetzte landesfürstliche politische Behörde oder an jenen Bezirkshauptmann vorzulegen, welcher vom Landeschef mit der Entscheidung der Reklamationen beauftragt worden ist. (§ 24).

§ 24. Reklamationen gegen die Wählerliste können von den Wahlberechtigten des betreffenden Wahlkörpers wegen Aufnahme von Nichtwahlberechtigten oder Weglassung von Wahlberechtigten, und zwar:
    gegen die Liste a) bei der Landesbehörde,
    gegen die Liste b) bei dem Gemeindevorsteher eingebracht werden.

Die bei dem Gemeindevorsteher einlangenden Reklamationen sind von im innerhalb drei Tagen an die unmittelbar vorgesetzte politische Behörde oder in Städten mit eigenen Statuten außer der Landeshauptstadt, an jenen Bezirkshauptmann vorzulegen, welchen der Landeschef  mit der Reklamationsentscheidung beauftragt.

Über die rechtzeitig einlangenden Reklamationen entscheidet bezüglich der Listen a) der Landeschef, bezüglich der Listen b) der Vorsteher der landesfürstlichen Behörde, welcher die Gemeinde unmittelbar unterstellt ist oder der mit dieser Entscheidung beauftragte Bezirkshauptmann.

In den die Listen b) betreffenden Fällen kann innerhalb drei Tagen die Berufung an den Landeschef eingebracht werden.

Die Entscheidung des Landeschefs ist in jedem Falle endgiltig.

Reklamationen und Berufungen, die nach Ablauf der Frist eingebracht werden, sind als verspätet zurückzuweisen.

Der zur Reklamationsentscheidung berufene landesfürstliche Beamte hat bis 24 Stunden vor dem Wahltermine etwa nothwendige Berichtigungen der Wählerliste von Amtswegen vorzunehmen.

§ 25. Sobald die Wählerlisten des großen Grundbesitzes, sowie jene der Städte nach erfolgter Entscheidung der Reklamationen richtig gestellt ist, sind den Wählern des großen Grundbesitzes vom Landeschef, den Wählern der Städte von dem Vorsteher der unmittelbar vorgesetzten landesfürstlicehn politischen Behörde zur Wahl der Abgeordneten Legitimationskarten auszufertigen, welche die fortlaufenden Nummer der betreffenden Wählerliste, den Namen und Wohnort des Wahlberechtigten, den Ort, den Tag und die Stunde des Anfanges der Wahlhandlung, sowie die Stunde des Schlusses der Stimmgebung zu enthalten haben.

In den Städten mit eigenen Statuten kann mit der Ausfertigung der Legitimationskarten der Gemeindevorsteher beauftragt werden.

Wahlberechtigten des großen Grundbesitzes, welche im Lande wohnen, sind ihre Legitimationskarten zuzusenden; die außerhalb des Landes wohnenden Wahlberechtigten sind zur Erhebung der Legitimationskarten durch die Landeszeitung aufzufordern.

Den Wählern in Städten sind die Legitimationskarten in die Wohnung zuzustellen; die Zustellung kann dem Gemeindevorsteher übertragen werden.

Auch sind die Wähler in ortsüblicher Weise aufzufordern, ihre Legitimationskarten in jenen Fällen, in denen sie aus welchem Grunde immer längstens 24 Stunden vor dem Wahltage nicht zugestellt worden wären, persönlich zu erheben.

§ 26. Die richtig gestellten Wählerlisten sind in doppelter Ausfertigung für die Wahlhandlung vorzubereiten.

§ 27. Behufs der Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden hat die politische Behörde für jede in ihrem Sprengel gelegene Gemeinde, (mit alleiniger Ausnahme der im § 3 aufgeführten Städte und der im Landtage der Markgrafschaft Mähren vertretenen Enklaven) auf Grund der bei der letzten Volkszählung ermittelten einheimischen Bevölkerung nach Vorschrift des § 14 die Anzahl der von jeder Gemeinde zu wählenden Wahlmänner festzusetzen und dem Gemeindevorstande mit der Weisung bekannt zu geben, Tag und Stunde dieser innerhalb des Gemeindegebietes vorzunehmenden Wahl anzuberaumen, die Wählerliste nach erfolgter Reklamations-Entscheidung richtig zu stellen, zur Leitung der Wahl einen Wahlkommissär zu bestimmen und den Gemeindevorstand von diesen Verfügungen rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

Der Gemeindevorstand hat sofort die Wahlberechtigten unter Bekanntgabe des Tages und der Stunde und des von ihm zu bestimmenden Lokales zur Wahl einzuladen und dieselbe zur festgesetzten Zeit vorzunehmen.

Durch Gesetz vom 25. November 1884 wurde de r§ 27 aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt:
"Behufs der Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden hat die politische Behörde für jede in ihrem Sprengel gelegene Gemeinde (mit alleiniger Ausnahme der im § 3 aufgeführten Städte und der im Landtage der Markgrafschaft Mähren vertretenen Enclaven) auf Grund der bei der letzten Volkszählung ermittelten anwesenden Bevölkerung nach Vorschrift des § 14 die Anzahl der von jeder Gemeinde zu wählenden Wahlmänner festzusetzen und dem Gemeindevorstande bekannt zu geben, Tag und Stunde dieser innerhalb des Gemeindegebietes vorzunehmenden Wahl anzuberaumen, die Wählerlisten nach erfolgter Reklamations-Entscheidung richtig zu stellen, zur Leitung der Wahl einen Wahlkommissär zu bestimmen und den Gemeindevorstand von diesen Verfügungen rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.
Der Gemeindevorstand hat sofort die Wahlberechtigten unter Bekanntgabe des Tages und der Stunde und des von ihm zu bestimmenden Lokales zur Wahl einzuladen und dieselbe zur festgesetzten Zeit vorzunehmen."

§ 28. Der Wahlkommissär hat das Verzeichnis der stimmberechtigten Gemeindeglieder zu prüfen, dessen Richtigkeit, sowie die geschehene Vorladung der Wähler zu bestätigen und das Verzeichnis der Wahlberechtigten nebst der vorbereiteten Abstimmungsliste dem Gemeindevorstande zu übergeben, welcher vereint mit dem Wahlkommissär die Wahlkommission bildet.

§ 29. Die Wahl der Wahlmänner hat zur festgesetzten Zeit und in dem bestimmten Versammlungsorte ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Wähler vor sich zu gehen.

Die Abstimmung ist mündlich.

Bei der Wahl der Wahlmänner sind die für die Wahl der Abgeordneten in den §§ 40, 42, 43 bis 47 folgenden Bestimmungen in sinngemäße Anwendung zu bringen.

Jeder Wähler hat so viele Namen zu nennen, als Wahlmänner zu wählen sind.

Zur Giltigkeit der Wahl der Wahlmänner ist die absolute Stimmenmehrheit erforderlich. Wird diese nicht erzielt, so ist nach den Bestimmungen der §§ 48, 49 und 50 weiter vorzugehen.

Den abgeschlossenen Wahlakt hat der Wahlkommissär zu übernehmen und ihn dem Bezirkshauptmanne zu übergeben.

§ 30. Der Bezirkshauptmann hat die Legalität des Wahlaktes in jeder Gemeinde seines Bezirkes zu konstatiren, und wenn sich die Nothwendigkeit einer Neuwahl ergibt, diese sogleich unter Angabe der Gründe anzuordnen.

Nach ordnungsmäßig vollzogener Wahl sind alle gewählten Wahlmänner in, mit Berücksichtigung der Wahlbezirke doppelt auszufertigende Listen der Wahlmänner einzutragen, und sind ihnen nach Weisung des § 25 eingerichtete Legitimationskarten zur Wahl der Abgeordneten zuzustellen. Die Zustellung der Legitimationskarten kann durch die Gemeindevorsteher eingeleitet werden.

Ist der Wahlort in einem anderen politischen Bezirke gelegen, so sind die Listen der Wahlmänner nebst den Akten über die Wahl derselben an den Bezirkshauptmann des Wahlortes (der Umgebung des Wahlortes) einzusenden, und von ihm auch die zur Ausstellung der Legitimationskarten nöthigen Auskünfte über Ort und Zeit der Wahlhandlung einzuholen.

§ 31. Zum Vollzuge der Wahl der Abgeordneten sind den Wählern, mit Ausnahme der Wähler des ersten Wahlkörpers im großen Grundbesitze, und den Wahlmännern der Landgemeinden mit den Legitimationskarten Stimmzettel zu erfolgen, welche auf die Zahl der zu Wählenden eingerichtet und für die Wahlen des großen Grundbesitzes und der Handels- und Gewerbekammer mit dem Amtssiegel der Landesbehörde, für Wahlen der Gemeinden mit dem Amtssiegel der unmittelbar vorgesetzten landesfürstlichen politischen oder der die Legitimationskarten ausfertigenden Gemeindebehörde (§ 25), ferner jedenfalls mit der Bemerkung versehen sein müssen, daß jeder andere nicht behördlich ausgegebene Stimmzettel als ungiltig behandelt werden wird.

Anstatt verloren gegangener oder unbrauchbar gewordener Stimmzettel sind auf Verlangen der Wahlberechtigten von er zur ersten Ausfertigung berufenen Behörde oder am Tage der Wahl von dem Wahlkommissär andere Stimmzettel auszufolgen.

Der Wahlkommissär erfolgt auch die zur Vornahme der engeren Wahl erforderlichen Stimmzettel.

IV. Von der Vornahme der Wahl der Landtagsabgeordneten.

§ 32. Außer den Fällen des § 10 alinea 1 und des § 53 wird die Leitung der in Gegenwart eines Wahlkommissärs vorzunehmenden Wahlhandlung einer aus den Wählern gebildeten Wahlkommission übertragen, welche aus sieben Mitgliedern zu bestehen hat.

Der Wahlkommissär wird vom Landeschef, für die außerhalb der Landeshauptstadt in der städtischen und in der Wählerklasse der Landgemeinden vorzunehmenden Wahlen aber von jenem Bezirkshauptmanne bestimmt, in dessen Bezirk die Wahl vorzunehmen ist, oder der vom Landeschef mit der Bestimmung des Wahlkommissärs beauftragt wird.

Jeder Wahlkommission wird von dem Wahlkommissär ein Schriftführer beigegeben, welcher über den Verlauf der Wahlhandlung ein Protokoll zu führen und in dasselbe alle wichtigen, bei der Wahlhandlung sich ergebenden Vorkommnisse, insbesondere die von der Wahlkommission gefällten Entscheidungen aufzunehmen hat.

§ 33. Für die von dem zweiten Wahlkörper des großen Grundbesitzes und von den Wahlmännern der Landgemeinden zu vollziehenden Wahlhandlungen werden drei Mitglieder der Wahlkommission von den Wahlberechtigten gewählt.

Nach deren Wahl werden ebenso viel Mitglieder der Wahlkommission vom Wahlkommissär benannt.

Die Wahl der von den Wahlberechtigten zu wählenden Mitglieder hat durch Stimmzettel zu geschehen, welche über Aufforderung des Wahlkommissärs von den beim Beginne dieses Wahlaktes anwesenden und legitimirten Wählern in Ausübung des eigenen sowie des von ihnen in der Wählerklasse des großen Grundbesitzes vertretenen Wahlrechtes abzugeben sind.

Die Prüfung der Wahllegitimation steht bei diesem Wahlakte dem Wahlkommissär zu. Einwendungen oder Proteste sind von demselben nicht zuzulassen.

Diejenigen, welche bei dieser Stimmabgabe die meisten Stimmen erhalten haben, sind als gewählt anzusehen.

Haben mehr Personen, als zur Vollzähligkeit erforderlich ist, die gleiche Anzahl Stimmen erhalten, so entscheidet zwischen ihnen das vom Wahl-Kommissär zu ziehende Loos.

Für die von den Städten zu vollziehenden Wahlhandlungen werden von der Gemeinde-Vertretung des Wahlortes und von dem Wahl-Kommissär je drei Mitglieder der Wahlkommission aus den Wählern bestimmt.

Die in der vorbezeichneten Weise bestimmten sechs Mitglieder wählen mit absoluter Stimmenmehrheit das siebente Mitglied der Wahlkommission.

Kommt eine solche Stimmenmehrheit auch bei einem zweiten Wahlgange nicht zu Stande, so wird dieses Mitglied vom Wahlkommissär benannt.

§ 34. Die Mitglieder der Wahlkommission wählen aus ihrer Mitte mit relativer Stimmenmehrheit den Vorsitzenden.

Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Wahl-Kommissär zu ziehende Loos.

§ 35. Die Beschlüsse der Wahlkommission werden durch Stimmenmehrheit ohne Rücksicht auf die Zahl der Stimmenden gefaßt.

Der Vorsitzende der Wahlkommission stimmt nur bei gleich getheilten Stimmen und gibt in solchen Fällen mit seiner Stimme den Ausschlag.

§ 36. Eine Entscheidung über die Zulassung zur Stimmabgabe oder über die Giltigkeit abgegebener Stimmen steht der Wahlkommission nur dann zu,
a) wenn sich bei der Stimmabgabe über die Identität des Wählers Anstände ergeben;
b) wenn die Giltigkeit oder Ungiltigkeit einzelner abgegebener Stimmen oder Vollmachten oder Widerrufe der Letzteren in Frage kommt;
c) wenn gegen die Wahlberechtigung einer in den Wählerlisten eingetragenen Person bei der Wahlhandlung Einsprache erhoben wird.

Eine solche Einsprache kann nur in so lange, als diejenige Person, deren Wahlberechtigung angefochten wird, ihre Stimme nicht abgegeben hat, und nur insofern erhoben werden, als behauptet wird, daß bei dieser Person seit Feststellung der Wählerliste ein Erfordernis des Wahlrechtes entfallen seien.

Die Entscheidungen der Wahlkommission müssen in jedem Falle vor Fortsetzung des Wahlaktes erfolgen.

Ein Rekurs gegen dieselben ist unzulässig.

§ 37. Der Wahlkommissär hat für die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung bei der Wahlhandlung und für die Beobachtung der Bestimmungen der Wahlordnung Sorge zu tragen. Überschreitungen des Wirkungskreises von Seite der Wahlkommission hat derselbe nicht zuzulassen.

Nach Beginn der zur Vornahme der Wahl bestimmten Stunde hat der Wahlkommissär Ansprachen an die Wähler im Wahllokale nicht zu gestatten.

§ 38. Die den Wählern und beziehungsweise Wahlmännern erfolgten Legitimationskarten berechtigen zum Eintritte in das bestimmte Wahllokale und haben als Aufforderung zu gelten, sich ohne jede weitere Vorladung an dem darauf bezeichneten Tage und zu der festgesetzten Stunde zur Vornahme der Wahl einzufinden.

§ 39. An dem Tage der Wahl, zur festgesetzten Stunde und in dem dazu bestimmten Versammlungsorte wird die Wahlhandlung ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Wähler mit der Konstituirung der Wahlkommission begonnen, welche die Wählerlisten nebst den vorbereiteten Abstimmungsverzeichnissen und Stimmlisten übernimmt.

Ist die zur Konstituirung der Wahlkommission erforderliche Anzahl von Wahlberechtigten nicht erschienen, so werden die Funktionen der Wahlkommission von dem Wahlkommissär ausgeübt.

§ 40. Der Vorsitzende der Wahlkommission hat den versammelten Wählern den Inhalt der §§ 17 und 18 der Wahlordnung über die zur Wählbarkeit erforderlichen Eigenschaften gegenwärtig zu halten, ihnen den Vorgang bei der Abstimmung und Stimmenzählung zu erklären und sie aufzufordern, ihre Stimmen nach freier Überzeugung ohne alle eigennützige Nebenrücksichten derart abzugeben, wie sie es nach ihrem besten Wissen und Gewissen für das allgemeine Wohl am zuträglichsten halten.

§ 41. Die Abstimmung erfolgt mittelst Stimmzetteln.

Bei der Wahl dürfen bei sonstiger Ungiltigkeit der Wahlstimme nur behördlich erfolgte Stimmzettel in Anwendung kommen.

Auf jedem Stimmzettel sind so viele Namen zu verzeichnen, als von dem Wahlkörper Abgeordnete zu wählen sind.

§ 42. Unmittelbar vor Beginn der Abstimmung hat sich die Wahlkommission zu überzeugen, daß die zum Hineinlegen der Stimmzettel bestimmte Wahlurne leer ist.

Die Abstimmung beginnt damit, daß die Mitglieder der Wahlkommission ihre Stimmzettel abgeben. Hierauf erfolgt die Abgabe der Stimmzettel von Seite der übrigen Wähler, zu welchem Ende dieselben durch ein Mitglied der Wahlkommission in der Reihenfolge, wie ihre Namen in der Wählerliste verzeichnet sind, aufgerufen werden.

Wahlberechtigte, die nach geschehenem Aufrufe ihres Namens in die Wahlversammlung kommen, haben erst, wenn die ganze Wählerliste durchgelesen ist, ihre Stimmen abzugeben und sich deshalb bei der Wahlkommission zu melden.

Der Vorsitzende der Wahlkommission übernimmt vom jedem Wähler den von Letzterem zusammengefalteten Stimmzettel, legt jeden einzeln in die Wahlurne und wacht darüber, daß nicht statt Eines mehrere Stimmzettel abgegeben werden.

Jeder Wähler hat bei Abgabe des Stimmzettels seine Legitimationskarte vorzuzeigen.

§ 43. Die Abgabe des Stimmzettels ist in der Wählerliste neben dem Namen des Wählers in der dafür vorbereiteten Colonne ersichtlich zu machen.

Diese Eintragung besorgt der Schriftführer in der Wählerliste und ein Mitglied der Wahlkommission in dem Abstimmungsverzeichnisse, in welchem die Personen, die ihren Stimmzettel abgeben und bei Wahlen im Vollmachtswege diejenigen Personen, in deren Vertretung die Stimmzettel abgegeben werden, nebst deren Vertretern namentlich anzuführen sind.

Das Abstimmungsverzeichnis bildet die Kontrolle der Eintragung der Stimmzettelabgabe in die Wählerliste.

§ 44. Die Abgabe der Stimmen ist zur bestimmten Stunde zu schließen.

Es dürfen jedoch Wähler, welche noch vor Ablauf der bestimmten Schlußstunde im Wahllokale erscheinen und daselbst beim Schluße der Abstimmung anwesend sind, von der Stimmgebung nicht ausgeschlossen werden.

Treten Umstände ein, welche den Anfang, Fortgang oder die Beendigung der Wahl verhindern, so kann die Wahlhandlung von der Wahlkommission mit Zustimmung des Wahlkommissärs auf den nächstfolgenden Tag verschoben oder verlängert werden.

Die Bekanntmachung darüber hat für die Wähler auf die ortsübliche Weise zu geschehen.

Hatte die Abgabe der Stimmen bereits begonnen gehabt, so sind die Wahlakten und die Wahlurne mit den darin enthaltenen Stimmzetteln von der Wahlkommission und dem Wahlkommissär bis zur Fortsetzung der Wahlhandlung unter Siegel zu legen.

§ 45. Nach Abschluß der Stimmgebung, welche von dem Vorsitzenden der Wahlkommission auszusprechen ist, und noch vor der Skrutinirung werden von demselben die Stimmzettel in der Wahlurne untereinander gemengt, sodann herausgenommen und gezählt.

Bei der hierauf folgenden Skrutinirung entfaltet ein Mitglied der Wahlkommission jeden Stimmzettel und übergibt ihn nach genommener Einsicht dem Vorsitzenden, welcher denselben laut abliest und zur Einsichtnahme an die anderen Kommissionsmitglieder reicht.

Hierbei ist von zwei Mitgliedern der Wahlkommission über die Personen, welche Stimmen erhalten haben, je eine Stimmliste zu führen, welche beide Stimmlisten übereinstimmen müssen und von sämmtlichen Mitgliedern der Kommission und dem Wahlkommissär zu unterfertigen sind. In dieser Stimmliste ist neben dem Namen eines Jeden, welcher als Abgeordneter eine Stimme erhält, die Zahl 1, bei der zweiten auf ihn entfallenden Stimme die Zahl 2, bei der dritten die Zahl 3 u. s. f. beizusetzen.

§ 46. Enthält ein Stimmzettel mehr Namen, als Abgeordnete zu wählen sind, so sind die über diese Zahl auf dem Stimmzettel zuletzt angesetzten Namen unberücksichtigt zu lassen. Sind weniger Namen auf dem Stimmzettel angeführt, so verliert er deshalb seine Giltigkeit nicht.

Ist der Name einer und derselben Person auf einem Stimmzettel mehrmals verzeichnet, so wird er bei der Zählung der Stimmen nur einmal gezählt.

Stimmen, welche auf eine in Gemäßheit des § 18 von der Wählbarkeit ausgeschlossene Person fallen, Stimmen, welche an Bedingungen geknüpft oder denen Aufträge an den zu Wählenden beigefügt sind, endlich Stimmen, welche die damit bezeichnete Person nicht deutlich entnehmen lassen, sind ungiltig und werden den abgegebenen Stimmen nicht beigefügt.

§ 47. Das Resultat der Stimmzählung ist von dem Vorsitzenden der Wahlkommission sogleich bekannt zu geben und falls die Abgeordnetenwahl durch die vorgenommene Wahlhandlung nicht vollendet ist, beizufügen, daß das Gesammtergebnis aller  zusammengehörigen Abstimmungen am Hauptwahlorte ermittelt werden wird.

§ 48. Als gewählter Abgeordneter ist derjenige anzusehen, welcher mehr als die Hälfte aller abgegebenen giltigen Stimmen für sichhat.

Wenn mehr Personen, als zu wählen sind, die absolute Stimmenmehrheit für sich haben, so entscheidet die überwiegende Stimmenzahl oder bei gleicher Stimmenzahl das von dem Vorsitzenden der Wahlkommission zu ziehende Loos darüber, wer von ihnen als gewählt anzusehen sei.

Wurde die absolute Stimmenmehrheit nicht erlangt, so wird rücksichtlich der noch zu wählenden Abgeordneten zur engeren Wahl geschritten.

§ 49. Bei der engeren Wahl haben sich die Wähler auf jene Personen zu beschränken, welche bei der meisten Skrutinirung nach denjenigen, welche die absolute Mehrheit erlangten die relativ meisten Stimmen für sich hatten.

Die Zahl der in die engere Wahl zu bringenden Personen ist immer die doppelte von der Zahl der noch zu wählenden Abgeordneten.

Bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos, wer in die engere Wahl zu bringen sei.

Jede Stimme, welche bei der engeren Wahl auf eine nicht in diese Wahl gebrachte Person fällt, ist als ungiltig zu betrachten.

Sind bei der engeren Wahl alle abgegebenen giltigen Stimmen zwischen sämmtlichen in die Wahl gebrachten Personen gleich getheilt, so daß jede von ihnen die Hälfte aller Stimmen für sich hat, so entscheidet das von dem Vorsitzenden der Wahlkommission zu ziehende Loos, wer von ihnen als gewählt anzusehen sei.

Insoweit außer diesem Falle die absolute Stimmenmehrheit nicht erzielt wird, ist die engere Wahl fortzusetzen, bis hinsichtlich aller zu wählenden Abgeordneten die absolute Stimmenmehrheit oder die obgedachte gleiche Theilung zwischen allen in die engere Wahl gebrachten Personen erreicht ist, in welch letzterem Falle schließlich das Loos entscheidet.

Wahlberechtigte, welche bei einem früheren Wahlgange ihr Stimmrecht nicht ausgeübt haben, sind deßhalb bei dem folgenden Wahlgange von der Ausübung dieses Rechtes nicht ausgeschlossen.

§ 50. Nach vollendeter Wahlhandlung wird das darüber geführte Protokoll geschlossen, sammt dem Abstimmungsverzeichnisse von den Mitgliedern der Wahlkommission, dem Wahlkommissär und Schriftführer unterschrieben, gemeinschaftlich unter Anschluß der Wählerliste, des Abstimmungsverzeichnisses und der unterfertigten Stimmlisten, der giltigen, wie auch der für ungiltig erklärten Stimmzettel unter Beilegung der etwaigen Vollmachten und Widerrufsurkungen und bei Wahlen der Landgemeinden unter Anschluß der Wahlakten der Wahlmänner versiegelt, mit einer den Inhalt bezeichnenden Aufschrift versehen und dem Wahlkommissär übergeben.

Der Wahlkommissär hat den Wahlakt, falls die Abgeordnetenwahl durch die Wahlhandlung vollendet ist, an den Landeschef, falls aber die Stimmabgabe für eine und dieselbe Abgeordnetenwahl in mehr als einer Wahlversammlung stattfindet, an jenen politischen Beamten einzusenden, welchem die Ermittlung des Gesammtergebnisses aller zusammengehörigen Abstimmungen obliegt (§ 51).

Werden die Wahlakten nicht von allen Mitgliedern der Wahlkommission unterfertigt, so ist der Grund hievon im Wahlprotokolle anzuführen.

§ 51. In jenen Fällen, in welchen die Stimmgebung für eine und dieselbe Abgeordnetenwahl in mehr als einer Wahlversammlung stattfindet, ist im Hauptwahlorte von dem hiezu berufenen Beamten aus den eingelangten Wahlakten (§ 50) das Ergebnis aller zusammengehörigen Abstimmungen zu ermitteln und schriftlich darzustellen.

Diese Amtshandlung obliegt am Sitze der politischen Landesbehörde dem vom Landeschef damit beauftragten Beamten, an anderen Hauptwahlorten aber dem Bezirkshauptmanne, in dessen Bezirk dieser Ort liegt oder der vom Landeschef hiezu angewiesen worden ist.

Wer als gewählt anzusehen ist, bestimmen die §§ 48 und 49. Kommt es dabei auf die Entscheidung durch das Loos an, so hat der zu obiger Amtshandlung berufene Beamte zwei an der Wahl betheiligte Wähler hiezu einzuladen, in ihrer Gegenwart das Loos zu ziehen und darüber ein von den beiden beigezogenen Wählern mitzufertigendes Protokoll aufzunehmen.

Dieser Beamte hat erforderlichen Falls (§ 48) die engere Wahl in allen betreffenden Wahlorten und Wahlversammlungen einzuleiten und nach Durchführung derselben zur Ermittlung ihres Gesammtergebnisses in gleicher Weise vorzugehen.

Nach Feststellung des schließlichen Gesammtergebnisses ist der darüber aufgenommene Schlußakt sammt allen von den Wahlkommissionen eingelangten Akten an den Landeschef zu leiten. Dies gilt auch, falls die engere Wahl angeordnet werden mußte, von den diese Verfügung begründenden Akten.

§ 52. Wer auf Grund der von den Mitgliedern des ersten Wahlkörpers des großen Grundbesitzes gemäß § 10 einzusendenden Stimmzettel als gewählt zu betrachten ist, ist vom Landeschef oder seinem Stellvertreter nach den Bestimmungen der §§ 48 und 49 zu konstatiren. Erforderlichen Falles sind von ihm die Wähler zur engeren Wahl aufzufordern. Das Loos ist, wenn es darauf ankommt, durch einen vom Landeschef hiezu bestellten Kommissär zu ziehen.

§ 53. Die Handels- und Gewerbekammer vollzieht die Wahl in Gegenwart des vom Landeschef bestimmten Wahlkommissärs in einer Versammlung ihrer wahlberechtigten Glieder mittelst Stimmzettel nach den über ihre Geschäftsführung bestehenden Vorschriften und nach den Bestimmungen dieser Wahlordnung ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder.

Das Protokoll über die Wahlhandlung ist von dem Sekretär der Kammer zu führen und sammt den Stimmzetteln und sonstigen auf die Wahl bezüglichen Schriftstücken dem Wahlkommissär zu übergeben, welcher damit nach § 50 vorzugehen hat.

§ 54. Der Landeschef hat nach Einsicht in die nach § 50, 51 und 53 an ihn gelangten Wahlakten, sowie auch auf Grund der in Gemäßheit des § 1 alinea 1 vollzogenen Wahl jedem gewählten Abgeordneten, gegen den nicht einer der im § 18 festgesetzten Ausschließungsgründe von der Wählbarkeit vorliegt, ein Wahlcertifikat auszufertigen und zustellen zu lassen, welches Certifikat den gewählten Abgeordneten zum Eintritte in den Landtag berechtigt.

 Wenn wegen eines Ausschließungsgrundes die Ausfertigung des Wahlcertifikates verweigert wird, so kann eine Neuwahl  nur dann angeordnet werden, wenn der Landtag die Wahl als ungiltig erklärt.

Sämmtliche Wahlacten hat der Landeschef an den Landesausschuß zu leiten, welcher dieselben zu prüfen und darüber an den Landtag zu berichten hat, dem die Entscheidung über die Zulassung der Gewählten zusteht. (§ 31 der Landes-Ordnung.)

§ 55. In so lange der Landtag die Wahl eines mit dem Wahlcertifikate versehenen Abgeordneten nicht für ungiltig erklärt, hat derselbe Sitz und Stimme im Landtage. Wird die Wahl eines Abgeordneten, dem die Ausfertigung des Wahlcertifikates verweigert wurde für giltig erklärt, so ist derselbe durch den Landeshauptmann zum Eintritte in den Landtag aufzufordern.

§ 56. Wenn Doppelwahlen vorkommen, so hat der Gewählte längstens 8 Tae nach der Verifizirung seiner Wahl im Landtage zu erklären, welche Wahl er annimmt. Bezüglich des Wahlbezirkes, für welchen er die Wahl nicht annimmt, ist eine Neuwahl auszuschreiben.

§ 57. Wenn außer dem Falle allgemeiner Neuwahlen binnen 90 Tagen nach der Wahl eines Abgeordneten die Nothwendigkeit einer Neuwahl an seine Stelle eintritt, so ist sie auf Grund der bei der letztvorangegangenen Wahl benützten Wähler- (Wahlmänner-) Listen vorzunehmen, in so weit nicht die Wahl des Abgeordneten eben wegen Unrichtigkeit dieser Listen für ungiltig erklärt worden ist.

V. Schlußbestimmung.

§ 54. Änderungen dieser Wahlordnung können nur in Anwesenheit von drei Viertheilen aller Landtagsmitglieder und mit Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden giltig beschlossen werden.

    Mit dem Vollzuge dieses Gesetzes wird Mein Minister des Innern beauftragt.

    Gödöllö, am 22. November 1875

Franz Joseph

Lasser

Eine Revision der vorstehenden Landtagswahlordnung wurde des öfteren versucht:
- 1897 (Direktwahl der Abgeordneten der Landgemeinden); ist teilweise als zustande gekommenes Gesetz vermerkt, doch ist im Gesetz- und Verordnungsblatt für Schlesien kein solches Gesetz kundgemacht worden.
- 1897 (Vermehrung der Abgeordneten der Landgemeinden); keine erforderliche Mehrheit im Landtag
- 1905 (Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts); Ablehnung durch den Landtag
- 1905 (Einführung einer IV. Kurie, allgemeine Wählerklasse, die nach allgemeinem Wahlrecht bestimmt wären); Beschluß des Landtages, der vom Kaiser nicht sanktioniert wurde;
- 1908 (Verstärkung der Abgeordneten der Landgemeinden und der Städte sowie Einführung der allgemeinen Wählerklasse); Beschluß des Landtages, der vom Kaiser nicht sanktioniert wurde.
 


Quellen: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Kronland Herzogthum Ober- und Nieder-Schlesien Jahrgang 1875 Nr. 33 (deutsch, polnisch, böhmisch)
© 18. August 2012 - 20. August 2012
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